„Hallo, Schatz! Ich bin zu Hause. Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Schlechte zuerst? TURBOSTAAT müssen ihren Support aufgrund gesundheitlicher Probleme des stimmstarken Frontpunkers Jan leider absagen. Die Gute? Die BEATSTEAKS haben ihre eigenen Bierbecher im Gepäck!“
Wer also die kilometerlange Schlange vor Hannovers unsympathischster Halle hinter sich gebracht hat, wird drinnen zu allererst vom Merchandisestand erschlagen. Hier gibt es alles für die warme, die kalte und die einsame Saison – also Vinyl, Pullover, Jacken und superhippe Bandanas. Warum heute auf den „TURBOSTAAT“-Hemden jedoch „KRAFT KLUB“ steht, erklären uns die 5 mageren Herren aus „Karl-Marx-Stadt“ zu pünktlicher Tagesschaustunde besser selbst: Junge, freche, hüpfsturmauslösende Discorocknummern aus dem Osten Deutschlands, stellenweise clever und feiertauglich arrangiert („ICHSCHEISSINDIEDISKO“), teils auch zu flach und belanglos um vor einer Livemacht wie den BEATSTEAKS den Teppich auszurollen. Vorlaut und bester Laune sind die Chemnitzer mitunter, hängen bleiben will aber bis auf die schicken weißen Hemden und den nostalgisch tänzelnden 80er Tanzschuppenhauch nicht wirklich etwas.
Die Berliner Gesteinsbrocken Teutoburg-Weiß, Baumann etc. haben nach Erklimmen des Ruhepols gerufen – und auch Hannover ist gekommen. Die AWD Hall ist wie beinahe jedes Venue der gegenwärtigen Buletten-Tour ausverkauft, da will Männlein sowie Weiblein vor und auf der Bühne sich erkenntlich zeigen und meisterhaft mitmischen. Älter sind sie geworden, Familienväter, erwachsene Menschen. Die Rock´N´Roll-Überstunden aber haben „Hello Joe“, „Shiny Shoes“ oder „Summer“ mehr als nur deutlich überstanden. Arnim spult gefühlte Hunderte Kilometer runter über Bühne, Steg und Ränge, die Boombox-Bestreiter „Access Adrenalin“, „Under A Clear Blue Sky“ und natürlich „Milk & Honey“ werden begleitet von Gänsehautgarantien und drückender, verschwitzter Luft – als wäre die Pause der BEATSTEAKS nur ein knapper, erschrockener Traum gewesen. Dynamisch und witzig, füllig und professionell fährt der Straßenkreuzer durch „Let Me In“, „Unminded“ und „Hand In Hand“, hält aber auch bei „Hey Du“ und knüpft den Partylöwenumhang mit Synthesizer-Samples und strammer Orgelpräsenz dicht an den Körper.
„Sarstedt Open Air 1997? Genau, Jungens - da wo alles anfing!“ 16. März 2011: Weder Alter noch Auszeit noch die klare Erweiterung des persönlichen Musikgeschmacks der einzelnen Mitglieder bricht dem Berliner Bulldozer einen Zacken aus der Krone. Über ganze zwei Stunden kehren die fünf geborenen Entertainer/Tänzer (oder was?) mit Unterstützung des bombastischen Sounds jedes Staubkorn aus den Ecken der Halle und pusten unermüdlich Hit an Hit, dass der ein oder andere Kreislauf schlicht aufgeben muss.
Wer es bis zu „I Dont Care As Long As You Sing“ geschafft hat, der ist Zeuge: Die BEATSTEAKS sind zurück und klopfen auch gealtert und gereift noch an Eure Tür. Und rufen Euch nachts an. Und durchkämmen Eure Mülltonnen. Und sie werden Euch finden! Wenn Ihr nicht alle so laut singt, ununterbrochen mitklatscht und um Euer Leben tanzt wie heute Abend.
Und als Belohnung brav den BEATSTEAKS-Bierbecher mit nach Hause nehmt.