(Un-) Pünktlich, gegen 21 Uhr, erreichten wir den Veranstaltungsort in Form des Kölner Undergrounds, um festzustellen, dass die ebenfalls auf dem Konzertplakat vermerkten SUGARBOMBS bereits (oder gar nicht?) gespielt hatten. Nicht wirklich enttäuscht über diesen Sachverhalt starteten wir demnach gleich mit DEAN DIRG in den Konzertabend. Leider muss ich sagen, dass der Funke während dieses Auftritts nicht so recht und wenn überhaupt erst nach zwei Dritteln der Setlist überspringen wollte. Meiner Meinung nach war das Underground einfach zu groß für eine Band wie DEAN DIRG: Die Jungs gehören auf eine kleine versiffte Empore in einen kleinen versifften Club! In solch einem Umfeld können DEAN DIRG wahre Wunder verrichten. Das Publikum im AJZ ließen sie damals zumindest mit offenen Mündern stehen, was wiederum nicht heißen soll, dass es im Underground überhaupt keine Resonanz von Seiten der Anwesenden gab. Diese gestaltete sich lediglich etwas spärlich und mündete erst gegen Ende des Sets in einer mehr oder minder ansehnlichen Tanzparty. Alles in allem dann aber doch ein äußerst solider Auftritt (Sorry für die Floskel...), der vor einem Publikum, das sich augenscheinlich noch seine Energie für die ADOLESCENTS aufsparte, trotz der genannten Schwächen noch überdurchschnittliche Züge aufweisen konnte. Wie offensichtlich immer bei DEAN DIRG: alles perfekt auf den Punkt gespielt.
Nach einer ziemlich zügigen Umbauphase, an der sich die Mitglieder der ADOLESCENTS löblicher Weise selbst beteiligten, war es dann soweit und die legendäre Band aus Orange County eröffnete mit No Way ihr beeindruckendes Hitfeuerwerk. Das Publikum ließ sich dieses Mal nicht so lange bitten und zeigte sich vom ersten Ton an äußerst textsicher und agitationsfreudig. Zwar sah man einem Grossteil der ADOLESCENTS sehr deutlich an, dass sie zumindest rein äußerlich schon seit längerem nicht mehr die in ihrem Bandnamen festgehaltene Bezeichnung für sich beanspruchen konnten, ein Blick auf den zweiten Gitarristen warf jedoch zunächst die Frage auf wie dieser wohl die letzten 25 (und mehr) Jahre so spurlos überstanden haben mochte. Sänger Tony Cadena ließ zwischen den Songs durchblicken, dass der junge Mann wohl vor 25 Jahren noch nicht mal das Licht dieser Welt erblickt hatte und obwohl ich während des Konzertes aufgrund diverser Ablenkungen nicht genau mitbekommen hatte, wer genau da nun wirklich auf der Bühne stand, konnte ich durch nachträgliche Recherche herausfinden, dass es sich um den 1986 geborenen Frank Agnew Jr. handelte, dessen Nachname in Orange County wohl zwangsläufig mit Hardcorepunk assoziiert wird und der kurzerhand den Job seines Onkels als Gitarrist für die ADOLESCENTS übernommen hatte. Cadena ließ es sich nicht nehmen diesen Umstand mit ironischen Bemerkungen zu kommentieren und zwischen den Zeilen bestätigte sich da wohl eine Vermutung, die schon zu Anfangszeiten des kalifornischen Hardcorepunk im Raume stand: So gefährlich scheint die selbsternannte, alles hassende Wrecking Crew aus Fullerton dann doch nicht zu sein. Wo Väter und Söhne bzw. Onkel und Neffen miteinander musizieren, da erscheinen die kalifornischen Vororte dann doch wieder relativ harmlos und auch wenn zu Beginn der 80er Jahre sicher noch einiges anders aussah als heutzutage, so ist das suburbane Orange County wohl nicht die schlechteste Adresse für das Verbringen einer halbwegs vernünftige Adoleszenz, die neben einem Haufen kleinerer und größerer Probleme zumindest die Freiheit garantiert Musik zu machen. Und dass diese Musik auch heute noch in der Lage ist beachtliche Energieschübe freizusetzen, dass bewiesen sowohl die alten als auch blutjungen Mitglieder der ADOLESCENTS auf überzeugende Weise.
Erwartungsgemäß wurden Hymnen wie Kids of the Black Hole oder Amoeba besonders überschwänglich gefeiert wobei Cadena letzterem Song die Frage voranstellte, ob das Publikum gerne Videogames spielte und damit Bewusstsein darüber signalisierte, dass ein Großteil der heutigen Generation die ADOLESCENTS allenfalls mit dem Videospiel von TONY HAWK assoziiert, in dessen Soundtrack Amoeba auftaucht. Ein Blick ins proppevolle Underground verriet aber, dass es der implizierten Annahme zum trotz, zahlreiche Menschen vor die Bühne gelockt hatte, welche die ADOLESCENTS aufgrund fortgeschrittenen Alters lieber mit anderen Umfeldern in Verbindung brachten, als den digitalen Bildschirmwelten eines Stinkreichen Skateboardstars. Frank Agnew Jr. zählte mit seinen 21 Lenzen auf jeden Fall eher zu der Minderheit an diesem Abend und so mancher anwesende ADOLESCENTS-Fan wird wohl auch mir angemerkt haben, dass ich noch in den Windeln lag als Tony Cadena und seine Band zum ersten mal eine Bühne enterten.
Nach Ameoba ging es keinesfalls weniger ausgelassen weiter, denn die Anwesenden wussten nicht nur derart bekannte Lieder zu zelebrieren, sondern hielten sich - die Zugaben einschließend - auch im Anschluss nicht zurück und machten das Konzert zu einer gelungenen Show, die keine Wünsche offen ließ. Wie so oft im Hardcorepunk der frühen Stunde wirkten die von jugendlicher Angst und Wut geprägten Songlyrics der an diesem Abend vorgetragenen Lieder bei genauerem hinhören extrem anachronistisch, aber trotz gesanglicher Unterstützung bzw. textlicher Bestätigung von Seiten des Publikums durfte man wohl beruhigt davon ausgehen, dass nach dem Konzert kein Kid in ein Black Hole zurückkehren würde um dort weiter über das eigene gesellschaftliche Außenseitertum zu verzweifeln. Stattdessen wurde lieber die anschließende Aftershowparty im Sonic Ballroom frequentiert, die dem gesamten Abend die Krone aufsetzte, indem sie mit sämtlichen Punkrock- und Hardcoreklassikern der frühen 80er aufwatete und damit für einen sowohl nostalgischen als auch energetischen Ausklang sorgte.
Foto: Daniel Malsch (http://www.facetheshow.com