Plattenkritik

Between The Buried And Me - The Great Misdirect

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Release Date: 30.10.2009
Datum Review: 26.10.2009

Between The Buried And Me - The Great Misdirect

 

 

BETWEEN THE BURIED AND ME sind zurück und haben mit „The Great Misdirect“ endlich neues Material im Koffer, welches die Leute wieder zum Puzzlen, Nachdenken und Philosophieren anregen wird. Über die Jahre hin hat man sich den Ruf einer technisch sehr hochbegabten Band erspielt, die nicht davor zurückschreckt, die Leute immer wieder zu überraschen. Kannte und kennt man die Band als brachiales Monster, so konnten sie spätestens mit ihrem Coveralbum „An Anatomy Of“, auf dem sie jegliche Rock und Metal-Legende ehrten, für vollends verdutzte Gesichter sorgen.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2009 und die Veröffentlichung des Meisterwerks „Colors“ liegt nun auch schon zwei Jahre zurück. Zeit also neu durchzustarten und den Hörern mal wieder die volle Dosis zu verabreichen. Sechs Songs haben sie im Gepäck und „Mirrors“ wird gleich zum Anfang ins Rennen geschickt. Eine angenehme Melodie, sehr tarantinoesk, lässt einen aufhorchen. Aus dem Hintergrund schallt es: „Thank you for reviewing this album. You´re listening to Between The Buried And Me – The Great Misdirect“. Als unbewusste Antwort erhält diese komisch wirkende Textzeile ein simples: „Gerne geschehen“. Komisch hörte sich diese Stimme schon an. So verzerrt und dunkel, gar nicht so, wie man das gewohnt ist. „Mirrors“ entwickelt ein sehr jazziges Potential und nun kommt auch endlich die bekannte Stimme ins Spiel. Sofort ist man dabei, mittendrin und fühlt sich wieder von BETWEEN THE BURIED AND ME gefangen.

Der sehr ruhige Einstieg wird alsbald durch das brachial und chaotisch wirkende „Obfuscation“ abgelöst und dann sind sie in ihrer vollen Wucht präsent. BTBAM spielen ihre technischen Fähigkeiten gleich von Anfang an aus und überfahren den noch von den erst ruhigen Klängen verwöhnten Hörer. Sie wechseln das Tempo, spielen auf einmal entgegen der bislang vorhandenen Rhythmik und faden sogar aus, um wieder die Textzeile „Thank you for reviewing this album. You´re listening to Between The Buried And Me – The Great Misdirect“ zu wiederholen. Komisch, scheint irgendein neues Konzept der Band zu sein. Passt nicht ganz ins Bild, aber die Herren sind ja immer für eine Überraschung gut. Das beachtliche an BETWEEN THE BURIED AND ME ist der immer wieder spielend wirkende Wechsel der Genres. Befindet man sich gerade noch im tiefsten Tat des Metals, verwundert einen in der nächsten Sekunde ein eingestreuter bluesiger Part, der über kurz oder lang natürlich wieder im technischem Gewitter umkommen wird. Alleine innerhalb des zweiten Songs erfindet sich die Band in etwa fünf Mal neu und das soll sich auch auf dem Rest des Albums nicht ändern.

Zwischen all der Inkonsequenz und Unbeständigkeit im Soundgerüst, macht sich aber eine Sache immer wieder bemerkbar und erweist sich sogar als sehr beständig: „Thank you for reviewing this album. You´re listening to Between The Buried And Me – The Great Misdirect“. In den unpassendsten Stellen wird immer wieder dieser Text wiederholt und fällt mit der Zeit ganz schön auf die Nerven. „Ich hab doch schon gesagt, dass es gerne geschieht. Reicht das nicht?“ Die Stimme will mich nicht erhören und redet immer weiter.

„Disease Injury Madness“ schließt an seinen Vorgänger nahtlos an und fast glaubt man nicht mehr an eine Überraschung in diesem Song. Falsch gedacht, falsche Band. Ab der Hälfte regiert hier nämlich Ruhe. Der Sturm nimmt ab und man kann den Schaden begutachten, der verursacht wurde. Dies wird mit sehr süßlichen Tönen versehen, sowohl auf instrumentaler Ebene, als auch auf der stimmlichen. Aus all dieser Ruhe kristallisiert sich nach kurzer Zeit ein völlig neuer Song heraus, obwohl man immer noch bei der gleichen Tracknummer steht. So kennt man BETWEEN THE BURIED AND ME und genau so will man sie hören. Facettenreich, übersprudelnd vor Ideen, zeitweise anstrengend und dann doch wieder harmonisch und versöhnlich und plötzlich befinden wir uns in einem Saloon im wilden Westen, die Band hat uns mit „Fossil Genera – A Feed From Cloud Mountain“ dorthin geführt. Mit einer Leichtigkeit spielen sie hier mit den Lachmuskeln des Hörers und überraschen erneut. Tiergeräusche, ein alt klingendes Klavier und ein abgedrehtes Konstrukt an Song, welches von amüsierend in absolut vernichtend verfällt, dagegen wirkt „Desert Of Song" fast wie eine Erleichterung. Alles beginnt mit „Thank you for reviewing this album. You´re listening to Between The Buried And Me – The Great Misdirect“ und einem an Country und Singer/Songwriter erinnernden Gitarrenspiel. Ja, wir sind immer noch beim gleichen Album, wären aber nicht bei besagter Band, wenn sich das nicht nach kurzer Zeit wieder ändern würde. Man möchte einfach nicht stagnieren und wechselt die Meinungen weiterhin einfach während der Songs. So einfach ist das!

Zum Abschluss begeben wir uns nach Asien, zumindest, was die Instrumentierung angeht, dann geht´s doch wieder nach Charlotte und man darf den letzten Ideen der Band lauschen. Ein letztes Mal rauft man sich zusammen, nimmt sich gegenseitig auseinander und setzt danach Köpfe auf falsche Körper und die Arme dorthin, wo eigentlich die Beine hingehören. Synthesizer, Tech-Metal, Hardcore, Grind, Jazz, Ruhe. Was will ein Mensch mehr und BETWEEN THE BURIED AND ME geben einem genau das. „The Great Misdirect“ ist das, was man sich erhofft hat: Eine konsequente Weiterentwickling des Chaos, welches auf „Colors“ so unglaublich überzeugen konnte. Es steht dem Vorgänger in Nichts nach, entwickelt einige Ideen weiter und lässt einige völlig neue Elemente einfließen. Punktum, dies hier ist eine grandiose Scheibe.

Und noch etwas: „Thank you Victory Records for letting me review this album. You´re reading a text written bei Alex G.“ Diese Label-Overvoices zum Kennzeichnen einer Promo sind tatsächlich unter aller Sau. Dienen sie meist dazu, das Hörvergnügen zu schmälern, machen einem BTBAM durch diese Rechnung einen Strich. Wenngleich es zeitweise tatsächlich genervt hat, war es möglich, sie irgendwann auszublenden und einfach nur noch zu genießen. Etwas, was nicht jede Band schafft und alleine deswegen ist der CD-Tipp hier mehr als gerechtfertigt!

Tracklist:

1. Mirrors
2. Obfuscation
3. Disease Injury Madness
4. Fossil Genera: A Feed From Cloud Mountain
5. Desert Of Song
6. Swim to The Moon

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Alex G.

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