06.06.2014: Rock Im Park - Nürnberg - Zeppelinfeld

06.06.2014
 

 


Wer an diesem Tag für mehr als nur fünf Minuten Radio gehört hat, der hat auch schon die alles bestimmenden Themen dieses Wochenende mitbekommen: Das erste heiße Wochenende, ein langes Wochenende und Rock am Ring/Rock im Park. Und diese drei Themen werden auch das Festivalwochenende bestimmen. Am Freitag ist es bereits heiß und bis zum Feiertag am Montag, dem letzten Tag von Rock im Park, sind noch höhere Temperaturen gemeldet.
Der Freitag ist insgesamt recht ruhig. Gerade einmal sechs Acts treten an diesem ersten Nachmittag auf, die ersten vier nacheinander auf der Centerstage und die letzten zwei nachts auf der kleineren indoor Clubstage.
Erst ziemlich spät, um 15:45 Uhr, eröffnen IN EXTREMO musikalisch das Festival auf der Hauptbühne. Es ist interessant eine Mittelalter-Folkrock-Combo als allererstes auf die Bühne zu schicken, schließlich sind Dudelsack und Hackbrett nicht unbedingt das Massentauglichste. Doch wem es nicht gefällt, der fällt entweder noch auf dem Campingplatz herum, oder verwandelt den hinteren Teil des Bühnenareals in eine Liegewiese. Aber für die „frühe“ Uhrzeit war direkt vor der Bühne doch ziemlich viel los und ihre Fans und Musikhungrige heißen die Siebener Truppe lautstark willkommen. Feuerbälle und martialische Dudelsack-Melodien, sowie eine gelungene Schlagzeugarbeit des Drummers Specki bringen das Ganze in Schwung. Gerade weil ihre Setlist mit Songs von ihrem neuen Album „Kunstraub“ durchzogen ist, das sich teilweise weiter in Thrash-Metal Gefilde vorwagt und so musikalische Abwechslung ins eigene Set bringt, ist ihr einstündiger Auftritt kurzweilig.
Hiernach vollzieht sich ein spannender Genrewechsel (wie es noch häufiger an diesem Wochenende passieren werden soll). ALTER BRIDGE, die „Könige des modernen Hardrock“ wie es im Pressetext heißt, treten als Nächstes auf. Es ist äußerst erfrischend, wie sympathisch und mit viel Freude am eigenen Job auf der Bühne sich die doch schon etwas gealterte Truppe aus Florida verkauft. Und diese Begeisterung für die eigene Musik überträgt sich teilweise bis weit nach hinten in die letzten Reihen. Alter Bridge spielen ein intensives Set und wissen den Bogen zu spannen, als ihre eingängigen und teilweise ruhigen Melodien über das Publikum hinweg wabern. Besonders beeindruckt hat auch Sänger Myles Kennedy, der eine tolle Livestimme an den Tag legt. Und so hört man häufiger Menschen murmeln: „Is zwar ned mei Musig, aber die sin echt gud“
Der bisherige Eindruck ist, dass das mehrheitlich fränkische Publikum zwar entspannt und durchaus enthusiastisch ist, aber nur schwer aus sich herauskommt. Das jedoch schlägt AVENGED SEVENFOLD etwas auf die Stimmung: Man ist es von ihnen zwar gewohnt, dass sie sich manchmal etwas distanziert cool geben, doch jetzt wirken sie teils richtig enttäuscht/genervt von dem Publikum, das nur so schwer in die Gänge kommt. Fans jedoch sind trotzdem auf ihre Kosten gekommen – spielerische Glanzleistungen, persönliche Ansagen, die Stimme des verstorbenen Drummers vom Band und ein Songrepertoire, das die Hymnen aller Alben enthielt.
Die Frage ist: Traut man sich, METALLICA zu kritisieren, oder soll man sie loben, weil sie sich gut verkaufen? Sicher ist, dass Metallica eine wahnsinnig große und vor allem heterogene Fanbase hat. Zum ersten Mal an diesem Tag füllt sich das Bühnengelände bis weit nach hinten, einige schwenken Metallica-Fähnchen und grölen und jubeln schon im Voraus. Der Auftritt beginnt mit einem unüberhörbar lauten Intro über die gigantischen Screens. "Metallica by Request" lautet das Motto der aktuellen Tour, wodurch die Fans durch das Senden einer SMS (Kosten pro Stimmabgabe: 50ct) „über die Setlist entscheiden“ sollen. Nun, das ist allerdings eine nett gemeinte Verkaufsstrategie. Denn die Setlist wurde bereits im Voraus im Internet abgestimmt und man kann nur noch über einen einzigen Song für diesen speziellen Auftritt abstimmen. Das es sich jedoch nur um ein Lied handelt, tritt vor einem umso aggressiveren und endlos wiederholten „Vote, Vote, Vote“ etwas in den Hintergrund. Als das überflüssig lange Verkaufsintro verstummt und die Band endlich die Bühne betritt, platzt der Knoten in der Menge. Jubel, Trubel, Heiterkeit. Eröffnet wurde mit „Battery“ und die Fangesänge werden noch mitgetragen bis zu „Master of Puppets“. Die Fans sind begeistert und das Set läuft richtig gut an, die Stimmung ist auf einem Hoch. Doch dann: Es wird schon wieder unterbrochen, um auf das Vote Of The Day hinzuweisen. Sänger James Hetfield moniert sich über das bisher nur knappe Ergebnis zwischen den drei zur Wahl stehenden Songs und ruft erneut zum Geldausgeben durch SMS-Versand auf. Diese Werbepausen stören den Fluss des Sets. Sie stören aber auch anders: Natürlich ist die Idee schön, seine Fans mitbestimmen zu lassen. Aber es ist auch die Fragen, ob in Zeiten von neuen Medien und Quizshows mit Publikumsbeteiligung Interaktivität denn wirklich immer das Zauberwort ist – oder einfach nur ein Deckmantel für noch mehr Kommerz? Und regen sich nicht Bands wie Besucher immer häufiger darüber auf, dass viele das Konzert nur noch über den „little screen“, den sie zum Filmen vor sich in die Höhe halten und das Konzert nicht mehr echt genießen? Metallica fördern hier das Gegenteil.
Abgesehen davon spielen Metallica ein gutes und solides Set. Nicht wirklich spektakulär, denn man merkt die Routine der Band teilweise zu sehr an und auch einige kleinere Fehler schleichen sich ein. Der Menge jedoch scheint das egal zu sein. Frenetisch feiern sie ihre Metall-Legenden und dürfen sich am Ende noch über Vote Of The Day freuen, „The Day That Never Comes“.