Anstatt sich knappe 50 Kilometer weiter östlich an den ansehnlichen Baggersee Sloweniens zu vergnügen, servieren Marco Celotti, Michele Orselli und Drummer Elvis Fior lieber ebenso viele Minuten bekömmlichen Progrock. Dass dieser mittlerweile ebenso im Stadion als auch in Köpfen von Nerds und Querdenkern zu Hause ist, hat sich sogar bis ins italienische Udine herumgesprochen.
Eigentlich schickte das Trio sein zweites Album "Arise" bereits vor knapp zwei Jahren an die Startlinie, doch erst jetzt erfährt die Platte auch in unseren Breitengeraden ein Release. INVIVO entfernen sich vom anfänglichen Artrock und setzen dabei auf glasklare Powersoundwände und lückenlose Produktion. Songs wie "Hostage" oder "Sulfur" suhlen sich in vetrackten Spielereien und glitzernen Refrainfeuerwerken. Wer im einen Moment an BIFFY CLYRO denkt, wird im nächsten mit den Gimmicks von TOOL oder der Frickelsucht KARNIVOOLs eines Besseren belehrt. "Engage" lässt eine wahnsinnig dichte Zusammenarbeit von Bass und Schlagzeug gegen gewiefte Gitarrenakzente und triefende Vocals antreten, bevor "Always" bereits an vierter Stelle der Platte den Dampf vom Kessel streicht. Zarte Synthesizer und die gehauchte, melancholische Stimme Celottis schaden der Dynamik des Albums zwar nicht unbedingt, aber hätten ihren Posten gerne noch eine Zeit lang dem punchigen Progcore überlassen dürfen. Dieser drückt sich vorbei an Riff-Gebirgen und DREDG durch das unauffällige "Unchained" und das funkelnd-protzige "The Space", wird von Produzent und Gastmusiker Fabio Trentini mit allerhand Finesse und Kalorien versorgt - aber verliert auch gelegentlich den Fokus. Dann tauschen INVIVO (laut Eigenaussage auch "Invivo Project") das technische Händchen gegen überstrapazierende Arragements, die nicht immer so spannend sind wie zu Beginn des Nachfolgers von "Change Tomorrow".
"Magnets" beginnt mit breiten Schultern, landet später mit einem blauen Auge fast im Pop und entscheidet sich für ein klares "No-Go" des Genres - den stumpfen Fadeout. Mit der Balance zwischen Mathematikkurs und klitschnasser Rockshow sind die Italiener im Reinen, nur wirkt "Arise" manchmal unnötig aufgefüllt. Belohnt wird die sonst tadellose Berg- und Talfahrt aus Fausthieb und Feinmotorik mit einem tollen, weil stets elegant harmonierendem Sänger und der Tatsache, dass jeder der drei Mitstreiter hier alles aus Herz, Geist und Gliedmaßen herausholt.