Samstag Abend, 19:30. Überraschend früh geht es heute in Heidelberg los. Draußen scheint noch die Sonne und mit über 25 Grad ist es zum ersten Mal richtig warm (in diesem Jahr), sodass es sogar ganz angenehm ist, wenn man gerade nicht am See liegen kann, die kühlere Halle02 zu betreten. (Auch wenn diese es zwischenzeitlich sogar zu gut mit den Zuschauern meint und die Klimaanlage auf volle Pulle stellt, was vor allem die zu spüren bekommen, die direkt unter jener stehen.)
Den Abend in Heidelberg eröffnen darf, wie schon die beiden Abende zuvor, der deutsche Singer Songwriter MISTER ME. MISTER ME ist männlich, 25 und bereits gut drauf, als wir etwas verspätet die Halle02 betreten. Mal mit Band, mal ohne Band unterwegs, setzt MISTER ME heute auf die goldene Mitte und wird, neben sich selbst an der Gitarre, zusätzlich am Keyboard begleitet.
MISTER ME erinnert mit seiner jungen, frischen Art und Weiße zu performen stark an, den zurzeit durch die Decke gehenden, JORIS. Gute Stimme gepaart mit einfachen, im Kopf bleibenden und sich immer wieder wiederholenden Refrains. Wenn man genauer hinschaut oder besser gesagt genauer hinhört unterscheidet die beiden Künstler gar nicht so viel - mit ein bisschen Glück könnte MISTER ME durchaus auch einmal ein Charterfolg gelingen.
Einziger Unterschied: Dass MISTER ME im Hip Hop groß geworden ist, ist unverkennbar. Immer wieder werden die Strophen mehr gerappt als gesungen, mehr geflowt, als klassisch über den Takt gesungen, was jedoch gut zu den Songs und vor allem zum K.I.Z T-Shirt seines Keyboarders passt. Fette Beats sucht man dennoch vergebens. Hip Hop meets Singer Songwriter.
Nach den klassischen 30 Minuten findet der Auftritt sein Ende und es folgen erneut, diesmal allerdings rekordverdächtige, 30 Minuten Umbaupause, die einem deutlich länger erscheinen, bis endlich GLORIA nach und nach die Bühne betreten. Und jene legen direkt, mit 6 Musikern und einem fetten Sound im Rücken, los.
Das einzige Problem, zu Beginn des Sets: Man will Klaas sein Sänger-Ego einfach nicht so recht abnehmen. Erste Miene, ernste Texte, nicht ganz ausgereifte Tanzmoves,… viel zu gut kennt man Klaas aus anderen, nicht ganz so ernstgemeinten Sendungen, bei denen seine Tanzmoves und Gesangseinlagen nur auf den nächsten Lacher aus sind. Heute nicht. Und mit der Zeit gewöhnt man sich auch an die doch ziemlich eigenwilligen Tanzschritte, die Klaas seit der aktuellen Tour, aufgrund seines frisch gekauften schnurlosen Mikrofons, immer öfter zeigt und einem wird klar dass hier nicht „Circus-Halligalli-Klaas“, sondern eben GLORIA-Klaas vor einem steht.
Doch wer gedacht hat das Klaas Heufer-Umlauf, sobald er als Sänger die Bühne betritt, jeglichen Witz und Ironie verloren hat, liegt genau so falsch, wie derjenige der sich auf 90 Minuten Stand Up gefreut hat. Es wird sich über das Leben auf Tour und das damit verbundene, immer größer werdende Kapital an Sanifair-Gutscheinen lustig gemacht, über goldene Bücher von Tankstellen philosophiert und pikante Details über Kollegen, wie UDO LINDENBERG, MARTIN RÜTTER und JEANETTE BIEDERMANN ausgeplaudert. Und trotzdem gerät das Wichtigste nie in den Hintergrund - die Musik. Auch wenn die meisten, wahrscheinlich auch im Publikum, Klaas ursprünglich durch Circus HalliGalli, NeoParadise oder MTV Home und eben nicht als Sänger kennengelernt haben, schafft es Klaas mit seiner Band den Drahtseilakt zwischen ernstzunehmendem Musiker und Fernsehstar zu meistern. Zwar wird das Fernsehgesicht nie komplett abgelehnt, was ihm wahrscheinlich auch nicht gelingen würde, im Vordergrund steht jedoch zu jedem Zeitpunkt der Musiker und seine Band. Und dass diese richtig gut Musik machen kann hört jeder.
Nicht alle Fernsehgesichter, die auf einmal meinen sie müssten sich als Sänger beweisen, können Nichts. GLORIA und damit auch Klaas beweisen das Gegenteil. GLORIA machen keinen 0815-Chart-Pop sondern anspruchsvolle, für sich stehende Musik, die mit Sicherheit nicht jedem gefällt. Da ist hier und da mal ein längerer Instrumental-Part und auch den eingängigen Refrain sucht man bei vielen Songs vergebens. GLORIA sehnt sich nicht nach dem nächsten, großen Charterfolg, sondern nach dem Spaß an der Musik. So wie es eben sein soll, auch wenn ein mehr oder weniger berühmter Moderator am Mikrofon steht.
Da im Anschluss an das GLORIA Konzert noch eine Folgeveranstaltung stattfindet, müssen sich GLORIA immer wieder selbst ermahnen, sich nicht zu sehr in Tour-Stories zu verlieren. Für den klassischen Von-Der-Bühne-Gehen-Und-Warten-Bis-Zugabe-Gerufen-Wird-Move nehmen sich die 6 dann aber trotzdem Zeit. Pünktlich um 22 Uhr und damit passenden zur darauffolgenden Disko-Veranstaltung, haben es die Jungs dann tatsächlich pünktlich geschafft, ihr Set zu Ende zu spielen, ohne einen Song streichen zu müssen. Es wird sich beim Publikum bedankt, noch ein Erinnerungsfoto geschossen und sich in die, noch immer ziemlich warme Nacht verabschiedet.