MAYBESHEWILL sind zurück auf dem europäischen Festland! Diesmal mit neuem Longplayer im Gepäck und mit (zumindest musikalisch) harmonischeren Partnern als The Dillinger Escape Plan – mit FLOOD OF RED hat mal diesmal eine interessante und frische Kapelle dabei, die ebenfalls aus dem Vereinigten Königreich anreist.
Die Umstände für den zweitletzten Tourtag sind gut: Der Raum ist bereits kurz vor Beginn des Konzertes annähernd gefüllt und als Support-Band stehen FRAMES aus Hannover pünktlich um acht Uhr auf der Bühne. Erst nach der Show erfuhr ich, dass diese vier Jungs alle Deutschland-Dates dieser Tour mitgespielt haben. Was die Musik angeht, passt das wirklich sehr gut. Für jemanden wie mich, der lediglich 4-5 Post-Rock-Bands besser kennt, klingen FRAMES schon fast wie das deutsche Pendant zu Maybeshewill. Auch sie vermischen, was ja für den Post-Rock stilprägend ist, ruhige und melodische Parts mit lauten und energetischen Parts. Des Öfteren lässt man auch elektronische Klänge in die Stücke einfließen und/oder wechselt von der Klampfe ans Keyboard. Das kann man durchaus stümperhafter machen. Um genauer und präziser zu sein: Ziemlich hohes Niveau, auch wenn man in Sachen Bühnenpräsenz und –„sicherheit“ noch ein bisschen was von den Tourpartnern lernen kann und diesbezüglich gerade gegen Maybeshewill etwas blass aussieht. Leider punktet die Band bei mir deutlich eher wenn sie es ruhig und langsam angeht, da der Sound bei den härteren Riffs nicht optimal ist und leicht matscht. Dadurch büßen diese Passagen natürlich an Intensität ein. Ob das der Band oder dem Soundmann anzulasten ist, wage ich nicht zu beurteilen. FRAMES speichere ich mir jedenfalls als sehr gut anhörbare Post-Rock-Band aus dem Inland ab und bin gespannt, was die Hannoveraner dann auf ihrem dritten Album zaubern werden. Denn für dieses wird man sich nach der Tour – und die endet heute – im Proberaum und im Studio einschließen.
Auf FLOOD OF RED war ich im Vorfeld dieses Konzertes besonders gespannt. In der Visions-Ausgabe des Juli 2014 räumte das erste international erscheinende Album der Schotten namens „Throw“ den ersten Platz in der durchschnittlichen Wertung der Redakteure ab und wurde mit Werken wie „Threes“ von SPARTA verglichen. Da horchte ich auf. Wirkliche Newcomer sind FLOOD OF RED nicht wirklich, bereits seit 7 Jahren auf Tour und auch schon auf Festivals wie dem Download gespielt. Sowas zeigt sich dann natürlich auch in einem Live-Auftritt. Obwohl ich mich mit „Throw“ erst ungefähr zwei Wochen vor dem Konzert beschäftigt habe, blieben mir einige Songs im Ohr und ich wollte mir die Platte gerne immer wieder und wieder anhören. FLOOD OF RED haben damit definitiv ein spannendes Album herausgebracht, das vor Ideenreichtum nur so strotzt und eben sehr viele Genres miteinander vermischt. Progressiv ist dafür definitiv eine naheliegende Betitelung. Und live wird das Ganze auch wie aus dem Ei gepellt vorgetragen, obwohl mit „Hiding Out“ leider eine meiner Lieblingsnummern fehlt. Der Titeltrack sorgt, wie auch auf dem Longplayer, für den langsamen und gelungenen Anfang. Gleich wird klar, dass man es mit sehr erfahrenen Musikern zu tun hat. Trotz der teils anspruchsvollen Riffs und Drum-Beats lassen die Musiker sich keine Gelegenheit zum rumhüpfen und ausrasten nehmen, und auch bei Sänger Jordan Spiers sitzt jede Note. Mit seinem sehr hohen Gesang erinnert er an Bands wie Muse. Wobei auch FLOOD OF RED, genau wie ihre zwei Tourkollegen, sich von ihrer harten Seite zeigen können. Das blitzt in „Throw“ durch, zeigt sich dann aber vor allem bei „Lashes“, bei dem sogar ein total chaotischer Part eingebaut wird, in dem einfach jeder der Musiker auf seinem Instrument rumhaut und irgendwas spielt. Instrumentell blitzen manchen Ecken Bands wie And You Will Know Us by the Trail of Dead hervor, allerdings kann man die musikalischen Vorbilder von FLOOD OF RED nur erahnen und ganz sicher nicht an zwei Händen abzählen. Spiers wirkt im Gegensatz zu seinen Bandkollegen irgendwie etwas unbeholfen, wenn er sich zu seiner Musik bewegt und ich frage mich nicht nur einmal, ob der natürlich dennoch sympathische Frontmann ein paar Bier intus hat oder einfach nur sehr schüchtern ist. Aus den „Fans“ lässt sich an Reaktionen nicht viel raus kitzeln, die meisten nicken halb-begeistert mit oder regen sich überhaupt nicht. Auch hier frage ich mich, ob das Standard für FLOOD OF RED ist oder ob sie das stört. Andererseits ist Post-Rock natürlich auch kein energetischer, interaktiver Hardcore und lädt eher dazu ein, dass man die Musik für sich selbst genießt und einfach mal die Augen zu macht und sie wirken lässt. Zum Abschluss gibt es dann, zur Abwechslung auf der Akustik-Gitarre, das etwas aus der Reihe fallende „Ye Die, Ye Die“. Die Band aus der Nähe von Glasgow hält jedenfalls live das, was sie auf ihrer sehr guten Platte hält. Reinhören!
Weniger zu beweisen haben MAYBESHEWILL. Höchstens vielleicht, dass auch ihr neuestes Album „Fair Youth“ live zu etwas taugt. Beziehungsweise dass gute Songs drauf sind, für diejenigen, die noch nicht reingehört haben. Das dürften, gemessen an der Reaktion auf die Songs und die Nachfragen seitens der Band, die meisten im Raum sein. Nach Alben wie „Not for Want of Trying“ und „I Was Here for a Moment, Then I Was Gone” muss man allerdings auch auf den Putz hauen, wenn man etwas drauflegen will. Ich muss ganz ehrlich sein, für mich hörte sich das nach 2-3 Durchgängen von „Fair Youth“ eher nicht so an. MAYBESHEWILL stützen sich auch auf dieser Platte auf die gewohnten Zutaten, manchmal kommt es mir zumindest fast schon redundant mit älteren Werken vor. Außer Frage steht jedoch das ausgesprochene Talent der Band aus Leicester in Sachen Songwriting. Fast jeder Song besticht entweder durch eingängige und mega-harmonische Melodien an der Gitarre oder am Keyboard, fast jeder Song klingt nicht langweilig und vorhersehbar, sondern überrascht an einer oder sogar mehreren Stellen. Die stärksten Referenzen von MAYBESHEWILL sind Songs wie „Red Paper Lanterns“ oder „Critical Distance“ oder eben „Not For Want of Trying“, was man auch an der Reaktion der Konzertbesucher merkt, die zu diesen Liedern etwas mehr aus sich heraus gehen. Die Engländer weisen dennoch mehrmals auf „Fair Youth“ hin und bemerken auch, was für tolle Tourpartner sie mit FLOOD OF RED und auch mit FRAMES diesmal hatten. Sie wirken bodenständig und ernten für jedes ihrer Stücke ohrenbetäubenden Applaus. Kein Wunder, dass dann nach fast einer Stunde Spielzeit auch noch nach Zugabe gerufen wird. Und die gibt es, und ich darf endlich live meinen absoluten Lieblingssong „He Films the Clouds Pt. 2“ erleben. Ganz offensichtlich sehe nicht nur ich das so, denn bei der einzigen Stelle im Set, an der auch tatsächlich gesungen wird (durch alle Bandmitglieder, allerdings ohne Mikrofone), werden die Briten lautstark von der Menge unterstützt. Berührend und mitreissend, das sind also die Vorzüge einer Headliner-Tour von MAYBESHEWILL. Ich verlasse dementsprechend überglücklich das Druckluft in Oberhausen.