„An der Nase eines Mannes erkennt man...“ Ricky Pridmore hat aufgepasst, als ihm die Physikgeheimnisse des Lebens erklärt wurden. Der schnauzbärtige Frontmann schließt schneller ins Herz als es manchem lieb ist. Busfahrer, Promoter, der Typ an der Bar. „We´re All Friends Now!“ Dem bierblödelnden Kanadier möchte man in dieser Hinsicht keinesfalls widersprechen. Auch Jeff Bermann aka. DIVIDED HEAVEN, den Pridmore zu seinem neuen besten Tourbuddy auserkoren hat, trifft die brüderliche Liebe - multipel. Treudoof verfolgt er am Bühnenrand das akustische Set Bermanns und somit Songs wie „Lifers“, „Five And Dime To Hollwood“ oder das ebenso vom aktuellen Album „A Rival City“ stammende „Born-Again Non-Believer“. Lediglich mit Akustikgitarre und Stimme im Ring kann sich der knirschende Ventilator an der Kellerdecke schnell zum akustischen Feind entwickeln. „My name is Jeff and this is DIVIDED HEAVEN“ lässt sich davon ebenso wenig aus der Westerngitarren-Punkrock-Bahn werfen, wie vom wedelnden Kräuterschnaps, mit dem der SNIPS-Sänger vom Bühnenrand aus zu locken versucht.
Schade, dass sich der Sympath im COCK SPARRER-Shirt nur an wenigen zurückgeschraubten Stellen mit seiner viel zu großen Gitarre vom Mikrofon und somit von der elektrischen Verstärkung wegtraut – hätte das Set des Kaliforniers gänzlich stromlos vielleicht noch mehr Charme und Atmosphäre durch den spärlich gefüllten Club fließen lassen. „Say Anything“ ist dennoch würdiger Abschlusssong und ansteckendes BOUNCING SOULS-Cover in einem, Bermann selber nach seiner vierzigminütigen Freundschaftsofferte mindestens um ein paar entzückte Gemüter auf seiner Seite reicher.
„Yesterday Was The Fucking Weirdest Day...“ Rein optisch kommt die erste Zeile des Openers „Meeting Point“, den die lebendigen Kanadier nach kurzem Amp-Warmlauf durch das „Bei Chez Heinz“ fegen, zum Erliegen: Der wohlgeformte, behaarte Bauch neben dem Vollbart und unter der speckigen Jeanskutte, die komplett zerstückelte Stratocaster als unfreiwillige Lefthand-Version. Oder das ausgeschlafene Dauergrinsen im weißen V-Neck-Shirt. Die SNIPS sehen heute Abend nicht nur vorbildlich bis „durchtrainiert“ aus, ebenso kann man nach „Dirty Water“ oder „Better Part Of Never“ gleich dickste Haken neben „Spielfreude“ und Publikumsinteraktion“ malen. Die Band aus Welland schmeißt neben schmerzfreien Ansagen und gehörigem Humorpensum vor allem sich selbst durch den Raum, empfiehlt den Datendiebstahl im Falle „Highs Of Low“ und lässt beim verwaschenen Livesound gerne an die Nachbarn von den FLATLINERS denken.
Das lokale Bier und der gestauchte Keller – da kommen bei Chris, Ricky und Co. altbekannte Heimatgefühle auf, die direkt und laut verpackt werden müssen: „Digital Letter“ oder „Tired Tires“ nennen das die SNIPS – und verbrennen damit neben Kalorien leider auch Minuten, denn die knappe Stunde Spielzeit ist schnell erfüllt.
Die Höchstform durfte der hannoversche Kachelboden vielleicht nur knapp erfahren, denn soeben erlebte Entertainment- und Tanzeinlagen versprechen womöglich sogar noch Luft nach oben. Ob und wenn, wie viel genau – das kann man Ricky und seine Tourbusbuddys selber fragen, wenn man es schafft sich vorbeizudrängeln. Am Busfahrer, dem Promoter oder dem Typen von der Bar. All Friends Now – aber mit Sternchen.