Schön, dass Amerika nach geisteskranken Predigern aus Tom Pettys Heimatstadt (Gainesville darf man ja schon fast nicht mehr sagen...) und der endzeitartigen Explosion eines ganzen Stadtteils nahe San Francisco auch mal wieder etwas Gutes verlauten lässt: Nothington aus der Bay Area touren durch Deutschland.
Es ist bereits dunkel draußen und die Meute an Gestalten, die sich den Freitagabend vor dem Stumpf rumtreibt, ist eine doch ansehnlich große Menschentraube. Was aus den Kellernräumen schallt, hindert allerdings wohl so manchen Besucher am warm werden. Laute, schleppende und düstere Töne von Kollwitz aus Norwegen machen den Start in den Abend schwer. Zwischen Doom, Metal und experimentellem Krach bolzen die 6 extrovertierten Herren eine gute halbe Stunde lang synthesizer-gespickten Slowmo-Core (Schublade, Schublade!) in den Raum, der handwerklich durchaus taugen mag, aber an Stimmung und Schwung eher böse zerrt. Die frische Luft vor dem Stumpf gewinnt.
All Aboard aus Mönchengladbach bitten nach der norwegischen Pyjamaparty zurück in die Kellerräume und bieten rauhen, aber poppigen Punkrock mit einem schlagfertigen Axel Stein Doppelgänger am Schlagzeug und dem (rein äußerlichen!!!) Spiegelbild von Brian Fallon an Hagstrom und Stimme. Da schmeckt das Bier zwar schon anders, aber der Fuss will doch nicht stetig mitwippen, schleppt das Quartett sich doch eher mühsam und auf Dauer monoton zwischen alten Descendents und englischen Turbostaat hin und her. Fehlt nur noch ein überflüssiger Coversong am Ende des Sets.... - na also, auch abgehakt! Danke sehr.
Im Hause um die Ex-Tsunami Bomb/Timespentdriving/Enemy You-Rocker gibt es Whiskeyshots zum Linecheck, das T-Shirt kann man mittlerweile getrost schon vor dem Gig ausziehen. Nach technischen Verzögerungen - Teile des Stumpfmobs sind schon ganz aufgeregt - brechen Nothington mit "A Mistake" los. Bitte in der ersten Reihe melden, wer Fäuste mitgebracht und zu Hause das Lyricssheet studiert hat. Vorbildlich. Ein Hauch der Stimmung vom letztjährigen "Fest" in Gainesville wird im Autor wach und mit "Bottom Line" oder "Not Looking Down" wird der feiernde Keller bei Laune gehalten. Wenn doch manchmal fraglich, wie die Band im Studio in der Lage ist, mit einem anscheinend Timing-losen Trommler und Saitengrobian Jay aufzunehmen, so entschudligt die Flatratefeier mit Whiskey und Bier die Band nach beinahe jedem Song. Man muss eben klare Prioritäten setzen. Undenkbar kurz wirken leider die 50 Minuten, die die Kalifornier (ganz ohne Bärte und Karohemden) den Gröhlfaktor heben, der in den Endrunden mit "If You Say So" oder "Where I Stand" rotiert. Whiskey leer, Stimme gegen Grinsen getauscht. Eine bessere Einleitung ins Wochenende kann es nicht geben. Hut ab auch vor den Merchpreisen wie zu D-Mark-Zeiten. Ach ja, Nothington wissen ja Prioriäten zu setzen. Leider keine Fotos, weil links die Faust, rechts das Bier. So war heute das Gesetz.