Das Finale des neuen Festivals am Hockenheimring mit den letzten Headlinern und Abschlussfazit
Die Veranstalter des Rock‘n’Heim Festivals „ziehen eine äußerst positive Bilanz“: „Es wurde deutlich, dass die Fans auf ein furioses Finale zum Ende der Festivalsaison gewartet haben. Natürlich muss sich eine Rock’n’Heim-Kultur erst entwickeln, aber wir sind zuversichtlich, dass dies nach diesem bemerkenswerten ersten Kapitel gelingen wird“, heißt es in der offiziellen Presseverlautbarung. Wenn nächstes Jahr dann „The Return of Rock’n’Heim“ wieder ans Licht tritt, müssen allerdings ein paar kleinere Startschwierigkeiten, wie z.B. die etwas mangelhafte Versorgung mit sanitären Anlagen aus der Welt geschafft werden. Dann steht der Wiederkunft eines friedlichen Spätsommer-Festivals mit hochkarätigem Line-Up nichts mehr im Wege, das in den nächsten Jahren noch von 40.000 auf 50.000 Zuschauern anwachsen soll.
Sonntag
Der letzte Festivaltag lief zunächst ruhiger und gemächlicher an, als die Tage zuvor. Wohl lud der graue Himmel am Morgen dazu ein, ein wenig länger in den Schlafkojen aus Zeltstoff zu verharren – nachdem man an den anderen Tagen immer früh von einem heißen Sonnenkuss unsanft geweckt wurde. Zum anderen drosselte der einsetzende Regen die Publikumspräsenz bei den ersten Bands am Nachmittag.
Sogar bei KVELERTAK waren die Reihen noch äußerst licht. Wie zu erwarten stand der Auftritt im Zeichen der Eule: Von der Anmoderation der SWR3-Reporterin, der die Band erzählte hatte, ihr Name würde Eulenpenis bedeuten, über das ausgestopften Exemplar, das Sänger Erlend Hjelvik beim Betreten der Bühne auf dem Kopf trug, bis hin zu den unzähligen Eulentattoos der Bandmembers. Zu Beginn noch etwas statisch, tauten Band und Publikum nach und nach auf. Letzteres vor allem durch das Spielen der liebgewonnenen Songs vom Erstlingsalbum. Als dann im Regen die drei Gitarren flirrten und die Drums hämmerten, kam es zu der seltsamen Situation in der man überlegte, ob der Poncho nun wegen den prasselnden Regentropfen oder den dröhnenden Beats vibrierte.
HEAVEN SHALL BURN bezeichneten sich selbst als „Exoten“, da sie sich an diesem Tag als einen der härtesten Acts auf der Evolution Bühne sahen. Deswegen bedankten sie sich gleich zu Beginn bei ihrem Publikum, dass längere Zeit brauchte um aufzutauen und sich die Reihen füllten. Doch mit der Zeit wurden alle in den Strudel der Thüringer gezogen, die ihre Songs mit einer Gewalt und Epos performten und doch bei ihren Ansagen wie die netten Familienväter von nebenan wirkten. Die Circle Pits wurden immer größer, bis es dann zum kuriosen Highlight kam: Um ein rauchendes Bengalo startete sich ein Kreis. Als das die Securities bemerkten, kam ein Sicherheitsmann gesprintet, sicherte den Stick und rannte damit wie ein Fackelträger davon, gefolgt von einem Teil des Pits. Auch wenn die Circles immer größere Ausmaße annahmen, erinnerten HSB in ihren Ansagen und Songs immer wieder daran, dass sie nicht nur Musik um der Musik willen machen, sondern vor allem Musik mit Message.
Wir wollten den Revolution Stage an diesem Tag auch einmal eine Chance geben, also ging es zu MARTERIA, wo doch verhältnismäßig viel los war. Die Einbindung der vorrangig Electro-Acts auf dieser Nebenbühne gelang bisher nämlich nicht so gut und auch die Annahme im Publikum war teilweise durchwachsen. Doch MARTERIA kann eine recht große und vor allem tanzwütige Menge verzeichnen. Zwar waren die Ansagen ziemlich gehaltlos, dafür war das Set insgesamt kurzweilig und unterhaltsam und Unterhaltung und Party waren genau das, was das Publikum wollte. Diesmal wurden wieder Rauch-Bengalos in der Menge verteilt, die szenisch wirksam dann zu „Lila Wolken“ gezündet wurden. Nach einer kleinen Umzugspause wurde das Set für 10 Minuten vom Alter Ego Marsimoto gegeben, bevor MARTERIA höchst selbst wieder kam, um sich zu verabschieden.
Den großen Abschluss auf der Hauptbühne gab kurz darauf NINE INCH NAILS, auch bekannt als die One-Man-Show um Musikgenie Trent Reznor. Die Show startete ganz minimalistisch, nur Trent stand auf einer komplett nackten Bühne, einziges „Instrument“ war ein Minimischpult und einzige Lichtquelle ein Baustrahler. Nach und nach rollten von den Bühnenseiten her große weiße Leinwände und Musiker ein, Mr. Reznor aber stetig statisch im Mittelpunkt. Eröffnet wurde mit den eher Dance-lastigen Stücken „Copy Of A“ und „Disappointed“, so dass Zuschauerherzen, die den Act bis dato nicht gehört hatten, auf Betriebstemperatur getanzt werden konnten. Was dann folgte, war Industrial mit höchstem Selbstanspruch, bei dem Reznor beweisen konnte, dass er das richtige Gespür für Rhythmus und dafür hat, aus einfachen Beat- und Instrumentalbausteinen ein großes mehrlagiges Etwas zu komponieren. Intensiv war diese Show, die einen immer weiter in ihren Bann sog, gerade auch wegen diesem charismatischen Frontmann und dieser großen Bühnen- und Lightshow, die nach und nach immer fulminanter wurde.