Gegen 22 Uhr neigt sich in Batschkapp Frankfurt ein in vielerlei Hinsicht wundersamer Abend zu Ende. „22 Uhr“, werden hier schon einige fragen, „da spielt doch normalerweise erst der Headliner!“ - aber nicht an diesem Konzertabend. Aber fangen wir einmal ganz von vorne an.
Die Batschkapp ist sehr gut gefüllt, als die Finnen von SWALLOW THE SUN pünktlich um 19.25h die Bühne betreten. Mit einem Mix aus altem und neuerem Material ihres aktuellen Albums „The Emerald Forest And The Blackbird“ versuchen die sechs Jungs das Publikum von sich zu überzeugen. Ein Hauptproblem bei diesem Vorhaben ist jedoch, dass die Gitarren heute Abend viel zu leise sind und so oftmals vom Keyboard übertönt werden, welches sich eigentlich eher im Hintergrund befinden sollte. Als zweites Problem entpuppt sich im Laufe des Auftritts Sänger Mikkos Stimme, die gerade in den eher ruhigeren Passagen und Liedern wie „This Cut Is The Deepest“ etwas drucklos daherkommt. Hier hätte eines seiner Bandmitglieder aushelfen können. Neben diesen Aspekten spielen SWALLOW THE SUN ein leidenschaftliches Set, können mit neueren Songs wie „Hate, Lead The Way“ genauso punkten wie mit dem abschließenden Bandgassenhauer „Swallow (Horror Pt.1)“. Man merkt der Band ihre Bühnenroutine an, alles ist perfekt abgestimmt und greift ineinander! Es wird Zeit, dass die Sechs auch mal eine Headliner-Tour spielen, um neben dem Titeltrack des aktuellen Albums auch einmal andere überlange Songs in die Setlist zu packen!
Danach macht sich das Erstaunen breit, als nicht wie auf dem Tourplakat angekündigt die Norweger VREID, sondern direkt PARADISE LOST die Bühne betreten. Mit dem „Icon“-Klassiker „Widow“ starten die Engländer überraschend in ihr Set, wissen dabei aber das gesamte Publikum auf ihrer Seite. Im Laufe des Auftritts fokussiert man sich auch nicht auf das im April erschienene „Tragic Idol“, sondern serviert Lieder aus jeder Periode. Das einzige Werk, dass PARADISE LOST aussparen, ist das noch immer kontrovers diskutierte „Host“. Schade ist auch, dass sie das starke 2010er „Faith Divides Us, Death Unites Us“ nur mit dem gleichnamigen Titel bedenken. Der Stimmung in der Batschkapp tut dies jedoch keinen Abbruch. Das Publikum nimmt alle Songs gut auf und weist auch bei den neuen Liedern Textsicherheit vor. Vor allem „In This We Dwell“ kann hier in den Ring geführt werden.
Die Band ist gut aufgelegt und serviert den Zuhörern alte wie neue Songs ohne Probleme. Nur einmal, im „Shades Of God“-Stück „Pity The Sadness“ schlägt die Technik Mastermind Greg Mackintosh ein Schnippchen. Die Gitarre fällt gegen Ende dieses Lieds aus und die Band ist gezwungen es abzubrechen. Der guten Atomsphäre tut dies jedoch keinen Abbruch. Nach einem Zugabenblock von vier Liedern und dem abschließenden „Say Just Words“ verabschieden die Briten die Zuschauer in den verregneten Frankfurter Abend – von Nacht möchte man um 22 Uhr noch nicht sprechen. Dieser Umstand ist wohl so zu erklären, dass schon um 23 Uhr die reguläre Wochenende-Disco in der Batschkapp beginnt.
Manch einem wird die PARADISE LOST-Spielzeit von knapp eineinviertel Stunden etwas zu kurz gewesen sein, die meisten Besucher verlassen die Batschkapp jedoch mit einem zufriedenen Lächeln. Es gab schließlich zwei Bands zu sehen, die ihr Handwerk verstehen und das Publikum mitzureißen vermochten.