Da fehlen einem glatt die Worte... Es ist Samstag am späten Nachmittag. Die Bahn kommt zu spät, das Wetter ist angenehm warm und die Kölner Innenstadt ist voller geschäftiger Touristen. Alles wie immer? Nicht ganz. Zwischen Bahnhof Süd und Barbarossaplatz, genauer am Luxor, herrscht seit den frühen Morgenstunden Ausnahmezustand. All Time Low sind in der Stadt und haben bereits um 9 Uhr morgens die ersten Fans vor den Club gelockt. Wer da erst kurz vor Einlassbeginn ankommt, darf sich ganz hinten anstellen. In diesem Falle also hinter einer Menge, die augenscheinlich niemals ins doch eher kleine Luxor passt und sich bis weit in die Nebenstraße schlängelt. Als Entschädigung fürs lange Warten gibt es schon vor dem Konzert Livemusik. Ein junger Kerl in farbenfrohem Shirt hat seine Gitarre mitgebracht und spielt eifrig sämtliche All Time Low Titel in einer Akustikversion rauf und runter. Das überwiegend weibliche Publikum singt fleißig mit. Man darf behaupten, dass dieser Chor doch richtig gut klingt.
Nach rund einer Stunde des Anstehens und Wartens sind wir endlich drinnen. Der Vorraum ist fast komplett lehr. Keiner scheint sich um Merchandise, Garderobe oder die Bar zu scheren. Anders so im Konzertraum. Hier ist ein Kampf um die ersten Reihen entbrannt. Das noch kein Blut fließt ist bei dem Verhalten mancher Konzertbesucher durchaus verwunderlich. Da wird geschubst und wenn möglich getreten, gekratzt und gebissen, Hauptsache man rückt nicht weiter nach hinten im Club. Schlecht für all diejenigen die versuchen sich ihren Weg zu den Toilettenräumen oder gen Fotograben zu bahnen. In der Luft liegt mehr als nur der Geruch von zu viel Deo und Bierfahnen. Der bereits jetzt anschwellende Lautstärkepegel verblüfft. Als dann The Audition die Bühne betreten wünscht man sich, man hätte die Ohrstöpsel nicht aus Versehen mit der Jacke an der Garderobe abgegeben. Nicht jedoch auf Grund des Auftritts der vier aus Chicago, viel mehr wegen dem ununterbrochenen Jubelgeschrei. The Audition bieten ihr rund halbstündiges Pop-Rock Set mit viel Hingabe und allerhand Spaß dar. So fordern sie z.B. dazu auf ihr neues Album doch einfach im Netz runter zu laden, veralbern ihren Roadie und lassen allerhand Sprüche vom Stapel. Diese werden aber die Meisten Konzertbesucher aufgrund schlechter Englischkenntnisse nicht verstanden haben. Gegen Ende des Sets covert das quirlige Quartett den Katy Parry Hit "Hot and cold" ehe es sich mit Don't be so hard verabschiedet. Die erhitzte Menge hat scheinbar nicht nur All Time Low Texte gebüffelt.
Über Soundprobleme kann man sich nicht wirklich beschweren. Dafür hört man leider nicht genug von All Time Low als diese mit Lost in stereo die Bühne betreten. Das Publikum ist einfach lauter. Jetzt sind auch erstmals ein paar Security Mitarbeiter in den Graben zwischen Menge und Bühne getreten. Allerdings agieren diese mehr als Überbringer kleiner Geschenke des Publikums an die Band. All Time Low ziehen straight ihr Ding durch. Um grade mal 20.15 Uhr sind bereits fünf Tracks gespielt. Nahezu jeder Song wird mit einer anrüchigen, versauten Bemerkung bedacht. Aber wie bereits erwähnt bleiben diese meist unverstanden. Jedes Wort der Band, jeder Kommentar wird bejubelt und beklatscht. Egal wie die deutsche Übersetzung lauten würde. Und so merken die Meisten nicht, dass All Time Low nicht einfach nur albern sind, sondern sich auch lustig machen über das ihnen aus der Hand fressende Publikum. Kein schöner Umgang mit den Fans. Wenigstens ihr Set, bei dem sie in erster Linie Tracks der neuen Platte Nothing Personal vorstellen, bekommen sie nahtlos dargeboten. Es wirkt jedoch ein wenig einstudiert und fast könnte man das Gefühl bekommen, All Time Low sei ihr Erfolg bereits zu Kopf gestiegen. Kein Wunder wenn man seinen zweiten Deutschlandgig vor ausverkauftem Haus spielt? Noch vor 21 Uhr findet das Konzert nach Dear
Maria und einer weiteren Zugabe ein frühes Ende. Auch wenn die Menge die Band nur all zu ungern gehen lässt.
Und während nach der Show der Merchandisestand förmlich überrannt wird, präsentiert mir ein Mitarbeiter des Clubs stolz die zurückgelassenen Errungenschaften All Time Lows. Darunter mehr als nur ein Spitzenunterhöschen der bis spät in die Nacht vorm Club verweilen Fans.