Dominik Gerwald sieht zum Glück nicht so zerbrechlich aus wie man anhand seiner Stimme passagenweise annehmen könnte. Stilecht steht der schüchterne Frontmann mit Karohemd und Winterstiefeln im roten Scheinwerferlicht während draußen der Regen fast lauter vom Himmel prasselt als es der Opener „All Night Long“ in den gemütlichen Räumen des Gut e.V. übertönen kann. Mit Glasbehältern anstoßen, husten oder ein Meinungsaustausch zum Geschehen will gut getimt sein – denn YASMINE TOURIST und ihr träumerischer Folkpop verdienen die volle Aufmerksamkeit.
Wenn Sitzgitarrist Max Steinert sich an der Pedal Steel verausgabt, Felix Meyerle zu seiner rechten bei „Of Fly And Bird“ gleichzeitig Xylophon und Orgel zu versorgen weiß oder Gerwald selbst verwegen von seiner geliebten Katze „Lakritz“ (?) schwärmt, wirken die vielen Kerzen und die Saalbestuhlung irgendwie kaum noch kitschig. Glücklicherweise wagt kein Telefon zu klingeln, während „Give All Up“ verzaubernd durch die Reihen schleicht, die Stuttgarter mit bis zu fünfstimmigen Harmoniegesängen alle Register ziehen und „Blue Moon“ mal eben gegen Winter und drückende Kälte ein Hausverbot verhängt . Setzt Joscha Brettschneider ein Gitarrensolo an, passen Sound, Lautstärke und Dringlichkeit stets unter Garantie zusammen – genauso funktioniert der Rest der sechsköpfigen Band als eine wärmende Einheit.
Neben „Dollar Sin York“ schafft es auch ein einsamer Nicht-Albumtrack ins Set von YASMINE TOURIST, welches zwar ohne Supportband, aber bei Weitem nicht ohne Zugabenblock durch den Abend führt. Auch nach über 70 Minuten verliert Hannover keineswegs das Interesse am zart gestrichenen Americana-Sound und den detailverliebten Arrangements der schwäbischen Band, die ihre Zeit auf der Bühne glücklicherweise zum Großteil ohne technische Probleme nutzen kann. Denn zwingend überbrückende Tourerzählungen aus den vergangenen Tagen – wie sie zum Gitarrensaitenwechsel letztlich unvermeidbar sind - bleiben heute die einzigen Momente, die man schnell wieder aus dem Gedächtnis streichen darf.