Folk boomt. Wenngleich auch hippe Tattoos und Smartphone-Poesie einen Teil der urspruenglichen Werte entfuehren - im Kern verbleiben die Geschichten ueber wahre Freundschaften, Traeume und das Leben mit allen Hoehen und Tiefen im Mittelpunkt. Nicht bloss Facebook-Kumpels mit FRANK TURNER und BEN NICHOLS hingegen ist JOHN ALLEN, der sich mit "Sophomore" keinen vertrockneten Zacken aus der Krone brechen laesst.
Na gut, weder das Artwork noch der Opener "New Years Day" koennen die (teils brutale) Naehe zu TURNER erfolgreich leugnen, immerhin aber wird im Hause des Hamburgers sofort reiner Tisch gemacht. Von der Fidel bis zum garagigen Hintergrund-Schlagzeug hat JOHN ALLEN auf seinem zweiten Album alles dabei, was seinen Stories zwischen hoffnungsvollem Schmacht, ernstgemeinsten Gefuehlen und dem blanken Hass auf den Silvesterabend gut tut. Musikalisch macht das gleich ganze zehn Male Spass: Bei "Night Falls Over Reno" sorgen Melancholie und ein Akkordeon zwischen LUCERO und der letzten, muffigen Besucherleiche an der Bar fuer warmen Sound, in "Blood Brothers" beschwoert ALLEN ueber leise klimperndem Piano fast schon gaensehautgenau seine Gefuehle fuer die wichtigsten Menschen im Leben.
Von CHUCK RAGAN-Umarmung bis zur Empoerung ala TIM BARRY schaelt der schmale Brillentraeger dabei jegliche Charakteristik aus der Hinterhand, ohne bloss "peinlich" oder Meilen weit einfernt vom eigentlichen Ziel zu verwahrlosen. "It's Raining Every Day" verweilt als einer der raren Momente von "Sophomore" vielleicht eher auf Sparflamme, denn am direktesten klingt JOHN ALLEN wenn Worte und Emotionen ohne Umwege aus ihm heraussprudeln, wie etwa im Zweifel loeschenden "Lessons I Have Learned". Boese Zungen werfen hier womoeglich einen gewissen jungen Herrn Fallon vor den Bus, bei dem nicht nur die oft praesente blanke Westerngitarre sondern auch die geteerte Stimme Teil der Wohnzimmereinrichtung sind. Schwamm drueber - denn bei allen Zuegen, die sich der Nachfolger zu "Sounds Of Soul And Sin" traut, behaelt JOHN ALLEN klar die Oberhand. Sei es die Instrumentierung, die nie mit Verstopfung nervt, aber auch selten ueberromantische Leere durchscheinen laesst. Oder der unglaubwuerdige bis arrogante lyrische Ansatz, der auf "Sophomore" einfach waehrend der gesamten Spieldauer fehlt. Selbst wenn jeder irgendwo tief im Inneren seinen "Rock'n'Roll Romeo" finden kann, prustet ihn keiner so schoen heraus wie John. Unser aller neuer Kumpel. Ausnahmsweise mal from Hamburg, Germany.
Trackliste:
01 – New Years Eve
02 – Home
03 – Night Falls Over Reno
04 – Springtime
05 – Blood Brothers
06 – Rock’n’Roll Romeos
07 – It’s Raining Every Day
08 – Freedom
09 – Lessons I Have Learned
10 – Famous Last Words