Gegen kurz nach acht setzten wir den Blinker und bogen auf den Parkplatz des Sputnik-Komplexes ab. 10 Sekunden nach uns, mit gefühlt quietschenden Reifen, hielt ein vollgepackter Kleinwagen mit Heinsberger Kennzeichen neben uns. Heraussprangen mit Beanie und Basecap bewaffnete Bilderbuch-Pop-Punker, die ihren frisch erworbenen Führerschein heute zu schätzen wussten und mal eben gut 2 Stunden nach Münster gurkten, um nun auf schnellstem Wege ins kleine Café zu gelangen. Ohne auch nur im Inneren gewesen zu sein, wurde klar, dass die Wonder Years durch ihre rar gesäten Deutschland-Shows Kids aus ganz NRW nach Münster lockten, Pop-Punk nicht tot ist, der Altersschnitt an jenem Abend bei U20 gelegen haben dürfte und die Sputnik-Menschen auf extrem pünktliche Showstarts stehen. Im Café angelangt, ließen sich bereits seit gut 10 Minuten die Handguns feiern. Der kurz zuvor neben uns ausgestiegene Trupp hatte sich direkt einen Platz im vorderen Mob gesichert. Dieser überraschte mit großer Textsicherheit, welche auch die noch sehr junge wirkende Supportband aus Harrisburg zu wundern schien. Musikalisch passte der Fünfer perfekt zum Headliner: Hypermelodischer Pop-Punk mit dem typischen Wechselspiel aus galoppierenden Drums und Midtemp-Refrains zum durch die Decke hopsen. Auch wenn es schwierig war, ein Alleinstellungsmerkmal der Handguns zu erkennen, was allerdings auch am leicht matschigen Sound gelegen haben könnte, waren die gut 30 Minuten Set kurzweilig, aufwärmend und unverbraucht. Band und Publikum waren definitiv mit sich zufrieden. Nach zwei Stücken Pizza und einer maximal 20minütigen Umbaupause ging es dann auch direkt weiter. The Wonder Years legten gleich gut los und störten sich nur wenig am immer noch verbesserungswürdigen Sound und bearbeiteten ihre drei (!) Gitarren bei „Passing Through A Screen Door” und Local Mn Ruins Everything“ mit absoluter Hingabe. In der Folge gab es Gassenhauer von allen Releases der Kritkerlieblinge zu hören. „The Upsides“, „All My Friends Are In Bands“ oder „My Last Semester“ verzückten das gut 100 Menschen starke Publikum, das sich ähnlich wie die Musik der Wonder Years aus einer Hälfte Pop-Punk und einer Hälfte 90s-Emo zusammensetzte. Dass bei der letzten Deutschland-Stippvisite gerade einmal 15 Leute (davon 10 Ami-Soldaten) zugegen waren, konnte man sich an diesem Abend nur schwer vorstellen. Sichtlich euphorisiert vom Publikumszuwachs wurde der sonst sehr sympathisch wirkende Sänger Nick Steinborn auch nicht müde sich zu bedanken und sich seiner Vorortswurzeln in Form von melodramatischen und aufgesetzt wirkenden, musikalisch unterlegten Sprechgesängen zu besinnen. Vor gut zwei Wochen bedankte sich Jimmy Eat World-Frontmann Jim Adkins mit simplen aber bestimmten Worten für die jahrelange Unterstützung vor gut fünfmal so viel Publikum und kam dabei weitaus glaubwürdiger rüber. Weniger ist manchmal…. Nichtsdestotrotz boten The Wonder Years eine sehr unterhaltsame Show und unterstrichen abermals ihre Genre-Ausnahmestellung. Nach gut 40 Minuten und zwei vorgezogenen Zugaben war der Spuk jedoch auch schon wieder vorbei. Um 21.30 Uhr fuhr der Pop-Punk-Express aus Heinsberg wieder in Richtung Heimat. Hier wäre mehr durchaus mehr gewesen.