Plattenkritik

JIMMY EAT WORLD - Surviving

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Info

Release Date: 18.10.2019
Datum Review: 17.10.2019
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. Surviving
02. Criminal Energy
03. Delivery
04. 555
05. One Mil
06. All The Way (Stay)
07. Diamond
08. Love Never
09. Recommit
10. Congratulations

Band Mitglieder

 

Jim Adkins – Voc, Guitar
Rick Burch – Guitar, Voc
Tom Linton – Bass
Zach Lind - Drum

JIMMY EAT WORLD - Surviving

 

 

Was macht eine Band, die sich schon sehr früh ihre eigene Messlatte so hoch gelegt hat, dass sie von niemanden jemals wieder erreicht werden kann? Im Falle von JIMMY EAT WORLD: Einfach immer weiter.

Die Messlatte heißt in diesem Fall wahlweise „Clarity“ oder „Bleed American“ und wurde bereits vor 20 respektive 18 Jahren aufgestellt. JIMMY EAT WORLD haben es damals geschafft, zuerst ein experimentierfreudiges Emo-Meisterwerk zu erschaffen und dann mal eben den Powerpop zu perfektionieren. Danach kam noch das düstere, aber intensive „Futures“ und im Anschluss noch das beschwingte „Chase This Light“. Spätestens ab hier fällt dann die Spannungskurve bei den allermeisten Hörern rapide ab, obwohl die Texaner mit der Verlässlichkeit einer neuen Staffel Dschungelcamp im Dreijahrestakt weitere Alben auf den Markt werfen. Und doch werden JIMMY EAT WORLD wohl bis in alle Ewigkeiten auf allein zwei Alben reduziert werden. „Selber schuld“, könnte man sagen, „macht doch einfach nochmal so Meisterwerke!“, und würde der Band damit fürchterlich unrecht tun. Man vergisst bei all der Kontinuität recht schnell, was für grandiose Songwriter Jim Adkins und seine Kollegen immer noch sind. Ihr Melodieverständnis und die Stimme von Adkins sollten allein schon ausreichen, um immer genügend Sicherheitsabstand zum Mittelmaß zu halten. Leider ist diese Kontinuität auch ihre größte Schwäche, denn JIMMY EAT WORLD haben sich und ihren Stil schon vor mindestens fünf Alben gefunden: Melodieverliebter Rock, der meistens drückt und manchmal schwelgt (und nur noch ganz selten mal mit dem alten Kumpel Emo alten Zeiten gedenkt). Album Nummer 10 beginnt somit im titelgebenden „Surviving“ mit stampfendem Beat und akzentuierten Riffs und macht nichts aufregend neu, aber auch nichts furchtbar schlecht. „Criminal Energy“ nimmt noch den Schwung mit, bevor „Delivery“ Tempo rausnimmt und sich, unterstützt durch verhaltene Synthies, als schwelgerische Halbballade präsentiert, die auch auf „Futures“ nicht weiter gestört hätte. Bis hierhin also bandtypische Kost ohne besondere Ausschläge nach oben oder unten. Dann jedoch kommt „555“: Eine Synthpopballade voller elektronischem Bass und Handclaps und einer traumhaft schönen Hookline von Adkins. Sowas meint man tatsächlich noch nicht von der Band gehört zu haben. Überhaupt, dieser Adkins: Wie er einen in „All The Way (Stay)“ mit seiner sehnsuchtsvollen Stimme zurück ins Jahr 2001 singt, oder sich im schmissigen „Diamond“ immer im richtigen Moment selbst bremst, um ganz kurz Gänsehaut aufkommen zu lassen – dafür liebt man ihn und seine Band doch eigentlich. Und man verzeiht ihr auch ziemlich dreiste Selbstzitate, wie das frappierend an „23“ erinnernde „Recommit“. Allein der seltsam zerfahrene und überlange Rausschmeißer „Congratulations“ lässt einen etwas ratlos zurück.

Sechsundzwanzig Jahre JIMMY EAT WORLD, zehn Alben JIMMY EAT WORLD, es ist einfach kein Ende in Sicht. „Surviving“ ist für sich genommen ein wirklich gutes Album ohne totale Ausfälle und mit einigen interessanten Ideen. Das allein sollte eigentlich schon reichen, um der Band auch 2019 noch eine faire Chance zu geben.

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"