Anders Olof Wendin hat die halbe Erdkugel bereist, um dann, danach und währenddessen sein neues Album „This Is Where Life Is“ aufzunehmen. Dass der optimistische Schwede aber auch live alltägliche Herausforderungen aus der Hüfte meistert – indem er zum Beispiel alleine bis vier zählen kann – muss und möchte MONEYBROTHER heute unter ca. achthundert Augen beweisen.
Nachdem WOODLANDS´ seichter Akustikfolk mehr als beschwipste Einlaufmusik und zum Wintermantel ausziehen gedient hat darf mit Diana Ross eine zweite markante Lady ran um Hannovers Faust auf den skandinavischen Tanzmarathon vorzubereiten. Vom Band schallt „Baby Love“ – dann sind Orgel, Schlagzeug, Bass sowie Gitarre und Bläsersektion im Nu besetzt. Letztere besteht heute leider nicht aus Gustav Bendt und seinen genial formbaren Entertainerqualitäten, auch ist die Gitarrist(inn)enposition mit einem doppelten Gastspiel von WOODLANDS-Chefin Sarah Wilson abstrakt und gewöhnungsbedürftig besetzt. MONEYBROTHER hält das weder vom Kollektivgedanken noch vom schwungvollen Einstieg in den Samstagabend ab. Wendin grinst und wedelt herzlich mit den Händen, während sich „Don´t Call The Police“ um „Born Under A Bad Sign“ und den Opener „Start A Fire“ windet.
Bis in die Spitzen der beachtlich vorangeschrittenen Haarpracht reichen Enthusiasmus und Tatkraft – und wer kann schon zu „Stormy Wheather“ oder „Blow Him Back Into My Arms“ still in der Ecke rumsauern? Auf der Bühne zumindest keiner der sechs verantwortlichen Charaktere: Mit Drumfills, Mundharmonikasolo, Liebesgeständnissen gegenüber Langzeitpianist Patrik Kolar und umwundenen Gitarrenflirts bekommt jede(r) Musiker(n) sein/ihr Fett weg und seine/ihre Chance zu glänzen. Dennoch lässt ein Blick auf den gut gekleideten und sich an der Posaune verausgabenden „Ersatz“ von Saxophonist Bendt das Original vermissen: Chöre und Unterhaltungsfaktor gelten heute als eher eingehüllt – im Gegensatz zum letzten MONEYBROTHER-Besuch in Niedersachsen vor drei Jahren, wo Stimmung und Temperatur fast durch die Mauerritzen nach außen flossen.
Modeschal und Pomade sind heute legitim und in Verbindung mit den wunderbar ruhigen Soulmomenten natürlich ebenso essentiell wie zu Feuerwerksszenarien „Just Another Summer“ oder „Guess Who´s Gonna Get Some Tonight“, mit dem sich bereits das Finale abzeichnet.
Qualitäten gehen bei MONEYBROTHER auch nach den holprigen Anläufen zu „This Is Where Life Is“ Hand in Hand – selbst wenn Wendin bei soviel Neuzugang im Personal schon mal Bass und Gitarren verwechselt. Ganz recht: Vier Saiten sind es bei Ersterem – also pro glitzerndem Schlagzeugkessel auf der Bühne eine. Was die knappen 90 Minuten Spektakel von „To Die Alone“ über „Real Control“ bis „Blood Panic“ trotz doppeltem Zugabenblock nicht auf die Setliste gedrückt bekommen haben, kann beim Mengenbad am Merchandisestand dann mit Wilson, Wendin und Co. persönlich geklärt werden. Zum Beispiel, ob es nächstes Mal wieder ein Tourbus-Bett für Saxophonisten geben wird. Oder ob wahrhaftig jemand 5,- Euro für ein schlichtes Tourposter verantworten kann. Und vielleicht - ob beim Eintrittspreis von immerhin 23,- Euro an der Abendkasse nicht auch ein „echter“ Support drin sein darf, statt nur einer logistisch cleveren Randlösung aus Portland, Oregon.