Kreieren BLOOD YOUTH sich da gerade einen schönen kleinen Hype? Auf den ersten Blick stimmt dafür zumindest alles – die Bandmitglieder konnten in ihren vorherigen Bands CLIMATES und BOOK OF JOB bereits Erfahrungen sammeln, Touren spielen und Erfolge verzeichnen. An den Bandnamen kann man sich gut erinnern, er lässt einen direkt an eine Art von Bewegung denken. Das Image und die Musik wecken Erinnerungen an das Beste am Nu-Metal Genre. Und ja, da gab es gute Seiten. Ich rede nicht von Fred Durst’s roter Kappe. Aber die DEFTONES sind der lebende Beweis dafür, dass das, was man unter diesem Begriff subsummiert hat, eben nicht nur eine Eintagsfliege war. Und das ist meine erste Verbindung, die ich mit BLOOD YOUTH knüpfe – zum Beispiel auch, wenn diese ihren Sound mit einem Kompromiss aus Härte und Verletzlichkeit bezeichnen.
Als Toursupport sind die Landsmänner von PARTING GIFT mit dabei. PARTING GIFT repräsentieren ungefähr den Grund, warum ich dem Genre Metalcore im weiten Sinne bereits vor etwa 7 oder 8 Jahren den Rücken gekehrt – bis auf einige, wenige Ausnahmen. Fast jede Band verliert mich als Hörer bei dem Versuch, Härte mit Pop-Appeal zu kombinieren – das können für mich Bands wie A DAY TO REMEMBER, AS I LAY DYING, THE GHOST INSIDE, ARCHITECTS am besten. Es reicht mir dann aber auch, mir diese Bands anzuhören und nicht das endlose Meer an Bands, die vergeblich die Nachahmung versuchen. Man kann auf keinen Fall sagen, dass PARTING GIFT hier einen schlechten Job machen. Das ist tight gespielt und energisch vorgetragen, Chapeau hierbei vor allem an den blondierten Gitarristen, der wirklich wie ein Berserker mitgeht. Auch das Songwriting ist vernünftig. Letztendlich stört mich vor allem der meines Erachtens unauthentische Pathos von PARTING GIFT, den ich so oder so ähnlich schon unzählige ätzende Male gesehen habe. Vom schüchternen Sänger, der mit dem Rücken oder seitlich zum Publikum steht und offensichtlich mit dem Image kokettiert, dass er andauernd eine sicher ganz harte Zeit durchmacht bis zu den immer gleichen Stagemoves, denen böse Zungen wohl mit Fug und Recht Choreographie-Charakter beimessen würden. Naja, dem Rest des MTCs scheint es jedenfalls zugefallen. Ob es eine Sache des Alters ist? Ich bin jedenfalls heute deutlich älter als der Durchschnitt. Eine Korrelation ist da, aber davon soll man ja nicht auf Kausalität schließen.
BLOOD YOUTH jedenfalls gehen mir gut rein, obwohl einige der genannten Kritikpunkt in abgeschwächter Form eventuell auch auf die Band aus Yorkshire anzuwenden wäre. Auch hier sind mir einige Clean-Vocal-Passagen zu weinerlich und emotionsverliebt, aber das betrifft vor allem deren erstes Album. Mit dem aktuell erschienenen „Starve“ haben BLOOD YOUTH wirklich einen richtigen Brecher hingelegt, auf dessen Songs ich mich heute Abend sehr freue. Es ließen sich weitere Einflüsse nennen – MACHINE HEAD, auch die ARCHITECTS, meines Empfindens sogar eine minimale Prise LINKIN PARK aus den Zeiten der „Hybrid Theory“ – streitbarer Vergleich, ich weiß. Optisch denkt man beim Outfit und dem Habitus des Gitarristen gleich an Jonathan Davis von KORN. Und auch die sind, was den Sound betrifft, ja nicht all zu weit entfernt von BLOOD YOUTH. Die Live-Show erfüllt jegliche meiner Erwartungen – und das ist nicht selbstverständlich, denn diese Soundwand muss man von der Platte erstmal auf den Live-Kontext übertragen können. Kaya Tarsus ist ein mehr als souveräner Frontmann, der mit dem Publikum umzugehen weiß. So dirigiert er sie in einen Circle Pit, kündigt an den richtigen Stellen energisch die Moshparts an und wird nicht müde, immer noch mehr vom Kölner MTC einzufordern. Das trifft sich gut, denn von ausverkauft ist das MTC heute weit entfernt. Dennoch sind BLOOD YOUTH zufrieden mit den Besucherzahlen der aktuellen Tour, die sich offensichtlich so kurz nach der Veröffentlichung von „Starve“ im Durchschnitt deutlich erhöht haben. Der freie Platz wird vom geneigten Moshkid gerne für die geliebte Musikgymnastik verwendet, vor der Bühne wird an doch schon recht vielen Stellen mitgesungen. Keine Überraschung, dass eine Zugabe gefordert wird. Der Titeltrack von „Starve“ hätte aber natürlich ohnehin nicht fehlen dürfen und vereint nochmal alles, was die Band gerade so interessant macht: Tiefergestimmte Gitarren, brachialer Sound, Schnelligkeit, Dissonanzen und dennoch dazu passende Pop-Hooks, die die Songs aufklaren lassen. Sicher ist es nicht vermessen, dieser Band eine große Zukunft im nach wie vor scheinbar in all seinen Auswüchsen ungebrochen populären Genre des Metalcore zu prophezeien.