„The Return to Rock’n’Heim“ – das junge Festival von den Machern von Rock am Ring geht in die zweite Runde und auch wir sind dieses Jahr wieder vor Ort. Wir sind gespannt, was uns und den Festivalbesuchern dieses Jahr geboten wird. Kleinere organisatorische Mängel scheinen beseitigt zu sein und dieses Jahr sind tatsächlich die Bühnen etwas näher zusammengerückt, so dass ein Pendeln zwischen den Acts leichter fällt. Mal sehen, was dieses Jahr außer einer unsicheren Wetterlage noch so mit sich bringt.
Letztes Jahr Staubwüste, dieses Jahr Wetterwundertüte mit extra Regen. Das erklärt vielleicht auch, warum zunächst beim Beginn von AIRBOURNE, immerhin schon die dritte Band des ersten Tages, noch sehr sehr licht sind. Doch wer aus Australien kommt und das Etikett „Hardrock-Legenden“ auf der Stirn trägt, der lässt sich von solchen äußeren Umständen nicht beeindrucken. Ein schönes, hart gespieltes Brett als Einstieg. Publikumsnah schaffen sie den Spagat zwischen Routine und dem sich selbst nicht so ernst nehmen, so dass der Spaß an der Sache insgesamt nicht verpufft.
So mancher wird am Anfang mit sich gehadert haben, ob er sich die DONOTS wirklich ansehen soll. Schließlich spielen die Guten, so sympathisch sie auch sein mögen, auch gefühlt auf jedem einzelnen Festival im 1000km Radius zweimal am Tag, so inflationär sind ihre Shows. Und – Hand aufs Herz – ihre Show verändert sich eben nicht sehr (bei anderen Künstlern wird das ähnlich sein, nur aus bereits genanntem Grund fällt es eben besonders auf).Wer sich dann aber überwinden konnte, wurde von den Jungs aus NRW gehörig entlohnt. Sie sind eben die liebenswerten Animateure von Nebenan, die einen mit ihrer lockeren Art und ihren immer sitzenden Riffs zum Singen und Tanzen bringen. Die Heerschar von Fotografen steht dieses Jahr übrigens im Foto“graben“ auf einem langen schmalen Podest, das sich direkt vor der Bühne befindet und weniger als einen Meter Höhenunterschied zur eigentlichen Bühne hat. Einige Künstler haben sich bereits daran gestört (DIE ANTWOORT verscheuchte die Fotografen noch vor dem Ende ihrer Deadline recht unsanft), aber besonders das Publikum hört man murren. Aber die DONOTS erkennen ihre Interpendenz und wissen gleichzeitig aus der Not eine Tugend zur Erheiterung aller zu machen: Nachdem die Fotografen ja quasi eh schon auf der Bühne stehen, wird der ganze Tross nach Oben beordert, um da ihren Job zu machen und gleichzeitig zu tanzen. So, wie auch das Publikum tanzen soll. Denn „egal ob mit, oder ohne Pass, alle sind gleich und das Publikum ist am wichtigsten“, schreit der Sänger und beglückt so die Massen noch ein wenig mehr.
Aus der Ferne sehen wir THE NEIGHBORHOOD, die erste Band an diesem Tag auf der Revolution Stage (übrigens das gleiche Konzept wie im letzten Jahr: Auf der Evolution Bühne spielen die Rock-lastigen Acts und auf der Revolution die Dance-lastigeren) ein noch recht träges Publikum bespaßen. Wir sind begeistert von der jungen Band, lehnen uns mit unserem Kaffee zurück, genießen einen Flicken wolkenlosen Himmel und tanken während ihrer mutig-komponierten Klangwelten auf.
