Plattenkritik

SHORELINE – Eat My Soul

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Info

Release Date: 12.07.2019
Datum Review: 09.07.2019
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01 Andre The Giant
02 Hana
03 Bent_Broken
04 Thieves
05 What Sucks Is Now Hidden...
06 Eat My Soul
07 Vanish
08 Walking Through
09 Wasps_Flies
10 Two Floors Beneath
11 Sleepy Habits

Band Mitglieder

 

Hansol - Guitar/Vocals
Julius - Guitar/Vocals
Tobi - Bass/Vocals
Martin - Drums

SHORELINE – Eat My Soul

 

 

Hat das etwa System? Zweisilbiger Bandname, dreisilbiger Albumtitel und ein Debüt, dass zu keiner Zeit danach klingt. Äußerst verdächtig. 

Anfang 2019, ein Geheimlabor, irgendwo in Münster. Männer in Laborkitteln mit aufgenähtem „U-M“ auf der Brust wuseln umher. Es ist unübersichtlich, laut. Plötzlich ein heftiger Knall, Rauch, Schränke wackeln, Reagenzgläser gehen zu Bruch. Ein Forscher schreit laut auf: „HEUREKA!“ Soeben hat er die geheime Formel entdeckt, mit der sich unendlich viele erfolgreiche Bands klonen lassen. Was? Totaler Quatsch? Vermutlich. Viel wahrscheinlicher ist es wohl, dass die Menschen beim Qualitätslabel Uncle M einfach ein verdammt gutes Gespür für junge, aufregende Bands haben. Und dieses Gespür sorgte allein 2019 schon für die tollen Debüts von CHIEFLAND („Wildflowers“), SNARESET („With A Spark“) und nun eben SHORELINE. Allerdings lässt sich der Sound dieses Mal nicht so einfach in eine Schublade zwängen, dafür vereint der Vierer aus Münster auf „Eat My Soul“ zu viele Einflüsse. Belassen wir es daher einfach bei gefühlvollem Rock mit ausgeprägtem Hang zur großen Geste. So gibt sich „Andre The Giant“ als Einstieg noch beschwingt indierockig, bevor „Hana“ dann direkt zeigt, wie großes, emotionales Kino geht: Kurz mit bedächtiger Strophe in die Irre geführt, um dann mit großem Knall zur wehmütigen Hymne umzuschwenken. Clever. Ganz ähnlich funktioniert auch das bezaubernde „What Sucks Is Now Hidden…”: Zunächst den Hörer einlullen, den Ausbruch kurz andeuten, nur um dann endgültig loszulassen. Das Spiel mit Dynamik und Dramaturgie haben die Jungs also definitiv drauf. Aber eben nicht nur das: SHORELINE vereinen gradlinige Rocker („Bent/Broken“), düster-groovige Brecher („Thieves“) und immer wieder schmissigen Punkrock irgendwo zwischen THE MENZINGERS und THE GASLIGHT ANTHEM („Eat My Soul“, „Two Floors Beneath“) und zeigen sich ziemlich vielseitig. Dass sie dabei auch noch das Kunststück fertig bringen, das Album als Ganzes homogen und nicht nach Stückwerk klingen zu lassen, nötigt zusätzlichen Respekt ab. Überhaupt bleibt für ein Debüt erstaunlich wenig Platz für Kritik. Wenn man es darauf anlegt, könnte man vielleicht die etwas kurz geratene Spielzeit (30 Minuten) bemängeln, oder den einen oder anderen Song anführen, der nicht vollends zünden will („Andre The Giant“, „Walking Through“). Dann meckert man allerdings auch auf recht hohem Niveau. Und wer will das schon?

Also zurück zum Positiven: Die Produktion ist angenehm tief und basslastig, was SHORELINE noch etwas mehr von der Masse abhebt und zusammen mit dem Artwork und der düster-hoffnungsvollen Grundstimmung immer wieder eine Assoziation provoziert: Es würde nicht verwundern, wenn während des Songwritings JIMMY EAT WORLD’s „Futures“ hin und wieder im Hintergrund gelaufen wäre. Zumindest die transportierte Stimmung rechtfertigt diesen Vergleich. Plagiarismus müssen sich SHORELINE dennoch nicht zum Vorwurf machen lassen, dafür klingt „Eat My Soul“ glücklicherweise viel zu eigenständig. Ein absolut überzeugendes Debüt.

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"