„Shout Out Louds spielen doch Emo, oder?” Nach dieser Frage, die die rote Strumpfhosenfrau in der drei Kilometer langen Schlange zum Einlass vor mir gestellt hatte, stand für mich fest, dass ich mich so schnell wie möglich in die Glocksee vordraengeln musste. Indie - Pop, meinetwegen Indie - Rock, waere hier zutreffender. Doch den Anfang machten erst einmal „Nervous Nellie“.
Es war ein eher ruhiger Countrysound, der den hereinströmenden Besuchern entgegenkam, musikalisch zwischen Last Days of April und Karl Larsson angesiedelt, aber auch mit krachenden Soloattacken im Dinosaur Jr. - Style. „Nervous“ wirkte nur der Schlagzeuger, der aber nicht „Nellie“ heisst, wie er mir später bei einem, schwedisch untypischen, Glas Rotwein an der Theke versicherte. Die Herkunft des Bandnamens wäre eher eine plötzliche Eingebung der Brüder Johnson (beide Gitarre + Gesang) gewesen. Und weil der Schlagzeuger und der Bassist ja auch verwandt sind, war die Verwirrung hier perfekt. Es war kein eigener Musikstil, den „Nervous Nellie“ darboten, dennoch wurden sie von der mittlerweile gut gefüllten Glocksee gefeiert.
Nachdem ich im letzten Jahr die „Shout Out Louds“ bei ihrer grandiosen Show im Musikzentrum schon einmal gesehen habe, waren die Erwartungen natürlich gross. Mit verschiedenen Signalflaggen, die aus der Seefahrerei stammen, wurde die Bühne dekoriert. Jede Signalflagge signalisierte einen Buchstaben, in der Gesamtheit war der Bandname zu lesen, für mich auch erst logisch als ich mir die T-Shirts der „Shout Out Louds“ anschaute.
Die Band legte nach kurzer Umbaupause los und es wurde getanzt. Bis dahin hatte ich bei einem Hannover-Publikum eher die Erfahrung gemacht, dass man lieber ruhig in der Ecke stand und die Band kritisierte. Aber vielleicht lag es an der fehlenden „Ecke“ oder einfach nur an den guten Songs, dass das Publikum sich von der ersten Minute an bewegte. Songs wie „Tonight I Have To Leave It“ vom neuen Album „Our Ill Wills“ wurden genauso mitgesungen wie die mittlerweile zum Diskokracher ernannten Songs „Please Please Please“ und „Shut your Eyes“.
Gesangliche Unterstützung bekommt Adam Olenius ja mittlerweile von der Keyboarddame Bebban Stenborg. Jedenfalls wurde dies laut Bebban nach Fertigstellung des letzten Albums so festgelegt. Kein Auftritt ohne ihre Backgroundstimme. Dass dieser Auftritt, trotz hoher Anzahl an Kartenreservierungen nicht in einem groesserem Club stattfand, kam sicherlich auch der Band zugute, den man merkte schon, dass die Nähe zum Publikum existieren muss, damit auch der letzte Indie -Rocker in der hintersten Reihe seine Arme zum Refrain von „Very Loud“ hochreisst und die Bierpulle gegen den Arm seines Nachbarn tauscht. Einer der zahlreichen Festivalauftritte der „Shout Out Louds“ waere also niemals vergleichbar mit einem Clubkonzert. Sympathische 60 Minuten spaeter schenkte man dem verschwitztem Publikum noch 2 Zugaben und zumindest Adam und die anderen drei Maenner beendeten das Konzert „oben ohne“…“wenn schon, dann alle“, hoerte ich noch den Punk neben mir rufen, bevor Bebban Stenborg ihm einen veraechtlichen Blick entgegen warf. Auch die Schweden sollte man mit Ihren Deutschkenntnissen nicht unterschaetzen.