Punkrock, der das Leben feiert: Das Ein-Mann-Folk-Punk-Projekt des Portugiesen Nelson Graf Reis entwickelt sich auf dem dritten Album von WE BLESS THIS MESS zu vollem Bandsound.
Wer sich direkt im ersten Track so aufrichtig für die Aufmerksamkeit bedankt und proklamiert, dass das Album als „an ode to life“ begriffen werden soll, der meint das auch so. Der Tattookünstler Nelson Graf Reis hat seine Wurzeln in der DIY-Punkszene Portos und hat dort neben seinem eigenen Projekt auch noch das Label „Oh Lee Records“ gegründet. Der Mann besitzt offenbar ein außerordentlich hohes Level an Leidenschaft und Kreativität, woran auch ein zwischenzeitiger Umzug nach Groß Britannien nichts geändert hat. Denn „Enlightened Fool“ ist der musikalische Sprung in die vorderen Reihen des melodischen Punkrock.
Folgten die zwei Vorgängeralben „Volume 1“ und „Awareness Songs And Side Stories“ noch dem Anspruch, Punk in alter FRANK TURNER-Manier möglichst reduziert und folkig zu halten, ist der Sound von WE BLESS THIS MESS nun voll elektrifiziert. Der zumeist stampfende Rhythmus und die sich immer wieder einschleichende Akustikgitarre halten die Verbindung zum Folk aber noch genügend aufrecht, um an Kaliber wie (frühere) THE GASLIGHT ANTHEM oder COLD YEARS zu erinnern. Beachtlich dabei ist der Umstand, dass Reis bis auf das Schlagzeug sämtliche Instrumente selbst eingespielt hat.
Zwei Dinge fallen direkt auf: Zum einen zeigt schon der Beginn von „Good That You’re Letting It Go“, dass Reis eine nicht nur für Genreverhältnisse grandiose Stimme sein Eigen nennt. Zum anderen strahlt einem die schon angesprochene Positivität so sehr aus sämtlichen Texten und der Dankesnote entgegen, dass man entwaffnet allen Widerstand fallen lässt und mitgerissen wird. In Verbindung mit den hochmelodischen Gitarrenleads kommen dem Kenner hier LATTERMAN in den Sinn. Ein Vergleich, der durchaus funktioniert, wenn man beispielsweise das (fast) rein instrumentale „Humanity.Wake.Up“ hört. Sehr gut funktionieren ebenfalls das fröhliche „Messy Hair: Red Lipstick” oder der gnadenlose Ohrwurm „Happy Monsters In My Closet“.
Der Großteil der Songs bewegt sich im beschwingten Midtempo, nur das augenzwinkernd betitelte „Almost Straight Edge“ drückt ziemlich aufs Gas und geht dank der Stop&Go-Parts und der Crewshouts als ziemlich gelungener Melodic Hardcore durch. Absolutes Highlight der mit acht „echten“ Songs recht kurzen Platte stellt aber „Find.Unfold.Accept“ dar, dessen Gänsehautklimax auch ein Chris Carrabba zu DASHBOARD CONFESSIONAL-Hochzeiten nicht umwerfender hätte schreiben können.
Mit dem stimmungsvollen Klavieroutro „Now And Today“ läuft „Enlightened Fool” nach einer guten halben Stunde im Ziel ein, ohne sich dabei einen wirklich schwachen Moment geleistet zu haben. WE BLESS THIS MESS sind spätestens jetzt Pflicht für alle Fans von melodischem Punkrock.