26.08.2012: Kettcar, Hansen, Thees Uhlmann, Tomte, Kilians, Young Rebel Set, Bernd Begemann - Hamburg- Trabrennbahn Bahrenfeld

26.08.2012
 

 



Trabrennbahn Bahrenfeld, Sonntagnachmittag, regnerisch bis sonnig, vorfreudig. Scheiß auf alte Geburtstage. 20, 30, 40 können ja mal gar nichts. 10 Jahre GRAND HOTEL VAN CLEEF sollen heute ordentlich besungen, bespielt, begossen, betanzt werden. Und das Line Up des Tages plus geheime Geheimacts lassen die Spannung zum größten Luftballon werden, der fast zu platzen droht. Ein kleines, gut bestücktes Festival lädt zu einer Zeit ein, in der die Festivalsaison des Jahres in den letzten Zügen liegt.

BERND BEGEMANN soll durch den Abend der Hamburger Tanzmusik führen und eröffnet eben diesen mit "Kelly Family Feeling" damit wohl auch der, die, das Letzte merkt, worum es an diesem Abend geht: Unity. Ach nee, falsche Szene oder auch nicht. Und er sorgt jetzt schon dafür, dass sich die Mundwinkel in den richtigen Winkel erheben.

YOUNG REBEL SET aus dem feinen England starten ihr solides nordenglisches Geburtstagsset mit "Lions Mouth". "Birthday means to drink as much as you can", lautet das Motto der Briten und vermutlich werden nicht nur sie eben dieses tun. Sie wärmen auf, zeigen sich gewohnt tanzbar und motivierend, präsentieren altes und neues. Des Bassisten Bass wird vom Beatlesgurt gehalten und man vermisst den Mann an der Mundharmonika nur temporär. Wunderbar vorgetragene Mehrstimmigkeit erzeugt erste Anzeichen von Euphorie. Eine Zugabe gibt es trotz engen Zeitplans doch noch.

BERND BEGEMANN fragt kurz die Herkunft des Publikums ab und man ist erstaunt, dass Hamburg nur spärlich vertreten ist. Fangemeinde. Ein paar CDs verschenkt. Der Typ hat heute wohl den schönsten Job. Die Tombola ist zwei Stunden nach Einlassbeginn ausverkauft.

Die KILIANS vermögen wenig zu begeistern. Der Sänger präsentiert hörbare Stimmprobleme und man misst die Durchschlagkraft. Es tönt etwas schräg. So kann man sich guten Gewissens an (Veggie)Burgern laben, die Nase in die Sonne halten, tanken. Nach einem abgedrehten Cover von UDO JÜRGENS "Ich war noch niemals in New York" ist die Pause vorbei und BERND BEGEMANN darf die Euphorie mit "Ich hab nichts erreicht außer dir" erneut erwecken. Gott sei dank!

Im Anschluss daran folgt eine kleine aber wunderbare Zeitreise. TOMTE in Original-Gründerzeiten-Ur-Besetzung. Drei Typen klingen genauso wie zu den Zeiten als man sich in sie verliebt hat und sie spielen genau diese Songs. "Korn und Sprite" brechen alle Dämme. THEES UHLMANN schwelgt in Erinnerungen, eine Saite reißt und es ist wirklich wie vor 10 Jahren mit all dem alten TOMTE typischen, ungewaschenem rough Charme. Das Herz seufzt und nach 20 Minuten ist es schon wieder vorbei.

Der Eindruck wird bestätigt, dass das GRAND HOTEL VAN CLEEF irgendwie für diejenigen Menschen steht, die selbst auf dem Schulhof der Hamburger Schule noch zu den Uncoolen gehören. Aber das ist vollkommen okay, denn das hat Stil. Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom und fünf Euro plus Trinkgeld ins Phrasenschwein.

