I'm in the prime of my youth, and I'll only be young once: Das dachten sich wohl auch die vier altgedienten Mittvierziger, als sie den Entschluss fassten, DUCHAMP zu gründen und dem Jade Tree-Sound der 90er ein Denkmal zu setzen.
Das Offensichtlichste voran: „Slingshot Anthems“ ist nicht nur eine einzige musikalische Hommage an eine Ära, in der fünf gelangweilte Typen auf einer Party saßen und nicht mehr cool sein wollten, sich die besten Tänzer Jerseys selbst kürten und einfach alles suckte – das Album ist auch eine knietiefe Verbeugung vor dem Filmklassiker Stand By Me. Das Referenzfest fängt beim Bandnamen an, geht über diverse Samples weiter und endet noch lange nicht bei Songtiteln wie „Chopper, Sic Balls!“ oder „Train Dodge“. Nostalgikern geht hier das Herz auf – und sie jauchzen vor Freude, wenn sie zudem noch Fans von SAVES THE DAY, LIFETIME und den DESCENDENTS sind. So wie Ingo Knollmann (DONOTS), Christian Kruse (ADAM ANGST, WATERDOWN), Benni Thiel (SCHROTTGRENZE) und Peter Tiedeken (PALE, THE ROBOCOP KRAUS) trotz ihrer unterschiedlichen Betätigungsfelder eben auch. Bevor man jetzt vorschnell von einer neuen Supergroup spricht, sollte man lieber Ingo glauben, der DUCHAMP als absolute Herzensangelegenheit aller Beteiligten verstanden wissen will. Leidenschaft und Spielfreude springen einem hier tatsächlich aus jeder Note entgegen, was „Slingshot Anthems“ absolut authentisch klingen lässt. Dazu trägt neben der warmen und angenehm analog klingenden Produktion von Phil Meyer (ebenfalls WATERDOWN) besonders die Gästeliste bei, die einem schonmal die Kinnlade runterklappen lassen kann: Mit Jason Shevchuk (KID DYNAMITE, NON MORE BLACK), Dave Smalley (DAG NASTY, DOWN BY LAW), Stephen Egerton (DESCENDENTS) und Brian McTernan (BATTERY, BE WELL) sind hier mehr Punk- & Hardcore-Veteranen versammelt als auf dem letzten Ieper Fest. Die Qualität der Songs wird dem glücklicherweise zum überwiegenden Teil gerecht: Die Mischung aus breaklastigen Songs mit vielen Tempowechseln, melodischen Leadgitarren und prägnanten Basslines geht wie in „The Art Of Defiance“ oder „I Wanna Be Your Tool“ voll auf. DUCHAMP verbinden aggressive Geschwindigkeit mit grandioser Melodie und Mitsingparts so effektiv wie die großen Vorbilder. Mindestens genauso mitreißend sind die melancholischen Midtempohits wie „Teeth Gone Missing“ oder „Old Dogs Don’t Die“. In den schwächeren Momenten fehlt manchmal etwas der Wille zur zwingenden Melodie („Dodge The Train“) oder der Chorus wird der Strophe nicht gerecht („Don’t Pass The Torch“, „Black Water“). Ganz selten muss man auch mal beide Augen zudrücken, wenn es etwas zu gezwungen juvenil wird, wie in „Video Games And Coffee“. Durchaus verschmerzbar, wenn man bedenkt, dass hinter dem Mikro nun mal ein bekennender Videospielnerd steht. Überhaupt: Wenn unser aller Lieblingsingo mal wieder auf Englisch singt, kann man sich kaum gegen die aufkeimenden Erinnerungen an selige „Better Days Not Included“-Zeiten wehren. Und damit sind wir nun wieder in den späten 90ern angekommen, wo kurze, aber hochmelodische Klopper wie „50 Seconds Of PMA“ oder „Nobody Ever Said Fuck The Fire Department“ für breites Grinsen gesorgt hätten. Dafür werden DUCHAMP zwar keine Preise für Originalität gewinnen, trotzdem sind die „Slingshot Anthems“ eine schöne Zeitreise voller Momente zum Mitgröhlen und Fingerpointen. Two for flinching!