Plattenkritik

Captain Planet - Inselwissen

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Release Date: 23.10.2009
Datum Review: 17.10.2009

Captain Planet - Inselwissen

 

 

Verzweifeln! Verzweiflung! Das konnten Captain Planet schon immer gut und noch besser darüber singen. Furchtbar. Und Inselwissen kommt noch viel verzweifelter daher, als der Vorgänger. Eine Stimme, die sich fast überschlägt beim Anblick von all den seltsamen Ungerechtigkeiten des Lebens. Irgendetwas erscheint Captain Planet verkehrt und jeden Tag wird es schlimmer. Sie sind sauer aber nicht böse, verzweifelt aber nicht resigniert. Ist das noch normal? Ist man selbst noch normal? Gibt es ein richtiges Leben im falschen? Ist das hier das richtige falsche Leben? Bei Captain Planet ist man sich da nicht ganz so sicher. All die Dinge, die sie auf der Negativliste stehen haben, nennen und besingen. Lücken klaffen im Alltag, graue Wolken, Regen, platte Fahrradreifen. Tage, die so grauenvoll alltäglich und bis an den Rand gefüllt sind mit Kälte, Pech, Verlust und Versagensangst. Immer wieder den Moment zeigen, in dem man bereit ist, alles gegen die Wand zu fahren, nur damit es aufhört. Immer schnell, immer Tempo, Tempo, Tempo. Das Leben lässt dir keine Zeit, anzuhalten, um die Probleme in Ruhe betrachten zu können und vielleicht eine Lösung zu finden. Und vor allem immer Du, Du, Du. Captain Planet singen die Lieder für Dich. Über Dein Leben! Erschreckend bisweilen. Nicht Captain Planet sind verzweifelt. Du bist es und wenn dir das bisher nicht bewusst war, dann weißt du es nach dem Hören der Platte. Emopunk at its best!

ABER: So schlimm ist das alles gar nicht. Captain Planet klären auf. Und dann kommt der Aufruf zur Vernunft. Vernunft üben im verkehrten Leben. Von Resignation hört man dann ja doch nichts und so tiefgreifend pathetisch sind Captain Planet auch nicht. Denn da ist noch etwas, was sie mit auf den Weg geben. Die Positivliste. Captain Planet öffnen den Blick auf die kleinen, liebenswerten Dinge im Alltag, die man bei all der Hatz gerne übersieht. Auch Schönheit kann verzweifeln lassen, aber sie ist nützlich. Heimat ist vielleicht auch nicht perfekt, aber wenigstens sicher. Vielleicht erfinden sich Captain Planet auf dieser Platte deshalb nicht neu. Etwas sollte ja schließlich Bestand haben.

Man muss eben selbst die Tür aufstoßen und einfach mal so aufstehen ohne die Frage, ob die Welt sich noch dreht. Captain Planet zeigen den Fluchtweg und füllen auch noch das Benzin in den Tank des Fluchtautos. Es wird der Aufruf laut, wach zu bleiben, den Sinn für die Feinheiten nicht zu verlieren. Denn das darf nicht sein. Du lebst dein Leben ja auch nicht wie Rambo. Und auch wenn Mauern stehen bleiben, ist das nicht weiter schlimm. Manche sind nur aus Nebel und werden sich auflösen, sobald die Sonne ihre ersten Strahlenfinger gen Erde streckt.

Du und Captain Planet, ihr steht auf dem schmalen Grat zwischen Hoffen und Aufgeben, aber mutig reinspringen, auch wenn es riskant ist, das könnt ihr. Euch auf den Weg machen, auch wenn das Ziel unbekannt ist, die Sorgen liegen lassen, etwas wagen. Es muss ja nicht immer alles besser werden, es reicht vielleicht erst einmal ein anders. Doch bewegen muss man sich und vielleicht sich selbst ändern. Vernunft eben.


Tracklist:

1.Walbaby
2.Hans Dampf
3.Vom Fass in den Regen
4.Blattsport
5.Blick durch den Lattenrost
6.Rambo
7.Knapp unterm Dach
8.Der Rückbau
9.Miniatur Wurzelwerke
10.Stühle rücken
11.Parkhaus

Autor

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Jule

Autoren Bio

wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de