Und so stehen planmässig die lokalen Newcomer von THE AUGUST bereits um etwa 19 Uhr auf der Bühne. Auf diese Band war ich im Vorfeld besonders gespannt, da sie ja angesichts der bereits relativ breiten Fanmasse einiges zu beweisen hat. Mich weiß der Fünfer ungelogen von der ersten Minute des Sets an zu überzeugen. Präsentiert werden Songs, denen man die Hingabe und die technische Versiertheit wirklich anhört. So erreicht der Sound der Band durch die melodischen Gitarren sehr viel Tiefe. Kombiniert man diese teils metallischen, teils sehr harmonischen Melodien mit dem Schrei- und Cleangesang des Sängers Borzak, kommt man zumindest nach meiner Rechnung auf Musik in Richtung der Architects. An diese Band erinnert mich der Auftritt am meisten. Möchte man den rapiden Aufstieg der englischen Youngster-Kapelle nachahmen, hat man sich einiges vorgenommen. Was jedoch bei The August angesichts der Tatsache, dass es (wenn ich das richtig verstanden habe) erst ihr drittes Konzert ist, abgeht, ist eigentlich total über dem Mittelmaß! Eine weitere Referenz wären soundtechnisch Misery Signals.
Mehr als nur ein Dutzend voll Kids springen durch den ganzen Raum, diven und moshen was das Zeug hält. Beim Songwriting hat man auf alles geachtet, sodass die Meute in Bewegung bleibt. Es gibt ruhige Pausen zum durchatmen, Moshparts, Clean-Gesang-Teile und sogar ein Intro von der Platte wird schön in die Performance eingebunden. Auch das können des Drummers beeindruckt mich sehr. Um also zusammenzufassen, punkten The August ganz klar was Bühnenshow, Songwriting, Resonanz der Fans und vor allem Sound betrifft. Der Sound sollte bei keiner anderen Band an dem Abend mehr so gut werden. Das hört sich für mich wirklich wie aus dem Ei gepellt an. Ein kleines Manko ist eventuell die Fremdscham, die ich teilweise bei den Ansagen verspüre. Borzak, den man schon von So Far Away kennt, erzählt, dass diese Band nicht tot ist und an neuem Material arbeitet. Das geht natürlich klar. Da werde ich sicher reinhören. Ein bisschen weniger klar (aber es ist immer noch vollkommen okay) geht sein ausgiebiges Lob an die Aschaffenburger Szene. Ich gehe absolut konform, ich finde es absolut beeindruckend, wieviele (auch sehenswerte) Bands von dort kommen und auch was heute für diesen Preis auf die Beine gestellt wurde ist überdurchschnittlich gut. Jedoch wühlt er die Tatsache auf, dass die Aschaffenburger Szene einen sehr schlechten Ruf hat. Ich denke wenn man etwas daran ändern will, sollte man die Thematik nicht aufgreifen und eventuelle Feindseligkeiten weiter anfachen, sondern einfach beweisen, dass man es besser kann. Das tut die Band auch ohne minutenlang den Stolz auf die lokale Szene zu predigen, da die Musik super ist. Für Außenstehende, die vielleicht ohnehin voreingenommen sind, könnte sich das „arrogante“ Bild das man von der Stadt hat, bestätigen. Ich habe ein solches Bild nicht, da ich bisjetzt nur positive Erfahrungen mit den Leuten von „Kids on the Move“-Shows gemacht habe. Als es auf das Ende des Set zu geht, macht mich allerdings eine Aussage über Religion (den Glauben daran zu verlieren) ziemlich stutzig, da sie sich sehr 0815-mäßig anhört, kaum ausgeführt wird und auch nicht wirklich authentisch ist. Da sollte man bei weiteren Shows vielleicht mehr Wert auf konkrete Aussagen legen und nicht auf stumpfe Aussagen à la „Fuck the System“ legen. Nur als kleiner Tipp. Alles in Allem aber Daumen hoch. Ich fände es sehr ungerecht wenn diese Band keine Progression nach oben erfahren würde, das Potenzial haben The August für mich ohne Frage.
Today We Rise verpasse ich leider im Rahmen des Interviews mit The Carrier komplett. Ich hoffe das ist vertretbar.
