Berlin. Die Stadt der Firstworldproblems. Zur gleichen Zeit an anderem Ort spielte die wundervolle EMMA RUTH RUNDLE. Kurz mal mitleidig die Mundwinkel nach unten und zustimmend Nicken. Danke. Man kann nicht alles haben und die Entscheidung für das heutige Konzert fiel auf MEAT WAVE, welche angetreten sind, den Preis für die lauteste Band der Welt zu beerben. Ein Rückblick.
Als Support starteten GIRLIE aus Berlin. Trotz der Suggestion im Bandnamen besteht die Band aus drei männlichen Mitgliedern. GIRLIE waren mir bislang unbekannt, aber: Hi, bin jetzt Fan. Die Band spielte einen Mix aus Shoegaze, Garagepunk, Dreampop, Postpunk und offenbarte stellenweise Weezer-artige Popmelodien. Großartig. Bereits das reine Zuschauen des gemeinsamen Musizierens der drei Musiker gefiel. GIRLIE luden die Zuhörer mit poppigen Fragmenten in ihre Songs ein, nur um diese daraufhin mit ihrem ekstatischen und dynamischen Zusammenspiel wieder zu zerlegen. Ihr non-stereotypes Songwriting und der Jaming-Charakter des Auftritts sorgten für permanente Abwechslung und Spannung. Toll. Beim nächsten Mal gern als Hauptact. Am Ende des Sets gab es den kurzen Hinweis auf eine Split-EP mit PIGEON und auf die Bandcampseite von GIRLIE. Voilà.
Pause. Meiner Begleitung war das Konzert jetzt schon zu laut, ich fand´s super. Ein Hoch auf die Schwerhörigkeit. Nach kurzem Linecheck ging´s weiter mit dem Hauptact.
MEAT WAVE. Ihr letztes Album läuft bei mir seit einigen Wochen auf Dauerrotation und ist für mich die bessere Alternative zur letzten CLOUD NOTHINGS-Platte. Vorab angemerkt: selbst im Livevergleich gehen MEAT WAVE als eindeutige Gewinner hervor. Nachdem ich CLOUD NOTHINGS vor kurzem im BiNuu gesehen hab, war ich schockiert, wie scheiße diese Band live geworden ist. Also: wer die Wahl hat und so.
MEAT WAVE begannen ihr Set mit "To Be Swayed", welches gleichermaßen das aktuelle Album passend eröffnet. Falls die Band irgendwer nicht kennt: Garagepunk, Noise, Grunge und Postpunk geben sich bei MEAT WAVE (ähnlich GIRLIE zuvor) die Klinke in die Hand. Von Beginn an ist es eine Freude der Band beim Spielen zuzuschauen, so energisch geht die Band zu Werke. Gefühlt wird jeder Song doppelt so schnell als die Studioversion performt, was keinesfalls negativ auffällt. Dadurch schaffen es MEAT WAVE bei ca. einer Stunde Spielzeit auf 17 Songs. Falls mir beim Mitzählen einer durch die Lappen gegangen ist: Sorry dafür. Nach besagtem Introsong folgten zwei ältere Tracks und daraufhin fast das komplette aktuelle Album "The Incessant": "Run You Out", der Titeltrack, "At The Lake", "No Lights" etc... Vor allem beim Letztgenannten war ich erstaunt, dass das Drumset überhaupt noch spielbare Felle besitzt, nachdem Drummer Ryan Wizniak auf sein Schlagzeug einprügelte, als hätte er monatelang Testosteron angestaut, nur um jenes an diesem Abend endlich loszuwerden. Eine ähnliche Show lieferte vor kurzem die Band CROWS im Maze ab.
Die anfänglichen Lärmprobleme meiner Konzertbegleitung konnte ich an dieser Stelle allmählich nachvollziehen. MEAT WAVE wurden von Song zu Song ein Stückchen lauter und reizten die Möglichkeiten der Clubanlage (und die Nerven des Tontechnikers) in vollstem Umfang aus.
Nach "Leopard Print Jet Ski" und "Bad Man" folgten noch mehrere Songs der ersten beiden Platten. Auf Pausen zwischendurch wurde nahezu völlig verzichtet. Wozu auch. Bin ja eh schon fast taub. Mit "Killing The Incessant" wurde das Set optimal beendet. Der Song stellt auch auf der aktuellen Platte das perfekte Outro dar. Als Zugabe folgte ein älterer Song - dann Schluss. Geil. Ruhe. Der kollektive Hörsturz wurde gerade noch abgewendet. Lauteste Band der Welt? An diesem Abend definitiv. Unter gesundheitlichen Gesichtspunkten fällt die Entscheidung beim nächsten Mal dann aber doch auf EMMA RUTH RUNDLE.
GIRLIE
MEAT WAVE