08.11.2017: Nails, Teethgrinder, Svffer - Gebäude 9, Köln

13.11.2017
 

 

 

Es ist ein düsterer, kalter und verregneter Mittwochabend. Auf dem Fahrrad nervt mich dieser Umstand noch sehr, aber andererseits stimmt mich das Wetter super auf meine restliche Abendplanung ein: Zweieinhalb Stunden Grind, Hass und Geballer. Um Punkt 20 Uhr betrete ich den Konzertsaal des Gebäude 9s in Köln-Deutz und Svffer beginnen ihr Set vor einem noch schlecht gefüllten Haus. Die Band aus Münster und Berlin eröffnet auf zwei Dates der aktuellen Nails Tour den Abend. Neben Hamburg so zum Glück auch in Köln. Die seit 2013 existierende Gruppe spielt einen Mix aus Grind- und Hardcore und stellt für mich an Ideenreichtum im Songwriting die diverseste Band des Konzertes dar. Jeder Song muss zwar ein paar obligatorische Blast- und D-Beats enthalten, insgesamt liefert das Quartett aber durch ihr gesamtes gut 25-minütiges Set komplexe und interessante Songstrukturen. Die zahlreichen Tempiwechsel und vielen Parts und Bausteine, die man nicht kommen sieht, bevor sie da sind, überraschen einen meist positiv und halten mich der Stange. Zudem holt Sängerin Leonie eindrucksvoll das letzte Quäntchen Energie aus ihrer Stimme heraus und bewegt sich tranceartig im blauen Nebel. Die Band macht also auch performancemäßig das Beste aus den wenigen Quadratmetern, die ihnen bei gut zweieinhalb vollen Backlines im Rücken noch bleiben. Dass ein Song übersprungen werden muss, weil der Drummer grade nicht mehr weiß, wie dieser geht, macht die Band eher sympathischer und unterstreicht ihren punkigen Vibe. Schade, dass sich viele ZuschauerInnen entschlossen haben, die erste Band draußen abzuwarten.

 

Die Holländer von Teethgrinder legen im Anschluss noch eine Schüppe an Düsternis und Härte auf Svffer drauf. Mehr Bühnenbeleuchtung weicht der Schwärze und der Abend bewegt sich langsam aber sicher vom Crust Richtung vollblütigen Metal. Weniger Diversität im Songwriting und dafür mehr Druck und schnelles Metalriffing sind hier die Devise. Die Hand von Frontmann wird das ein oder andere Mal mit gespreiztem kleinen und Zeigefinger auffordernd erhoben und gerade die Crowd in Patch-übersäten Kutten erwidert die Geste willig. Meinem Geschmack nach hat die Band allerdings nach guten zwanzig Minuten mehrfach alles gezeigt, was ihre Songs interessant macht und überspannt den Bogen danach etwas ins langweilige. Wirklichen Fans macht das bestimmt nicht viel aus, aber ich habe einfach irgendwann das Gefühl, dass ich jeden Song an einer frühen Stelle des Sets in ähnlicher Version schon einmal gehört habe.

 

Um kurz vor 22 Uhr steht nur noch eine letzte Backline auf der Bühne und das riesige Banner, was ihre komplette Rückseite bedeckt, wird endlich angestrahlt: Nails steht drauf und davor nehmen die vier Amerikaner ihre Plätze an den Instrumenten ein. Leider verdeckt eine schicke schwarze Motorradfahrer-Lederjacke mit ihrem aufgestellten Kragen die stirähnliche Nackenmuskulatur von Sänger Todd Jones, die in den Videos der Band so brachial zum Einsatz kommt. Dafür spielt der Bassist direkt oberkörper-frei. Na gut. Bei den ersten Tönen aus den Gitarrenboxen vibriert meine Lunge und ich bin mir relativ sicher, noch nie einen so harten und doch klaren Gitarrensound gehört zu haben. Nails spielen in den kommenden 25 Minuten locker 14 Songs ohne viel Gelaber und mit einer Selbstverständlichkeit, als wären sie gerade im Proberaum. Die Ansagen von Jones gehen leider kaum über die Namen der Songs (oft natürlich geshoutet) und Komplimente an die solide Crowd an einem Mittwochabend hinaus. Auch verbringt er gut die Hälfte ihres Hits „You Will Never Be One Of Us“ damit, mit dem Bühnentechniker zu reden anstatt zu singen. Die Tightness, die Klanggewalt und das musikalische Vermögen der Band sind wirklich absolut beeindruckend und lassen mich die knappe halbe Stunde in Schockstarre angewurzelt dastehen, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sie die Show eher freundlich abarbeiten als sie wirklich zu genießen. Andererseits hatte ich auch nicht gerade emotionale Ausbrüche von der Bühne erwartet. Ohne Zugaben beenden Nails um viertel nach zehn konsequent im „no Bullshit“-Stil den Abend und halten ihr Set so zwar recht kurz, aber sorgen auch dafür, dass jede Sekunde unterhaltsam bleibt und man nicht bei Grindcore Song 23 irgendwann anfängt auf die Uhr zu schauen.