Nahkampf. Kampfsport. SCHUBSEN.
21:15 Uhr, Hamburg, Astra Stube - ohne Treten.
Sturm. Schauer. Hamburger Wetter.
Mit neuem Album im Gepäck zieht es SCHUBSEN aus Nürnberg auf Deutschland Tour. Stühle rücken in Formation. Berlin, Hamburg, Duisburg, Köln, Erlangen und Nürnberg. Viermal quer durch Deutschland, zweimal "zu Hause".
Nach Tourneen mit TURBOSTAAT, HEIM und KARIES nun in kleinerem Rahmen, aber keineswegs unschöner. Freistaat Bayern auf Deutschland Tour.
Wolf-Pullover, Jogginghose, Haftpflichtversicherung - Punk im Jahr 2019.
Jogginghose an. Warm machen.
Nach ausgiebigen Dehnübungen geht es ohne Vorband los. Einstechen. Die Arbeit ruft.
Voll ist es in der kuscheligen Astra Stube in Hamburg eigentlich immer. Auch an diesem Abend. Pünktlich zu den ersten Tönen betreten auch die Raucher die Astra Stube und es wird schnell muckelig warm rund um die Bühne.
Etwas Platz für Sänger Krupski bleibt dennoch im Zuschauerraum. Und dieser wird prompt genutzt. Und wie. Nach dem ersten Lied hagelt es Entschuldigungen vonseiten des Sängers. Warum? Darum.
Bilanz nach dem ersten Song: ein kaputter Mikrofonständer, zwei im Kabelwirrwarr gefangene Bandkollegen, drei, vier, fünf,... irritierte Zuschauer.
„Ein Schritt nach vorne bitte. So viel Platz vor der Bühne tut mir nicht gut."
Der kaputte Mikrofonständer landet in der Ecke, die Astra Stube wird auf die Haftpflichtversicherung der Band verwiesen und Sänger Krupski muss von nun an ohne Mikrofonständer, alleine mit seinem Mikro auskommen. Noch mehr Bewegungsfreiheit. Ob das gut tut?
Wolf T-Shirt, bayrischer Freistaat, direkte Kundenansprache - Punk im Jahr 2019.
Die Show von Sänger Krupski ist eine Mischung aus Genie und Wahnsinn, LOVA A und HUMAN ABFALL, Schauspiel, Komödie und Konzert. Da wird sich mit dem Mikrofonkabel halb erwürgt, gegen Wände geschlagen, das Mikro an die Decke gehängt und die Zuschauer durch starre Blicke und hier und da etwas Körperkontakt direkt in das Geschehen mit eingebunden. Kein Millimeter Abstand. Action, Action.
Unterhemd, Biermarken, Bedürfnisse - Punk im Jahr 2019.
Dass es in der Astra-Stube schnell heiß wird, merkt auch der Bassist der Band, der sich an diesem Abend besonders herausgeputzt hat. Denn unter dem schon schönen Wolf Pullover versteckt sich ein noch schöneres Wolf T-Shirt und darunter wiederum ein weißes Unterhemd. Alles passend kombiniert mit einer grauen Jogginghose. Die Bandkollegen sind beeindruckt. Das Publikum eh.
Für den zweiten (laut Band noch optimistischeren Teil des Konzerts) wählt Hamburg seinen Klassensprecher, der dem Bedürfnis (vonseiten der Band) nach mehr Kommunikation nachkommen soll. Denn Hamburg selbst hat auch nach mehrfachem Nachfragen keine Bedürfnisse. Zumindest an diesem Abend. Keiner muss aufs Klo, keiner hat Durst, keiner möchte etwas sagen. SCHUBSEN reden mit SCHUBSEN. Unterhaltung genug.
Und auch in der letzten Ecke der Bühne, hinter dem Schlagzeug geht es heiß her. Schlagzeuger Tornado gibt alles, springt für das perfekte Ende von seinem Schlagzeug-Hocker und wird dafür mit einem Bier belohnt werden. Biermarke gibts später.
Musikalisch machen es sich SCHUBSEN im Post Punk bequem. Irgendwo zwischen HUMAN ABFALL, KARIES, DIE NERVEN und LOVE A. Verdammt professionell mit der nötigen Portion Humor.
Einflüsse nach eigener Aussage: Remoulade & Rembrandt & Remy Martin & Remmi Demmi. Fast.
Oder anders formuliert: "Am Ende ist es einfach Rockmusik von vier Menschen, die sich von den Aufklebern die Welt erklären haben lassen und ihre ganz eigenen Schlüsse gezogen haben."
SCHUBSEN. Hamburg. Astra Stube. Schön war´s.
"Ist es Flucht, wenn man sich selber jagt?"