Mit den Dead Swans aus Brighton ist jetzt der Co-Headliner dran. Einige Fans sind spürbar heiß drauf und das negative Bild aus dem Hamburg-Review würde sich heute wohl nicht bestätigen. Ohnehin halte ich die Dead Swans nicht für „bemüht“ (wie es dort hieß), sondern für durchaus sehenswert, ambitioniert und sehr wohl authentisch. Klar bin ich nicht der Einzige im Raum, dem die „Southern Blue“ wohl besser gefällt als das neue Output. Das merkt man auch ganz klar an den Fanreaktionen auf neue und alte Tracks. Dennoch geht eigentlich über das ganze Set verteilt was ab. Eröffnet wird mit dem ersten Song von besagtem „Sleepwalkers“, nämlich „Thinking of You“. Einer der besseren Songs, der wie man sieht auch verhältnismässig mitsingbar ist. Es stimmt jedoch dass der Senkrechtstarter von der Insel nur langsam in Fahrt kommt. Anfangs geht da definitiv weniger als zum Beispiel bei The August, die zweite Hälfte des Auftritts gewinnt jedoch klar an Qualität. Vielleicht liegt das auch an der mitreißenden Performance auf der Bühne, denn vor allem der Bassist Benjamin reißt wieder vom feinsten ab. Auch Sänger Nicholas wird erfreut sein, dass einige Kids für seine Band rausgekommen sind. So hat das Set seinen Höhepunkt wohl bei den Songs „Lines of Seperation“, „20/07/07“ und als letztes „The Hanging Sun“, bei denen das Publikum Ausdauer beweist. Zugabe wird gefordert und zu meinem Erstaunen kommt der Fünfer auch erneut raus, um mit „Fix Me“ ein BlackFlag-Cover zu präsentieren. Mit der AYS-Version des Songs können die Dead Swans meines Erachtens ganz gut mithalten. Gefehlt hat mir in dem Set „Ivy Archway“, der subjektiv eingeschätzt beste Song des neuen Albums und „Dead Until Dark“. Dennoch bestätigen die Brightoner ihre Stellung und haben ihren Job als Support für The Carrier gut gemacht. Die Leute sind aufgewärmt.
Wärme ist ein gutes Stichwort, denn beim Auftritt von THE CARIER, vor allem gegen Ende hin, kippt man bei der Hitze im Raum fasst um. Sind schon relativ viele Leute gekommen, da wird der eigentlich ausreichend große Raum schnell ziemlich eng. Das soll jedoch niemanden dran hindern, die Bostoner Band bestens zu unterstützen. Zieht man mal Vergleiche zu der Tour mit Killing the Dream im letzten Jahr, hat The Carrier heute sicherlich 2 bis 3 Mal so viel Leute vor der Bühne, was sicherlich auch daran liegen mag, dass die meisten für diese Band gekommen sind. Gleich beim ersten Song, „No. 51“ zeigt sich die Textsicherheit des Publikums und die Leute springen aufeinander um ans Mikrofon zu kommen. Wirklich schön anzusehen, welchen Erfolg die verhältnismässig junge Band aus den Staaten hier hat. Die beschriebene Energie wird beträchtlich lang aufrecht erhalten und so werden natürlich im Laufe des Sets auch noch die anderen beiden Songs der „No Love Can Save Me“ EP dargeboten, was wohl 3 der Höhepunkte dieses Abends sind. Aber auch Fans des ersten Albums, „One Year Later“, kommen nicht zu kurz. Für meinen Geschmack stechen hier vor allem die Tracks „Wasted“ und natürlich das ruhigere „Panicstriken“ hervor. Es ist schade, dass die Band solche „softeren“ Elemente wohl zukünftig aus ihrem Sound verbannen will (siehe Interview). Die Kids werden kaum müde und so nimmt Sänger Anthony über eine halbe Stunde lang ein Bad in der Menschenmasse. Relativ abrupt endet dann der nicht übermässig lange Auftritt, der mir kürzer als der von den Dead Swans vorkommt. Wäre der Sound etwas besser gewesen (der war bei The Carrier leider unter aller Sau) dann wäre das ein super Einstieg gewesen und ein Konzert, dass 2010 erstmal hätte überboten werden müssen. Aber das waren wirklich keine kleinen Mängel, über die man hinwegsehen kann, in meinen Augen. Auch wenn mir das ein bisschen den Gig versaut hat, sollte man die Band im Hinterkopf behalten. Wiederkommen wird sie sicher. Den vielen Leuten, die Have Heart, Verse, Modern Life is War und co. hinterhertrauen, sind The Carrier ja nicht ohne Grund ans Herz gewachsen.
Unter dem Strich verlasse ich die Katakombe erneut mit einem zufriedenen Grinsen und der Blick auf die Uhr schockiert auch nicht. Die Leute, die montags früh raus müssen (wird wohl die Mehrzahl sein) werden dankbar sein. Im Rahmen der Trapped Under Ice Tour kann man Aschaffenburg also ohne Bedenken wieder einen Besuch abstatten.