Bloß keine Hektik. Auch als Kollektiv sind JUNIP so etwas wie der Gegenentwurf zu Gleichzeitigkeit, Bombast und dem ganz großen Popversprechen. Manch einer könnte hier ein gegähntes „Langweilig!!!“ in die Runde werfen. Verpassen würde er ein feingliedriges, unaufgeregtes Stück Kammerpop feat. Wattemeister José González. Auf in die leicht angekratzte Entspannung.
Das postmoderne Bienenstockbetriebsamkeitsleben benötigt ab und an Anker der Entspannung. Inseln der fließenden, entspannten Linearität. In der Ruhe liegt die Kraft, liegt die Kraft, pulsiert das Gegenteil von hektisch. JUNIP sind der Soundtrack dazu. Und schöpfen ihren Wohlklang nicht zuletzt aus diesem watteweichen, stets irgendwie über den Dingen schwebenden Organ von José González. Ihr wisst schon, fliegende bunte Bälle, ein Fernseher, harmoniebetrunkenes Gitarrengezupfe und dann DIESE Stimme. Ist schon ein paar Jahre her. José González, der fußklopfende Rhythmusmeister, seitdem der Crowdpleaser sämtlicher Indie-Kids und Verwaltungsangestelten. Viel Zeit für JUNIP, seine Drei-Mann-Band vor dem Durchbruch, blieb da selbstredend nicht. Nun hat es ja doch noch geklappt mit dem Album.
Wie also schicken JUNIP sich an auf ihrem Debüt (na endlich…), um nicht bloß als José González and the Junips um die Ecke zu grinsen. Nun, die Antwort ist eigentlich recht einfach: sie werten ihren Sänger und Gitarristen ein Stück weit auf, ohne freilich zu viel auf einmal zu wollen. Denn das wäre tödlich gewesen. Beinahe gespenstisch entfalten sich hier Töne, Zwischentöne und Schnipsel aus dem Hintergrund, um mit des Meisters Stimme eine Einheit zu bilden. Viel braucht es dazu nicht: Orgel, Moog, reduziertes Picking, ab und zu einen verhaltenen Beat. Ein vorsichtig geschrubbtes, subkutan bedrohlich schwelendes 'In Every Direction' vereint all die genannten Eckdaten in einem Song, der streng genommen natürlich auch ein leicht erweiterter Song des bekanntesten Bandmitglieds sein könnte. Geschenkt. Schalten JUNIP dann doch einmal einen beinahe aufdringlichen Beat dazwischen, der den Kopf nicken und das Herz hüpfen lässt ('Sweet & Bitter'), wird dieser dreiste Stoizismus umgehend ausgebremst durch eine Markus Acher-Gedächtnisgesangslinie in 'Don’t Let It Pass' samt umgarnenden bis einlullenden Moog-Sounds. Der Mensch, die Natur, die Stadt, alle im Reinen mit sich. Der Harmoniegott ist ein Meister aus Schweden. Alte AIR im González-Remix. 'Off Point' wird im Kontext von "Fields" beinahe in Lichtgeschwindigkeit vorgetragen, würde bei anderen Bands allenfalls als Up-Tempo-Ballade durchgehen. Die Gesangsharmonien, sie sitzen auch hier. Und sonst so? 'Howl' bleibt verzeihbar in seiner Minimal-Blues-Vortragsweise, 'It’s Alright' schwächelt ebenfalls ein wenig. Sämtliche Karten, also zurückhaltende Atmosphäre, reinster Wohlklang und diffuse Sehnsucht spielt jedoch zum Schluss 'Faded The Grain' aus. Ein verführerischer Basslauf, Glockenspiel und ein traumwandlerischer Beat, der Kontemplation zum Normalzustand erklärt. Spätestens an dieser Stelle hat man sich auf einen Schlag erholt von nie enden wollenden Kaufhausschlangen, noch zu erledigenden Krankenkassentelefonaten und TV-Interviews mit Eva Herrmann. Wer meckert hier von wegen Langeweile? Kerl, meinen Stress und meine schwarzen Gedanken kannst du gerne haben. 7,5.
Tracklist:
01: In Every Direction
02: Always
03: Rope & Summit
04: Without You
05: It’s Alright
06: Howl
07: Sweet & Bitter
08: Don’t Let It Pass
09: Off Point
10: To The Grain
11: Tide