Alt trifft auf neu, neu trifft auf alt. Besser könnte man den gemeinsamen Konzertabend von den SLYDIGS und THE WHO in der voll gepackten Schleyerhalle in Stuttgart nicht beschreiben. Schon in den USA waren sie gemeinsam auf Tour, jetzt ist auch Deutschland dran. Ein Gefühl der Nostalgie bestimmt den Abend, doch die SLYDIGS hauchen dem angestaubten Rock-Sound aus den 60ern neues Leben ein.
Sie sehen aus wie eine Mischung aus den BEATLES und OASIS. Lässig tragen sie bunte Sakkos, Ansteckblumen, enge Jeans und Sonnenbrillen. Die Haarschnitte sehen teils so aus, als hätte der verantwortliche Friseur sich ordentlich verschnitten. Aber das ist alles so gewollt. Die SLYDIGS scheinen rein äußerlich aus der Zeit gefallen zu sein. Die vier Jungs aus Warrington in England verkörpern das Lebensgefühl der 60er mit einem Schuss Modernität. Ihre Musik bewegt sich irgendwo zwischen den Bands, denen sie modetechnisch ähneln. Die Traurigkeit von OASIS trifft auf den Lebensmut der KINKS. Bassist Pete wirkt so, als hätte er auch schon mit der ein oder anderen bewusstseinserweiternden Substanz in Kontakt gestanden. Er performt in seiner eigenen Welt. Dem Publikum gefällt’s. Zwar sitzen noch alle in der komplett bestuhlten Schleyerhalle, aber mitwippen geht auch so. Großen Applaus ernten die SLYDIGS nach dem ruhigsten Song des Sets, „Catch A Fading Light“. Die Stimme von Sänger Dean setzt mit ihrem rauen Klang Emotionen frei, wie es nur wenige können. Kommt dann noch die Stimme von Bandkollegen Dean dazu, erreicht das Ganze noch eine höhere Messlatte. Die SLYDIGS sind neu auf alt gemacht. Bei THE WHO hingegen, sieht das schon etwas anders aus.
In Originalbesetzung gibt es THE WHO schon lange nicht mehr. Aber die zwei übrig gebliebenen Gründungsmitglieder Pete Townshend und Roger Daltrey rocken mit über 70 als gäbe es kein Morgen mehr. Über zwei Stunden heizen sie ihren Altersgenossen ein. Von denen hebt es viele zu Anfang noch aus den Stühlen. Je weiter der Abend fortschreitet, desto öfter greift die Genration Ü 60 aber auf die Sitzgelegenheiten zurück. Obwohl die Musik die selbe wie noch vor 50 Jahren ist, weder an den Fans noch an Townshend und Daltrey ist die Zeit spurlos vorübergegangen. Umso erstaunlicher ist es, dass die beiden Oldies auf der Bühne keine Spur von Ermüdung zeigen. Na gut, sie sind vielleicht nicht mehr ganz so beweglich wie früher und die Kabelakrobatik mit dem Mikro klappt auch nicht so gut. Klamottentechnisch haben sich die Altrocker ebenfalls weiterentwickelt. Im Gegensatz zu den SLYDIGS sind sie geradezu modern gekleidet. Dezent in schwarz und blau sehen sie wie Opas aus, die gerade vom Einkaufsbummel mit der Ehefrau kommen. Neue Schale, alter Kern sozusagen. Das gilt auch für die restliche Besetzung der Band, die mit deutlich jüngeren Musikern bestückt ist. Besonders schön zu sehen ist, dass dieser Umstand den Fans von damals nichts ausmacht. Da sind die Ehepaare in ihren Sechzigern, die so miteinander tanzen, als hätten sie sich gerade erst kennengelernt. Oder Männercliquen, die an diesem Abend noch einmal ihre Jugend aufleben lassen. Am Ende steht dann doch wieder die ganze Halle und feiert THE WHO als gäbe es auch für sie kein Morgen.