Die kalifornische Post-Hardcore-Band DAYSEEKER steht mit Album Nummer drei in den Startlöchern und schickt sich an, den sommerlichen Horizont zu verdunkeln. Denn wer die Band nicht kennt, beim Gedanken an Kalifornien und beim Blick auf den Kalender aber ein leichtfüßiges Sommeralbum erwartet, der liegt ganz schön daneben. Nicht nur die Musik von DAYSEEKER ist stets von einer unterschwelligen Schwermut gekennzeichnet, auch lyrisch behandelt Sänger Rory Rodriguez seit jeher eher die Schattenseiten des Lebens und setzt sich in seinen sehr persönlichen Texten mit traumatischen Erlebnissen, Wut, Enttäuschung und Verzweiflung auseinander. Harter Tobak also.
Für das verflixte dritte Album haben sich DAYSEEKER einiges vorgenommen, denn bei "Dreaming Is Sinking /// Waking Is Rising" handelt es sich nicht etwa nur um eine Ansammlung neuer Songs, sondern um ein hoch ambitioniertes Konzeptalbum. Rory Rodriguez erzählt darauf die Geschichte eines Mannes, der sich für die an seiner Frau begangenen Verbrechen rächen will, dabei niedergeschlagen wird und in einem tiefen Koma landet. Hilflos muss er dabei zusehen, wie einschneidende und dramatische Veränderungen in seinem Umfeld stattfinden, auf die er selbst keinen Einfluss hat. Gefangen in der eigenen Gedankenwelt kommen Fragen über Realität und existenzielle Zweifel auf. Diese vertonte Dramaserie ist nichts für Zartbesaitete, thematisch aber höchst interessant und lyrisch spannend umgesetzt.
Rein musikalisch funktioniert "Dreaming Is Sinking /// Waking Is Rising", wie viele Konzeptalben, am besten als Gesamtwerk. Hier wird schließlich eine zusammenhängende Geschichte erzählt und das macht sich natürlich beim Spielfluss des Albums bemerkbar. Der Großteil der Songs greift fließend ineinander, was aber auch heißt, dass sich nicht unbedingt alle Nummern als markante Einzelstücke anbiedern. Der vorab als Single veröffentliche Opener "Vultures" und der Rausschmeißer "Waking Is Rising" sind beide im Vergleich zum Rest des überwiegend melodischen Materials etwas härter ausgefallen, erinnern dezent an die ARCHITECTS und machen sich wunderbar als Eckpfeiler, während zur Mitte des Albums besonders das eingängige "Six Feet Under" aufhorchen lässt. Besonderes Lob verdient an dieser Stelle Frontmann Rory Rodriguez, dessen mitreißender Klargesang ein ums andere Mal für Gänsehaut sorgt und DAYSEEKER ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal veleiht.
Zwischen den genannten Stücken erwartet den Hörer eine emotionale Reise in die Gedankenwelt eines Komatösen, die allerdings nicht durchweg in ihren Bann zieht. Nicht immer wird das Songmaterial den hohen Ambitionen der Band gerecht; vereinzelt tragen DAYSEEKER Pathos und Schwermut etwas zu dick auf und drohen in kitschige Gefilde abzurutschen, stellenweise plätschert es auch einfach nur ein wenig vor sich hin. Ein paar rauere Nummern mehr hätten der Abwechslung jedenfalls nicht geschadet.
Trotz kleinerer Abstriche und hoher Ambitionen seitens der Band ist "Dreaming Is Sinking /// Waking Is Rising" ein ziemlich kompaktes Gesamtpaket für Freunde melodischen Post-Hardcores geworden, der auch gerne mal deutlich in Richtung melancholischer Pop- und Rockmusik schielt. Man sollte auf jeden Fall etwas Zeit für die Scheibe einplanen und es empfiehlt sich außerdem, beim Hörgenuss die im Booklet abgedruckten Texte zur Hand zu haben. Lässt man sich darauf ein, so steht einem besonders thematisch spannenden Hörerlebnis nichts mehr im Wege.