Fast ein Jahr ist es her, dass ALESANA die Werkstatt in Köln komplett ausverkauften. Am gestrigen Dienstagabend war das ähnlich. Der Sold-Out Status war zwar erreicht, doch lang nicht so viele Besucher wie gewohnt waren in der Werkstatt. Vielleicht lag es daran, dass viele Eltern vor der Tür warteten, ein Kölsch tranken und erstaunt wie auch erschrocken über die jugendlichen Banden grinsten. Denn das Publikum schien keineswegs ein Jahr gealtert. Sogar eher noch jünger. Die Einlassschlange war gezeichnet von Ausweiskontrollen und Erlaubnisschreiben der Erziehungsberechtigten die an der Eingangstüre oftmals schlechte Karten hatten, frustriert schienen ebenfalls die Besucher der ansässigen Discountermärkte, die Slalom um das wartende Publikum fahren mussten.
Und wo man inzwischen eher Toleranz der schwarzen Meute entgegen bringt (immerhin war jeder mal jung), kann man keinesfalls Humor daran finden wenn irgendwelche Wichtigtuer mit "Die Wilden Kerle" T-Shirts (Nur Tokio Hotel Shirts wären unlustiger) oder einem Edding Schriftzug mit "ICH ESSE EMOS" auflaufen. Verzweifelte Versuche Aufmerksamkeit zu erhaschen schlagen also komplett fehl.
Doch nach der ersten Betrachtung jeglicher Fehltritte betreten pünktlich um 19.30Uhr die Saarländer von THE PARACHUTES die Bühne. Diese legen wie immer ein solides Set hin, erinnern in den atmosphärischen Einlagen immer noch positiv an ALEXISONFIRE und wissen schon zu überzeugen. Leider gibt der Sound heute nicht allzu viel her, sodass Vieles im Soundbrei versinkt und man beispielsweise die Vocals von Bassist Elmar so gar nicht mithört. Das Publikum juckt's nicht. Die fordere Front hält tapfer Handys und Kameras in die Luft, die hintere probt den Affenaufstand. Warum man bei so einer Band allerdings die Arme und Beine so weit wie möglich von sich schwingen muss bleibt mir ein Rätsel. Gerade bei dieser Band. Aber nun gut, das Publikum fordert die "Wall of Death, Wall of Death, Wall of Death" und bekommt sie prompt. Doch ganz so erprobt scheint niemand zu sein. Ahnungslos stehen viele einfach rum, manche mokieren sich in der Mitte der Werkstatt mit coolem Rumgepose und beim zweiten Versuch klappt es endlich. Alle außer Rand und Band.
Nach gut 25 Minuten ist aber leider schon Schluss mit den PARACHUTES und in Anbetracht der nachfolgenden FALL FROM GRACE wünschte man sich entweder eine Stunde Stille oder eine längere Spielzeit für die Saarländer. Denn das, was FFG hier abliefern ist völliger Schrott. Irgendwo zwischen Power-Poprock und ein bisschen Geschrei angesiedelt hat man erstmal enorme Soundprobleme, dann langweilt man mit ödem "Clap your hands" Gebrülle. Da schaut man sich doch lieber an wie die Werkstatt vor der Garderobe zum Schulhof wird. Die einen klatschen sich gegenseitig in die Hände, die anderen lassen sich vom Freund die Arme mit Edding bemalen und alles ist eigentlich viel zu viel für jene, die über 20 Jahren alt sind. Zum Glück endet der FALL FROM GRACE Auftritt schnell und man freut sich auf den Hauptact.
Dieser allerdings benötigt über eine halbe Stunde (!!!!!) Umbauzeit und braucht eine Ewigkeit um die Bühne zu betreten. Wo die Band vor einem Jahr noch Sympathiepunkte sammelte herrschen jetzt die Starallüren und es scheint als würde selbst den jüngeren Semestern der Spaß verloren gehen. Als die Helden der Stunde, ALESANA, dann die Bühne betreten bricht selbstverständlich die Hölle aus. Das Publikum dirigiert sich wie von selbst und der nasse Haufen wankt durch die Werkstatt. Mitgesungen wird jede einzelne Zeile und auch die Band gibt sich höchst energisch. Der Mix aus klarem Gesang und allen anderen Facetten beeindruckt noch immer, aber gerade Live kann man dem einen noch höheren Spaßfaktor abgewinnen als auf Platte. Überraschenderweise gibt es aber nicht nur Songs vom neuen Album, sondern auch genügend ältere Tracks die natürlich übermäßig abgefeiert werden. Zwar entspannt sich der Sound noch immer nicht so richtig, jedoch stört das wie gesagt niemanden. Nach gut 45 Minuten nehmen die Eltern ihre Nassen Kinder wieder in Empfang und sind froh, dass die Tour von ALESANA zumindest für Köln in diesem Jahr gelaufen ist. Jedoch treten ja schon in wenigen Tagen BRING ME THE HORIZON an selbige Stelle.