Läuft bei GURR – letzte Woche noch Support von ANNENMAYKANTEREIT im Palladium, jetzt verkaufen sie in der Woche drauf das Kölner Helios 37 einige Tage im Voraus schon aus. Verdient? Auf jeden Fall. Die Band um die beiden Köpfe Andreya Casablanca und Laura Lee strotzt vor Kreativität, Coolheit und Authentizität. Gut, dass da die Musik auch stimmt. Und die neue EP „She Says“ gerade in den Startlöchern steht.
Als Supportband sind JEALOUS aus Berlin mit im Gepäck. Das mit Berlin hat mir Facebook gesagt – ich dachte eigentlich eher, dass die drei Mädels aus England sind. Die Ansagen jedenfalls sind auf Englisch und mit Brit-Akzent. Die Musik ist eher simpel und lässt sich vielleicht am treffendsten mit dem Terminus Garage bezeichnen, während die Ästhetik wohl in die Schublade Riot Grrrl passt. Bassistin Dane Joe (toller Name für ein alter Ego!) und Gitarristin Sissy Johnny teilen sich die Gesangspassagen auf und reiben sich des Öfteren die Köpfe aneinander. Generell ist viel Bewegung drin, zumindest auf der Bühne. Davor nur vereinzelt. Irgendwann gegen Ende der Show reißen JEALOUS ihr eigenes Banner ab, warum auch immer. Und ernten dafür einen lauten Applaus, warum auch immer. Mich haut die Show nicht gerade vom Hocker, die Coolheit und Abgefucktheit der Bandmitglieder kommt mir eher artifizell als natürlich vor. Aber das Helios 37 haben sie auf ihrer Seite – der Applaus fällt laut aus.
GURR bewerben wie gesagt auf der aktuellen Tour ihre neue EP „She Says“, heute ist sogar der offizielle Release-Termin. Ein Grund zum Feiern. Wie Andreya später erzählt, hat man das bandintern mit Massagen, die man sich in Münster gegönnt hat, zelebriert. Nackt! GURR eröffnen das Set mit dem Titeltrack (und dem ersten Track) der neuen EP, der deutlich ruhiger und verträumter daherkommt als der durchschnittliche Song der Band. Mir gefallen die Richtungen, in die die Berliner mittlerweile gehen, sehr gut. Das musikalische Knowhow ist da, GURR scheinen einigermaßen zu wissen, worauf sie hinauswollen, da darf man sich Raum zum experimentieren lassen. Da sich Andreya letzte Woche an der Hand verletzt hat, sind GURR heute teilweise sogar zu fünft auf der Bühne. Der Sängerin gibt das mehr Freiraum. Man merkt, wie sehr sie hinter ihren eigenen Songs steht. Kompromissloses Selbst-Abgefeiere aus guten Gründen. Auch die Interaktion mit den ersten Reihen ist vermutlich heute nochmal eine Ecke intensiver – ich kann es aber nicht beurteilen, da es schändlicherweise mein erstes Mal GURR ist. Ich bin baff davon, wie sympathisch und (um das inflationär benutzte Wort nochmal zu bemühen) authentisch die Band rüberkommt. Das macht einfach nur Spaß! Die Meute geht voll mit und darf mit vollster Unterstützung durch GURR ordentlich einen wegcrowdsurfen – heute klappt das sogar mal bis ans andere Ende des Ladens. Ab an die Theke und ein neues Bier holen, im sauna-artigen Helios 37 eine wahre Wonne. Crowdsurfs sollten öfter unter Anleitung der Band stattfinden, dann kommt es nicht nur Verantwortungsdiffusion und folglich nicht mehr dazu, dass man seinen Freunden dabei das Kreuzband reissen lässt. Erkennbare Höhepunkte in einem ohnehin schon grandiosen Set sind „Walnuss“, „Moby Dick“ und natürlich „Hot Summer“. Aber auch „Zu Spät“ kommt gut bei den Kölnern an, und GURR haben witzige Anekdoten dazu auf Lager. Auf ihre zum Song eingerichtete Sorgen-Hotline haben einige Fans ehrliche Nachrichten hinterlassen. Manche haben keine Kohle, manche eine schlechte Zeit, manche sind zu jung für’s Konzert. Kein Problem – GURR schreiben euch einfach auf die Gästeliste. Hat Dagi Bee ihren Gästelisten-Platz eigentlich eingelöst? Die Zugabeforderung ist natürlich vorhersehbar. GURR legen nochmal ein hervorragendes Bangles-Cover hin. Nur dass man nicht wie ein Egyptian walkt, sondern wie ein Shoeman? Wie ein German? Ich vermag es akustisch nicht zu verstehen. Mache aber trotzdem mit. Und danach walke ich um gerade mal zehn Uhr am frühen Freitagabend nach Hause, während andere in Köln-Ehrenfeld auf eine der vielen Parties pilgern. Scheiss Wochenendseminare.