Manieren und Freundschaft. Zwei Maßstäbe, ein Abend. Für Papa Caruana zählte das Ehrliche und Ehrenvolle hoffentlich mehr, als halberfrorene Seelen heute Abend die Heizkörper im Hamburger Logo. Müde und verhalten wirkt die Reaktion auf die schottischen THE XCERTS, die zaghaft mit „Distant Memory“ ums Eck schauen, dann mit „Slackererpop“ oder „Carnival Time“ doch noch Richtung medium auftauen. Kein leichtes Spiel für das Trio, den Mob aus treuen THE MOVIELIFE - Ergebenen und reservierten bis neugierigen Wärmesuchenden mit kratzigem Indierock aus der sonntäglichen Reserve zu locken. Und im heute überaus „trockenen“ Hamburg schon gar nicht. Herzliche „Hug“-Gesuche und schüchterne Konversationsabsichten erfrieren beinahe im halbleeren Raum.
Bloß minimal gemütlicher wird es für die frischen SuperBowl-Gewinner aus Brooklyn. „Holy Fuck“ könnte kein besserer Opener sein, streckt aber trotz Uhrwerkschlagzeug und dem adrettem Strahlemann Vinnie auch keine Sinnflutwelle nieder. Die New Yorker aus dem HEAD AUTOMATICA/CARDBOARD CITY/BAYSIDE-Zirkel zaubern trotz der mehrjährigen Aktivpause routiniert aus dem Hut – „I Took A Beating“ oder das stachelige „I´ll Be Back Around“ preschen aalglatt und über perfekt abgestimmte „New York Gentlemen“ aus den PA-Boxen. Wer mag, singt mit – wer nicht, klatscht wenigstens laut genug, damit Daddy zu Hause auf den ihm gewidmeten „Brooklyn Dodgers“ – Übersong aufmerksam wird. Über die tourobligatorischen Peniswitze lässt sich dank
„My Second Restraining Order“ hinwegsehen, und mit Glanzersatz für Anthony Raneri´s Gastspiel durch Gitarrist Michael (heute „Sanchez“) Ireland landet auch „The Gravedigger´s Argument“ zielsicher und genau.
Keine Spur von sechs Jahren Pause, keine Zweifel mehr an Caruanas Drogenlektion nach kurzer Erläuterung vor „Amsterdam“. WEEZER´s „Tired Of Sex“ tritt an gegen ein unspektakuläres „Waiting Room“-Cover, von denen I AM THE AVALANCHE eigentlich gar keins nötig hätten. Das herzliche„Gratitude“ erspart verpflichtende Danksagungen, Caruanas Kinderstube jedoch bewegt ihn sogar zur mehrfachen „Erlaubnisnachfrage“ zwischen Zugabe und Whiskeyshot.
Manieren und Freundschaft - davon nicht zu wenig und handwerklich sowie menschlich im hohen Plusbereich. „Avalache United“ - somit auch vor traurig besuchtem Hause eine handfest herzliche Angelegenheit.