Für 20h ist der Einlass an diesem Montagabend im sagenumwobenen Molotow angesetzt. Eine Stunde und gefühlte 10 Zigaretten später ist man dem Lungenkrebs näher als dem Einlass. In Anbetracht der Jahreszeit wirklich bitter und es graut einem davor, was einem in den nächsten Monaten blühen wird. Bummelnde Touristen bestaunen den Menschenauflauf und halten das Banner unter der Leuchtanzeige mit dem Namen des Clubs für den eigentlichen Namen. "Kein Abriss!". Spitzenname für einen Club... Aber genau darum soll es heute gehen. Vor 10 Jahren spielten TRAIL OF DEAD exakt hier ihre erste Show in Europa und so ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, dass sie auf ihrer Tour einen "spontanen" Abstecher nach Hamburg machen, um ein Zeichen gegen die Gentrifizierung und drohende Zerstörung der Startrampe vieler Bands zu setzen und sich solidarisch mit ihren Wurzeln zu zeigen. Um kurz vor zehn sind dann auch alle drin. Das Molotow is voll und das an einem Montagabend. Warm!
Der Nebel wird von der Band sofort ab- und Whiskey bestellt. Es geht laut, ohne Vorband und -warnung los. Der Sound föhnt einem erstmal die Frisur zurecht. Dort wo man noch ein Plätzchen erhaschen konnte, klingt das erstmal ziemlich basslastig. Somit klingen auch die Stücke vom neuen Album wuchtig bis breiig. Struktur lässt sich aber erahnen. Das Publikum geht so halb ab. Filigranere Szenen lassen sich im Verlauf der Konzerts erahnen, wenn die Gitarre ihre Soliparts erfüllt. Conrad Keely ist gut drauf, bringt deutsche Saufsprüche und teilt den Rotwein brüderlich mit Jason Reece. Der Soundmacher fängt sich langsam, der Sound wird rund und man vernimmt mehr als Bumsbass. Doni Schroeder zeigt an den Drums, wie das mit dem Abgehen eigentlich geht. Oldies werden ausgepackt.
Instrumententausch ist auch drin. Drummer an Gitarre und Gitarrist an Drums und umgekehrt. Spätestens bei "Relative Ways" gibt es dann kein Halten mehr. TRAIL OF DEAD vollziehen den kompletten Wandel von Indie über Rock zu Punk und die kurze Jamsession zeugt vom Jazztalent. Definitiv eine schräge Liveband. Es werden beste Geschichten erzählt, die Interaktion mit dem Publikum erfolgt auf hohem alkoholgeschwängerten Niveau. Das Set ist nach 60 Minuten in Punkto Intensität schon auf dem vermeintlichen Höhepunkt, da packen TRAIL OF DEAD noch eine Schippe drauf. Mehr als nur Kopfnicken. Nach knapp 90 Minuten gibt es dann berechtigterweise auch keine Zugabe mehr, vermutlich fehlt der Band ebenso die Energie wie dem Publikum.
Rund wie die Abrissbirne, die dem Moltow droht. Draußen am Ende der Reeperbahn tanzen schon die Türme den Totentanz und der Name der Band gewinnt an Bedeutung.