BERND BEGEMANN sieht sich nicht in der Lage fünf Minuten Umbaupause zu moderieren und so stehen ziemlich schnell THEES UHLMANN und seine Band auf der Bühne. Frontmann nun zum Erstaunen des Publikums gegelt und im Anzug frei nach dem Motto: "Die Mama hat mich fein gemacht mit einer roten Mütze, ich hab auch 8x4 gebraucht, damit ich nicht so schwitze." Wie sehr man aber trotz 8x4 ins Schwitzen kommen kann, wird er später unter Beweis stellen, wenn das Jacket gehen muss. Und es macht Spaß, die Band hat Spaß, das Publikum feiert und wird abgefeiert. "Römer am Ende Roms" machen den Anfang und der Rest macht Spaß. Im Publikum steigen die Wetten um den Geheimact auf ein Höchstmaß, als man die offensichtlich unspaßigen Fotografen nochmals in den tiefen Fotograben schickt. Und dann passiert es tatsächlich: Zur passenden Stelle von "& Jay-Z singt uns ein Lied" entert CASPER die Bühne und die Trabrennbahn explodiert. Der letzte Damm bricht, was für eine Party. "XOXO" wird dann auch noch präsentiert, damit sich die weite Anreise auch gelohnt hat und man versucht die Puddingknie wieder stabil zu bekommen. Die Lachse werden noch als Zugabe wiederholt und wer dann noch nicht begriffen hat, dass das hier vermutlich auf der Konzert- des- Jahres- 2012- Hitliste ein Ding ist, was ganz oben steht, dem soll mal einer den Schmalz aus den Ohren pulen.

Da bleibt Herrn BEGEMANN nur noch die Tatsache zu besingen, dass St. Pauli besser passt als Fischbek.

Waren wir gerade bei den unmöglichen Unmöglichkeiten, welche so auf einem Konzert/Festival doch noch wahr werden können? Das nächste Ding folgt direkt auf dem Fuße: Die HANSEN BAND ist wieder auferstanden. JÜRGEN VOGEL greift beherzt zum Mikro und obwohl enttäuschenderweise nur drei Songs folgen, passt wohl der Ausspruch "In der Kürze liegt die Würze" sehr sehr gut. Eine solche Band hat wohl kaum die Zeit ein komplettes Set nochmals zu proben. Termine, Termine. Aber auch hier: Spaß, Engagement, Freude und Euphorie auf beiden Seiten des viel zu tiefen Fotografengrabens. Eigentlich möchte auf der Bühne niemand springen wie die GUANO APES, was aber JÜRGEN VOGEL nicht doch davon abhält, es trotz seines betont hohen Alters doch zu tun. "Baby Melancholie", "Kamera" und der alte TOMTEklassiker "Die Schönheit der Chance werden zum Besten gegeben und dann ist es schon wieder vorbei... Das Herz seufzt abermals.

BEGEMANNS BERND darf noch ein letzets Mal ran und schon stehen KETTCAR auf der Bühne. Bei Aldi brennt noch Licht, in der Trabrennbahn in Hamburg Bahrenfeld ebenso. KETTCAR sind äußerst gut drauf. Auf dem Balkon gegenüber wird auch wieder gefeiertgefeiertgefeiert. Für "Graceland" kommt der nächste geheime Geheimact auf die Bühne und das sind diesmal FRITTENBUDE mit dem entsprechenden Remix. Marcus Wiebusch vertritt am Bass den erkrankten Bassisten. Das Volk tanzt. Es folgt "Ausgezogen" in Standardbesetzung, "Landungsbrücken raus" als erster Rausschmeißer. Doch weil Zeitreisen heute schon so oft so unglaublich gut war, gibt es als absolute Endzugabe "Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt...". Bumm. Vorbei. Alle nochmal auf die Bühne. Winkewinke, klatschklatsch, jubeljubel. Ich möchte denjenigen treffen, der diese Geburtstagssause überbieten kann. IM ALTER VON 10 JAHREN!!!! Der Heimweg beschwingt mit einem Summen im Kopf und einem Grinsen auf eben jenem.

Danke! Und herzlichen Glückwunsch liebes GRAND HOTEL VAN CLEEF!