01.06.2019: KNOCKED LOOSE, CRUEL HAND, KUBLAI KHAN, CAGED EXISTENCE - Köln - Club Volta

03.06.2019
 

 

KNOCKED LOOSE haben 2018 eine US-Tour geheadlinet. TERROR waren ihr Support. Damals dachte ich mir noch „WTF?“ beim Betrachten des Tourflyers. In Europa undenkbar. Ob das heute immer noch so wäre? Der ausverkaufte Kölner Club Volta lässt mich heute fast schon ein wenig zweifeln.

Ganze vier internationale Hardcore-Kapellen sind heute auf dem Lineup. Den Anfang machen CAGED EXISTENCE aus Australien, offensichtlich handverlesen von KNOCKED LOOSE. Dass der 90er-Retro-Metalcore-Sound auch in Down Under angekommen ist, dafür sind CAGED EXISTENCE der Beweis. Die Band hält, was das DISEMBODIED-Shirt eines der Mitglieder verspricht: Dampfwalzen-Sound mit einer kleinen Prise Dissonanz. Frontfrau Steffanie garniert das Ganze mit ihren rauen, angepissten Vocals und erinnert mich dabei vor allem an die frühe Larissa von WOLFxDOWN – was allerdings auch heißt, dass sich die Shouts trotz aller Brachialität auch etwas ungeübt anhören und man sich fragt, wie das die Stimmbänder über lange Frist mitmachen sollen. Beim Publikum kommen CAGED EXISTENCE jedenfalls gut an, auch wenn der Club Volta um halb Acht noch eher spärlich gefüllt ist und viele der Konzertbesucher bei gutem Wetter noch vor der Location stehen. Neben vielen neugierigen Blicken gibt es auch den ein oder anderen Mosher, der sich im Pit warmläuft.

KUBLAI KHAN machen weiter und sind im Gegensatz zu CAGED EXISTENCE ein schon bekannterer Name – wenn ich den auch eher im Metalcore verortet hätte. So betitelt sich die Kapelle selbst auch auf ihrer Facebook-Seite. Ich stelle fest, dass auch KUBLAI KHAN sehr gut in das heutige Lineup passen und mit Bands wie AS I LAY DYING eher wenig zu tun haben und besser in die Ecke HATEBREED oder EARTH CRISIS passen. Es reiht sich Breakdown an Two-Step-Part, das Grundschema eines guten Hardcore-Songs haben die Texaner definitiv drauf. Man sieht, dass die Leute hier deutlich textsicherer Sinn als noch beim Opener und auch der Moshpit langsam weiter aufwacht. Frontmann Matt Honeycutt sammelt Sympathiepunkte mit seinen Ansagen. Obwohl das Leben heutzutage schwer ist und schnell überfordert, sollte man proaktiv bleiben und einander helfen, freundlich zueinander sein. Mir stechen KUBLAI KHAN soundtechnisch zu wenig aus der Maße heraus, als dass ich mir sie daheim anhören würde. Live bieten sie aber eine grundsolide Show – da merkt man die drei Studioalben, die die Band bereits unter dem Gürtel hat.

Auch der Co-Headliner ist heute kein Unbekannter. CRUEL HAND aus Maine fallen in den letzten Jahren vor allem dadurch auf, dass sie sich in allerart gemischten Lineups wiederfinden. In den Staaten hat die Band um Chris Linkovich schon einige Male Pop-Punk-Bands supportet, während man hierzulande zuletzt mit NO TURNING BACK und BRUTALITY WILL PREVAIL und davor gar mit NASTY und DESOLATED auf Tour war. Durchaus von Vorteil, wenn man sich so variabel im Sound zeigt wie CRUEL HAND dies auf ihren letzten beiden Releases „Your World Won’t Listen“ und „The Negatives“ getan haben. Der Nachteil lässt sich heute jedoch auch beobachten: Der Zenit von CRUEL HAND ist leider längst überschritten. Die Hoffnung, dass sich das Blatt hier nochmal wendet, geht gegen Null. Mir kommt es fast vor, als wäre auf ihren Shows mit HAVE HEART und CARPATHIAN im Jahr 2008 noch am meisten losgewesen. Doch auch mit BANE und ROTTING OUT im Jahr 2012 sah es live noch deutlich besser bestellt um CRUEL HAND aus. Zwar scheint dem heute sehr jungen Publikum die Performance gut zu gefallen, jedoch werden die durchaus mitsingbaren Songs nur sehr sporadisch mal mitgesungen und auch im Moshpit sind wir noch weit von dem entfernt, was gleich wahrscheinlich bei KNOCKED LOOSE abgehen wird. Highlights sind wohl mit „Hounds“, „Dead Weight“, „Life in Shambles“ und „Begin Descension“ die Hits der „Prying Eyes“-Zeiten, aber auch neue Songs wie „Decompose“ zünden live ganz gut, jedoch nicht so gut wie sie es sollten. Schade für CRUEL HAND, aber eventuell auch der Tatsache geschuldet, dass die Band durch die Tätigkeit von Frontmann Linkovich als Bassist bei TERROR nicht sehr oft zum Touren kommt bzw. der Hauptfokus sich offensichtlich verschoben hat.

Bei KNOCKED LOOSE wird dann im Anschluss tatsächlich die Hölle losgetreten. Vor der Bühne stehen die Leute viel gepackter, sodass Stagedives nun endlich auch funktionieren. Auch die Headwalker-Fraktion kommt voll auf ihre Kosten. Dass Sänger Bryan Garris mit kurzen Haaren inzwischen noch jünger aussieht als ohnehin schon (also gerademal volljährig), ist angesichts des krassen Kontrastes zum unnachgiebig harten Sound seiner Band sogar sympathisch. Sein hohes Gekeife geht live nochmal tiefer unter die Haut als auf Platte. Nur passend, dass KNOCKED LOOSE auf ihrer neuen EP ein Cover von THE WARRIORS eingespielt haben – Bryan macht Marshall alle Ehre. Das Set wird klar dominiert von Songs der „Laugh Tracks“-LP. Allen voran „Deadringer“, „Counting Worms“ und „Oblivions Peak“ bringen den Club Volta an den Rande des Auseinanderberstens. Doch auch der neue Song „Mistakes Like Fractures“ (bisher mein Favorit im Repertoire von KNOCKED LOOSE) und das neu aufgenommene „All My Friends“ werden aus voller Kehle mitgesungen und mit aller Kraft bemosht. Das Set bleibt durchweg druckvoll und gibt dem Moshpit kaum Zeit zum Verschnaufen. Bei dieser Live-Show lässt sich zweifelsfrei beanstanden: Der Hype ist nachvollziehbar. KNOCKED LOOSE sind eine der Bands der Stunde. Daher ist die Wartezeit zum im August erscheinenden neuen Album „A Different Shade of Blue“ mit knappen drei Monaten sicherlich für einige Fans schmerzlich lang. Ich bin sehr gespannt, was die Platte bringt. Live-Prädikat: Brett.