Samstag, 09.Juli 2016 – während es der Wettergott mit den meisten Festivals (in diesem Jahr) nicht besonders gut meint und mit Regen, Sturm und Gewitter für Festival-Abbrüche in ganz Deutschland sorgt, hat sich Zeus an diesem Wochenende, im Saarland, einmal frei genommen und stattdessen die Sonne vorbei geschickt. Da können die großen Festivals nur neidisch zuschauen.
Und so ist das Styling, beim diesjährigen VOLCANO Festival in Theley, auch relativ gleichgeschalten: T-Shirt, kurze Hose, Sonnenbrand. Allzu sehr wurde die weiße Punker-Haut in diesem Jahr ja auch noch nicht von der Sonne beansprucht. Und als wäre das Wetter nicht schon Freude genug, werden dazu auch noch 10 Bands serviert. Geht’s noch besser?!
Den Tag eröffnen dürfen ATMEN, WEITER… aus Landau/Mainz. Die Jungs spielen durchdachten, klugen Deutsch-Punk, wie man ihn an diesem Abend noch öfter zu Ohren bekommt. Die Auswahlkriterien des VOLCANO Festivals beschränken sich in diesem Jahr hauptsächlich auf folgende Punkte: deutschsprachig, männlich und grob dem Genre Punk zuzuordnen. Das war’s. Und schon hat man beste Chancen ins Line Up aufgenommen zu werden. ATMEN, WEITER… passen somit perfekt ins Raster: Deutschsprachiger, männlicher Punk - Sympathisch und mit voller Inbrunst vorgetragen, auch wenn das Festivalgelände, aufgrund des frühen Slots, noch nicht besonders gut besucht ist.
GIULIO GALAXIS, im Anschluss, schlagen in dieselbe Kerbe, wenn auch vielleicht etwas simpler bzw. eher im klassischen Punk zu verordnen als ATMEN, WEITER… . Zum ersten Mal in neuer Besetzung spielen die Jungs ihr Set professionell von vorne bis hinten durch. Das wirklich gute Debutalbum verliert auch live nicht an Power. Feuertaufe überstanden.
Als dritte Band dürfen AGAINST REMAIN, die tatsächlich einzig englischsprachige und dazu auch noch einzige Band mit weiblicher Frontfrau auf dem VOLCANO Festival, auf die Bühne. Aufgrund kleinerer Umbauprobleme verschiebt sich der Zeitplan ab hier ein wenig nach hinten (im Laufe des Abends landet man in etwa bei einer Verschiebung von rund 30 Minuten). Es bleibt allerdings immer noch alles im Rahmen.
Obwohl AGAINST REMAIN aus Merzig stammen und damit eigentlich Heimvorteil haben müssten, will der Funke nicht so recht auf das Publikum überspringen. Anstatt sich vor der Bühne, in der Sonne, den Nacken verbrennen zu lassen, sitzen die meisten lieber an der Seite, im Schatten und lauschen von dort eher unaufmerksam den härteren Klängen von AGAINST REMAIN. Und trotzdem versucht Frontfrau Nina alles um das Publikum, etwas unbeholfen, zum mitklatschen, mitsingen und mitpogen zu animieren. Funktioniert leider eher semi-gut. Naja,…
Für MUFASA OZORA wird der Sonnenbrand dann wieder im Kauf genommen – jene spielen schließlich auch (eeendlich) wieder Deutsch-Punk. Und wie. 5 Mann, teilweise 5-stimmige, eingängige Refrains, bringen nicht nur die Band, sondern auch das Publikum zum Schwitzen(, was an diesem Tag aber auch nicht besonders schwer fällt) und mit singen.
Nach MUFASA OZORA geht es dann endlich in die Vollen. Während man ATMEN, WEITER…, GIULIO GALAXIS, AGAINST REMAIN und MUFASA OZORA noch als regionale Voracts, die jedoch wirklich allesamt etwas auf dem Kasten hatten, zählen konnte, ist DER DICKE POLIZIST der erste „größere“ Act des Tages, was man auch auf dem immer voller werdenden Festivalgelände sieht.
DER DICKE POLIZIST kennt seine Trümpfe, aber auch seine Schwächen und spielt viel Altes, gemischt mit ein paar neueren Stücken. Muss halt auch mal sein.
Ähnlich gehen es auch CAPTAIN PLANET an, die eine bunte Mischung aus 13 Jahren Bandgeschichte zum Besten geben. Mit D.I.Y-selbstgemalten/geschriebenen A5-Papier-Backdrop, auf dem in Großbuchstaben schlicht CAPTAIN PLANET seht und extrem starker Setlist, bringen CAPTAIN PLANET Theley zum mit singen und durchgängigen grinsen. CAPTAIN PLANET machen einfach einzigartig schöne Musik, bei der es sich immer lohnt auf ein Konzert zu gehen, vor allem da die Jungs eher selten auf Tour sind.
