(04.06.2017): ROCK AM RING FESTIVAL - Nürburg - Nürburgring

05.06.2017
 

 

Nach zwei Tagen Rock am Ring mit einer Terrorwarnung, einem damit verbundenen Konzertabbruch, Regen, aber auch jede Menge guter Konzerte, steht der dritte und letzte Festivaltag an. Die Beine sind schwer, der Rücken schmerzt und der Alkohol fließt nicht mehr ganz so schnell, wie noch zu Beginn. Aber keinen Grund einen Gang zurück zu schalten.
Am frühen Vormittag verbreitet sich die Nachricht, dass heute auch MARTERIA, dessen Konzert am Freitag aufgrund der Terrorwarnung abgesagt wurde, sein Konzert nachholen wird. Zwischen FEINE SAHNE FISCHFILET und JAKE BUGG, reiht sich der Rostocker mit einem knackigen, einstündigen Power-Set ein. Dadurch verschiebt sich der Zeitplan auch am Sonntag, was an diesem Tag jedoch mehr Leute rechtzeitig mitbekommen.
So ist es zu Beginn des Konzerts von FEINE SAHNE FISCHFILET bereits beachtlich voll vor der Crater Stage. Antifaschistische Bierzeltmusik live bei Rock am Ring. Und FEINE SAHNE FISCHFILET haben, neben jeder Menge Bock, auch noch ein paar andere Überraschungen für ihren bis dato wahrscheinlich größten Auftritt im Gepäck. Eine aufblasbare Banane-Boot-Banane, ein riesiges Fass voller Pfeffi und einen ganz speziellen Gast – MARTERIA. Dieser unterstützt FSF bei „Komplett Im Arsch“ mit einem kurzen Rap-Part, verschwindet im Anschluss aber schnell wieder hinter die Bühne, um sich auf seinen eigenen Auftritt (im Anschluss) vorzubereiten.
FEINE SAHNE FISCHFILET brennen bis dahin ein Pyro nach dem anderen ab, machen eine gute Ansage nach der anderen und das Publikum tut es Ihnen gleich.
Frisch umgezogen und mit riesiger, LED-Leinwand im Rücken, steht wenige Minuten später MARTERIA auf der Bühne, der in nicht einmal 4 Stunden Rock im Park abschließen soll. Doch der Rostocker wollte sich es nicht nehmen lassen, seinen Rock am Ring Auftritt nachzuholen. Also geht es im Anschluss mit dem Privatjet nach Nürnberg, um neben dem Ring, auch den Park abzureißen. Damit ist MARTERIA der erste Künstler überhaupt, der Rock am Ring und Rock im Park an einem einzigen Tag spielt. Von Stress, Angespanntheit etc. ist keine Spur. Einmal Sportler immer Sportler. Und so wird direkt los gelegt. Keine Zeit verlieren. So viele Songs wie möglich in das verkürzte Set packen. Das Publikum dankt es mit einer um diese Uhrzeit noch nie so voll gewesenen Crater Stage. Im Folgenden gibt es neben neuen Songs, auch jede Menge Hits. „Marteria Girl“, „Lila Wolken“, „Kids“,... einzig MARSIMOTO schafft es nicht an den Nürburgring, weil er aus produktionstechnischen Gründen bereits am Park chillt.
Auf der Alternative Stage machen sich EGOTRONIC als zweiter Audiolith-Act des Tages bereit, um den kurz vor Stagetime einsetzenden Regen weg zu raven. Die Berliner spielen viele neue Songs des gerade erscheinen Albums „Keine Argumente“, was der Stimmung jedoch keinen Abbruch tut. Die meisten Zuschauer sind bereits textsicher und singen lauthals mit. Die größten Emotionen gibt es dennoch bei den älteren Songs. Spätestens bei „Raven gegen Deutschlands“ gibt es kein halten mehr. Da EGOTRONIC am Tag zuvor (bei Rock im Park) von der Bühne geschmissen wurden, versucht sich Torsun diesmal kürzer zu halten, was er glücklicherweise schafft. Die Stimmung ist top, die kleine Alternative-Bühne gut gefüllt.
GENETIKK haben, trotz riesigem Bühnenbild, dagegen Probleme diese zu füllen und den Funken überspringen zu lassen.
BONAPARTE nicht. Tobias Jundt ist mit neuem Album und damit auch mit neuer Band unterwegs. Die Festivalsaison lang begleiten zwei Schlagzeuger und drei Bläser den BONAPARTE-Mastermind. Zu Beginn gibt es (fast) ausschließlich neue Songs, nur hier und da schummelt sich ein älteres Lied in die Setlist. Doch nach dem ruhigeren Anfang geht es laut weiter,... mit alten Songs und der gewohnt, verrückten Bühnenshow. Viel nackte Haut, Kunstblut, Glitzer, Sekt und Bier bestimmen das Bühnenbild. Alles ist bunt, alles ist schrill, alles ist laut.
Bei SYSTEM OF A DOWN gibt es weniger Show. Sänger Serj Tankian hält im Gegensatz zu BONAPARTE nicht viel von Bühnenoutfits und betritt die Bühne mit Kapuzenpulli und Jeans, als hätte man ihn gerade vom Sofa geschleift. SYSTEM OF A DOWN brauchen auch keinen Bühnenoutfits, um die Massen in Bewegung zu bringen. Es wird gepogt, wie gerudert – nur stillgestanden wird selten. Einziges Manko ist der nicht optimale Sound, der einen Sänger Serj Tankian nur schwer verstehen lässt. Doch die Töne (die man hört) sitzen. Egal ob laut oder leise, hoch oder tief, geschrien oder gesungen.
Ähnlich, wenn musikalisch auch komplett unterschiedlich, sieht es bei ANNENMAYKANTEREIT auf der Crater Stage aus. Im Rock am Ring/Rock im Park T-Shirt, könnte Frontmann Henning May auch einer der Festivalbesucher sein. Allerdings ein Festivalbesucher mit extrem starker Stimme. Obwohl es ANNENMAYKANTEREIT mit ihrer ruhigen Musik zwischen all den lauten, impulsiven Acts eher schwer haben, schaffen es die Jungs auch ohne Pogo und großartige Mit-Mach-Aktionen schnell die Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen.  Die call and response Mit-Sing-Einlagen überlässt man den amerikanischen Bands. Und dennoch fährt man einmal kurz aus der sonst eher zurückhaltenden Haut und möchte auf Rat von Monchi von FEINE SAHNE FISCHFILET ein Zeichen setzen. Ein Zeichen gegen Homophobie. Und so gibt es einen innigen Kuss von Henning May für seinen Bandkollegen. Als Gäste hat man sich Ferdinand Schwarz und Julia, eine Bekannte die man in der Zeit, als man sich noch keine Hotels leisten konnte, beim Couchsurfing kennengelernt hat, eingeladen.
Das Festival abschließen dürfen MACKLEMORE & RYAN LEWIS. Und jene machen die Prognose von ANNENMAYKANTEREIT direkt wahr. Call and response-Aktionen wechseln sich mit ellenlangen Ansagen ab. MACKLEMORE verwandelt Rock am Ring in eine große Freiluftdisko inklusive Feuerwerk, Dance-Battle und Breakdancern. Ein großer Abschluss, für ein großes Festival.