12.04.2010: The Unwinding Hours - Berlin - Lido

12.04.2010
 

 

Das Licht geht aus, irgendwas von Radiohead erklingt und vier Typen kommen auf die Bühne geschlichen. Sie machen konzentrierte, verbissene Gesichter und strotzen dennoch vor Freude. Freude darüber, eine Band zu supporten, die im nicht mehr ganz so jungen Jahr 2010 eines der besten Alben veröffentlicht hat. Denkbar schwer ist es für INSTRUMENT hier Fuß zu fassen. Könnte man meinen. Das Lido und seine Besucher meint es gut mit der Band und ist von der ersten Sekunde an in eine tiefe Stille verfallen. INSTRUMENT begrüßen die Zuschauer höflich, beginnen dann konzentriert ihr Set. Sie wirken sehr in sich gekehrt, spielen eine Atmosphäre herauf, die heute zwar um ein vielfaches getoppt wird, aber leisten akzeptable Arbeit. Vorhersehbar sind zwar diese Atmos-Parts, die damit enden, dass die Band zum Drummer blickt und der den Ausbruch heraufbeschwört, aber insgesamt ist das Bild von INSTRUMENT ein Gutes.

Und jetzt kann man die Spannung quasi anfassen. Auf der Bühne versammeln sich fünf Typen, alle schick gekleidet, äußerst höflich und vornehm, schnallen ihre Instrumente um und beginnen still und leise ihr Set. THE UNWINDING HOURS, die Überraschung 2010, niemand hatte damit gerechnet. Genauso wenig damit, dass sie das Feld von hinten aufrollen. Wieviele Menschen in diesem Raum haben wohl mit „Knut“ gerechnet? Wahrscheinlich alle. Nichts da. Craig B. und seine Mannen stimmen in „The Final Hour“, jenem ruhigen Stück, welches innerhalb kürzester Zeit dafür sorgt, dass man sich fühlt, als würde gleich alles um einen rum in ein Tränenmeer ausbrechen. Tieftraurig und doch so hoffnungsvoll – Hier werden Menschen an ihre Grenzen geführt. Vor allem dann, wenn plötzlich die Drums erklingen, das komplette Lido erschüttert wird und sich 100 Köpfe im Takt nach vorn fallen lassen, während 200 Augen geschlossen im roten Bühnenlicht die Tränen zurückhalten. Unfassbar! Craig B ballt dabei des Öfteren die Faust, leidet mit seinen Songs, zu seinen Akkorden und Texten und fühlt jede Sekunde auf der Bühne. Man ist manchmal gewillt ihn zu umarmen, würde ihm gerne sagen, dass seine Platte toll ist, weil es platt wäre, zu sagen, dass ja „alles gut wird“. Doch zwischen all der tieftraurigen Melodien zeigt sich, dass die Band eine sympathische ist. Man witzelt, klopft sich gegenseitig anerkennend auf die Schultern und bedankt sich oftmals artig beim Publikum, in erster Linie fürs „still sein“. So geht das dann eine ganze Weile, bis alles vom Debüt gespielt ist. Abschließen spielt man, wie es nach dem ersten Song für alle klar war, mit „Knut“, dem unangefochten geilsten Song bislang, das Highlight. Mehr Intensität geht einfach nicht, somit verwundert es wenig, dass die Besucher komplett gefesselt sind. Sie hängen an den Lippen von Craig B., am Bass, an den Gitarren und vor allem an den Drums. Hier möchte noch niemand gehen, auch wenn es offiziell Zeit wäre.

Aber was wäre so eine Show ohne Zugabe? Drei Songs, zwei akustisch, eines von dieser Band, die Craig B. vorher THE UNWINDING HOURS zur Legende machte. Ein unfassbares Konzert, ganz nah dran, am seelischen Zusammenbruch. Großartig.