MARATHONMANN dagegen sind öfter auf Tour und auch im Thema „Album schreiben“ etwas aktiver als die Hamburger. „Mein Leben Gehört Dir“, welches erst im März erschien, ist Album Nummer 3, der seit 2011 bestehenden Band. MARATHONMANN überraschen mit einer energiegeladenen Show. Mich (persönlich) haben die Songs, nach dem Monster-Brett „Die Stadt Gehört Den Besten“, etwas enttäuscht. Live dagegen funktionieren die Lieder wunderbar. Die Leute singen lauthals mit und tanzen sich die Füße wund. Manchmal funktionieren Songs eben live besser als auf Platte.
Kurz vor den Headlinern der ANTILOPEN GANG und den Co-Headlinern TURBOSTAAT reihen sich noch ROGERS in den Zeitplan ein. Dass die Düsseldorfer Fans der großen Posen sind ist ja bereits bekannt. Und auch heute werden wieder massenhaft davon geboten. Eine große Show bieten, Live-Konzerte spielen – das können ROGERS, auch wenn das ganze teilweise, auf den kleinen Bühnen, etwas abgehoben rüber kommt. Dennoch gehen die Leute mit und zollen ROGERS den nötigen Respekt.
Mit einsetzender Dunkelheit betreten TURBOSTAAT die Bühne - die ungekrönten Headliner des Abends. TURBOSTAAT bieten (wieder einmal) eine bestechend gute Show inklusive perfekter Setlist, wenigen Ansprachen, dafür aber umso mehr Musik. Es gibt keine Punk-Band im deutschsprachigen Raum die dermaßen professionelle und beständig gute Shows abliefert. Keine Ausrutscher, keine Schwachstellen. TURBOSTAAT sind immer gut und das ohne langweilig zu werden.
Zum eigentlichen Headliner des Abends (der ANTILOPEN GANG) leert sich das Festivalgelände ein wenig. Der Kontrast zwischen (8(!!!) Mal) Deutsch-Punk und (einmal) Deutsch-Rap ist nun mal doch extrem hart gewählt. Und dennoch kommen die ANTILOPEN gut an. Wahrscheinlich auch weil ihr Punk-Background nicht zu verkennen ist. „Anti-Alles Aktion“, „Fick Die Uni“ und spätestens das SLIME-Cover zu „Bullenschweine“ laden den Deutsch-Punk Fan zum pogen ein.
Auch wenn DIE ANTILOPEN GANG etwas aus dem Raster fällt, passen die Jungs doch irgendwie gut ins Line Up und bringen jede Menge Spaß. DIE ANTILOPEN GANG nimmt sich einfach selbst nicht zu ernst und bietet lustige, wenn auch einstudierte, Ansagen, spielt den (vor)letzten Song („Alkilopen“) akustisch im Publikum, stagedivet und hat keine Angst davor als Rap-Combo auf einem Punk-Festival zu spielen.
Das VOLCANO FESTIVAL ist ein wunderschönes, kleines, selbstorganisiertes Ein-Tages-Festival, das nicht darauf abzielt den großen Reibach zu machen, sondern den Leuten ein schönes Musik-Erlebnis bescheren möchte.
Sowohl die Ticket-Preise (25€ plus Gebühren), als auch die Essens- und Getränke-Preise sind fair (Veganer-Burger: 2,50 €; Pommes: 2 €; Nudeln: 2,50 €; Bier(0,33l): 2 €), die Bands allesamt harmonisch gewählt und es herrscht stets eine positive Grundstimmung auf dem Festivalgelände. Die Bands, die gerade nicht mit abbauen, aufbauen oder spielen beschäftigt sind, sind beinahe durchgängig vor der Bühne anzutreffen, um den Kollegen zu lauschen. Die Stimmung ist stets familiär und gleicht beinahe einem Klassentreffen, bei dem sich vor allem die Bands freuen sich gegenseitig wieder zu sehen.
Während im einen Teil des Festivalgeländes im Skatepark geskatet werden kann, informieren am anderen Ende verschiedene, antifaschistische Gruppen über ihre Arbeit und bevorstehende Demonstrationen. Musik, gutes Essen, Politik, Sport,… und das alles zu fairen Preisen.
Das VOLCANO FESTIVAL ist etwas für jeden Deutsch-Punk Fan und entwickelt sich immer mehr und mehr zur Pflichtveranstaltung.
Bis nächstes Jahr!