Muss man vorher noch ein paar Worte über das Hamburger Wetter verlieren? Heute nicht. Heute ist eine Show angesetzt, welche es einem bereits Stunden vorher vor Spannung in den Ohren kitzeln lässt: alt trifft neu. Man beziehe sich hierbei nicht auf das Alter der Menschen, die heute Abend die Geschichten schreiben werden, sondern auf die Erfahrung der heute aufspielenden Bands. Es erstaunt, dass SAMIAM wirklich in einem so kleinen Laden spielen. Doch irgendwie erfreut es einen auch mit einem Augezwinkern.
MIKROKOSMOS23 betreten die Bühne als das Logo noch verhältnismäßig leer ist. Der Sicherheitsabstand Band- Publikum wird gewahrt und der Funke will irgendwie nicht überspringen, obwohl die Band alles menschenmögliche tut, um das Feuer in Gang zu bringen. Vielleicht funktioniert das Konzept Generationenverständigung und Grenzenüberwindung heute einfach nicht. Im Gegensatz zum Hauptact sind MIKROKOSMOS23 nämlich erwartungsgemäß musikalisch unterwegs im Sinne von melodiös und emotional.
Der Sound ist allerfeinste Sahne und eigentlich geht das hier runter wie Öl. Doch selbst der Sänger betont, dass man eigentlich zu jung sei, schließlich hätten SAMIAM sich ein Jahr vor seiner Geburt gegründet. Dennoch sind auch sie erfreut, den Abend für eine solche Band zu eröffnen.
Das Set sitzt, die jungen Menschen haben sich das selbst aufgebaut und zwar ziemlich gut. Sie wissen, was sie tun. "Alles gegen Wände" soll hier exemplarisch für den Auftritt stehen. Dieser Song schallt so kraftvoll von der Bühne und wird dennoch lediglich mit Kopfnicken erwidert. Gute Band, doch heute stilistisch wohl eher eine Mücke vor dem Elefanten, auch wenn sich beide Bands letzteren als Symbol für ihre Werbezwecke auserwählt haben.
Als dann die ersehnten SAMIAM nach einer Runde INCUBUS die Bühne betreten, ist es voll. Man hält einen freiwilligen Graben für fotoambitionierte Menschen frei und braucht erstmal seine Zeit, um in die Gänge zu kommen. Und auch hier liegt das nicht an SAMIAM. Die geben nämlich direkt Gas und lassen alles vergessen. Leider tönt des Sängers Stimme etwas leise aus den Boxen und der Chorus aus dem Publikum funktioniert noch nicht. Locker packen sie direkt "Sunshine" als zweiten Song auf den Tisch, er verfehlt seine Wirkung aber.
Mit der Zeit kommen aber scheinbar die Partymenschen von der Theke vor die Bühne. Die Erzählungen über die Pussy seiner Schwester könnte Jason Beebout sich auch einfach mal schenken, aber anscheinend hebt es die Stimmung. Es singt für sie heute auch: das Niveau. Als dann "Stepson" ertönt haben aber alle Betriebstemperatur erreicht und man schiebt sich sachte vor der Bühne umher. Das ist der Mischung des Publikums zum trotz aber auch absolut angemessen und die Stimmung damit auf dem Höhepunkt. Dumme Sprüche können das auch nicht mehr nach unten ziehen. Geht es hier um Ansagen oder Musik? Jedenfalls kein Aufruf nach Mosh, Circlepit und schlechte Singalongs. SAMIAM liefern eine Show mit Freude ab, solide und es gibt rein gar nicht zu meckern.
Alle Erwartungen werden erfüllt und als man nach der Zugabe die Gesichter im Publikum betrachtet, erkennt man, dass Musik die gesündeste Droge sein kann, die einem die Mundwinkel nach oben zieht. Ein feiner Abend und man fragt sich ob Jason Beebout wozu den Assdoctor gesucht hat, Feuer unterm Arsch haben alle Musiker defintiv noch genug.