Es könnte das bisher erfolgreichste Jahr für BRUTUS werden – und das mag schon was heißen, wenn man im vorher mit THRICE, RUSSIAN CIRCLES und CHELSEA WOLFE unterwegs war. Die neue Platte „Nest“ bekommt fast durchweg positive Kritiken. Ganz verwunderlich ist es dann also doch nicht, als es an einem Montagabend vor dem Kölner MTC auf einmal heißt: Ausverkauft!
Das Vorprogramm gehört heute NOIR REVA aus Koblenz. Und man kann direkt sagen: Das passt verdammt gut. Der Post-Rock, den die vier Herren da präsentieren, spielt auf einem sehr hohen Level. Genauso ausgeklügelt wie die Songs selbst sind die Lichtshow und die Einsätze der Nebelmaschine, die diese Live-Erfahrung nochmal eine ganze Ecke intensiver machen und die richtige Atmosphäre schaffen, in der man auch am Montagabend mal aus dem Alltag entkommen kann. Strukturell lassen sich NOIR REVA mit Genre-Größen wie CASPIAN vergleichen, düstere und verspielte Parts sind ineinander verwoben. Meist hält der tiefe Bass die Songs zusammen mit dem sehr präzisen Schlagzeugspiel zusammen, während die beiden Gitarren sich in höheren Gefilden herumtreiben und den Songs die fürs Tagträumen notwendige Verspieltheit verleihen. Das Mikro vor Bassist Marius steht dort nur für die Ansagen: Größtenteils bedankt er sich. Allerdings wird auch eine weitere Köln-Show am 22.06. im Odonien angekündigt, und das eine neue Platte in den Startlöchern steht, die hoffentlich noch im Herbst dieses Jahres veröffentlicht werden kann. Von der bisherigen Platte „Nuance“ ist scheinbar heute das letzte Vinyl aufgekauft worden. Dem Applaus nach zu urteilen werden sich einige Konzertbesucher NOIR REVA nach diesem Set hinter die Ohren schreiben.
Ob es nun an oben erwähnten Tourneen liegt oder am fantastischen neuen Album „Nest“, BRUTUS verkaufen das MTC nicht nur aus, sondern sorgen auch dafür, dass schon in der Umbaupause Gedrängel vom Allerfeinsten in den engen Gemäuern des MTC stattfindet. Die drei Belgier machen es spannend und lassen sehr lange sphärische Klänge als Intro erklingen, über die Stefanie Mannaerts dann erst nach minutenlanger Stille ihre engelsgleiche Stimme legt. Sie deutet den Text von „Fire“ an – es jagt einem die erste von vielen Gänsehäuten über den Körper. Das Eröffnungsstück des neuen Albums dient auch im Live-Kontext optimal eben dafür, mit „Cemetery“ wird es dann im unmittelbaren Anschluss etwas schneller und druckvoller. BRUTUS sind sehr sparsam mit Ansagen und konzentrieren sich auf das Wesentliche: Möglichst viel ihrer Musik auf den Punkt genau vorzutragen. Neben den neuen Stücken gibt es allerdings auch eine ganze Menge „Burst“-Material zu hören. Angefangen von „Horde II“ über das treibende „Drive“, das am Schlagzeug gut erkennbare „Justice de Julia II“ oder den Ohrwurm „All Along“ – der Moshpit ist bei den älteren Songs ganz klar am wildesten. Und ich dachte bei den ersten Songs schon, das MTC würde ewig auf der Stelle stehen bleiben. Mit „Distance“ und „Techno“ gibt es nochmal zwei der absoluten Sahneschnitten aus „Nest“, gerade letzteres hat es mir mit seiner für BRUTUS ungewohnten Leichtigkeit in der zweiten Hälfte sehr angetan. Eher episch und sehnsüchtig als leicht kommt dann der Closer „Sugar Dragon“ daher. Nach den fast acht Minuten Spielzeit dieses Tracks ist klar: Darauf kann eigentlich konzeptuell nichts mehr folgen. Zugaben gibt es also heute keine, stattdessen läuft unmittelbar nach „Sugar Dragon“ CHELSEA WOLFE vom Band. Auch nicht zu verachten!