BILLY TALENT bieten eine akustische Überraschung: Sänger Benjamin Kowalewiczs Stimme überschlägt sich bei seinen hohen Schreien heute dermaßen, dass es einfach nur unangenehm klingt und man sich wundert, was die Ursache ist. Für gewöhnlich ist seine Live-Stimme nämlich grundsolide. War sein Monitor falsch eingestellt und waren zusätzlich die Höhen falsch abgemischt? Generell war der Sound verbesserungswürdig, denn die Drums waren stellenweise viel zu laut und die Gitarre zu undefinierbar matschig. Wenn man es dann aber schafft darüber hinwegzusehen und nicht bei jedem Schrei das Gesicht zu verziehen, sondern sich ganz auf BILLY TALENTS Hymnen einlässt, dann kann man sich mit der Band zusammen in Ekstase feiern. Die Band schmettert ungefähr jeden einzelnen Hit ihrer Geschichte („Fallen Leaves“, „Rusted from the Rain“, „Red Flag“ und „Devil on my Shoulder“ waren unter anderem dabei), lies zwischen den 17 Songs aber auch fünf von ihrem aktuellen, 2012 veröffentlichtem, Album „Dead Silence“ hören.
Als die Sonne untergegangen ist, machen sich alle bereit für den großen Headliner des Abends auf der Evolution Stage. Bis dato war es seit Airbourne erstaunlich trocken geblieben, nun regnet es ab und an leicht. Doch diese paar Tröpfchen werden von den gespannten Fans der BEATSTEAKS mit kaum Achtung quittiert. Um die Wartezeit zu verkürzen erscheint irgendwann ein Clown, der an eine Mischung aus einem traurigen Ronald McDonald und Michael Jackson erinnert, und feuert das Publikum etwas halbherzig an. Als dann um 21:30 Uhr aber endlich die fünf Herren aus Berlin ins Licht treten, ist von Zurückhaltung im Publikum aber keine Spur mehr. Das Ensemble ist bekannt dafür live eine Macht zu sein und genau so gestaltet sich dann auch schließlich ihr Auftritt: Als würde die Menge nicht eh schon an ihren Lippen und Noten hängen, skandieren sie wie der wohl konditionierte Hund von Herrn Dr. P. bei den richtigen Gitarrenanschlägen den Bandnamen, nur um sich dann wieder in ein endloses Meer aus Pogenden zurückzuwerfen. Beachtet man eine Zeitlang den Sänger Arnim Teutoburg-Weiß nicht, sondern betrachtet nur die Instrumentalisten, so fühlt man sich in die ersten Fernsehstudio-Aufnahmen von den Rolling Stones aus den frühen 60ern erinnert: Man steht vor einem riesigen weißen Transparent und ist von der Bühne eingerahmt wie von einem Bildschirm, die Bewegungen sind etwas steif und man verharrt recht stoisch auf seinem Platz, der Clown schlägt die zusätzlichen Drums, alles ist etwas skurril aber doch normal und man sieht domestizierter aus, als man klingt. Doch dann weitet sich der Blick wieder, man folgt Arnim über die Bühne, wie er mit den Hüften kreist und teilweise beinahe sarkastisch mit dem Publikum schäkert. Bekannte Popsongs werden live gecovert und stellenweise in eigene Songs eingebaut – Songs übrigens, die sich einmal quer durch die Bandgeschichte hangeln. Da ist für jeden etwas dabei. Und dann muss man quittieren, wie die BEATSTEAKS aus Berlin eine tolle und stimmige, eineinhalbstündige Show spielen.
Wir beenden den Tag mit OUTKAST, die von 23:20 bis kurz vor 01:00 spielen – und danach werden sich noch weitere drei Acts die Klinke in die Hand geben. Wir stellen fest, dass außer ihren großen Hits „Heya“ und „Ms Jackson“ dem Publikum zwar herzlich wenige Tracks bekannt sind, die Menge aber ungeachtet dessen bei dem teils schön verschrobenen modernen Oldschool-Hiphop gut mitgeht. Mit Ehrfurcht hängen wir an den Lippen von Big Boi und Andre 3000, die sich teilweise so schnell bewegen, dass so manch einer – Müdigkeit und Bier geschuldet - kaum noch mitkommt.