NATHAN GRAY, Sänger der Post-Hardcore-Band BOYSETSFIRE, wandelte in diesem Jahr nicht zum ersten Mal auf Solopfaden. Bereits im Mai spielte der Sänger einige Solokonzerte in Deutschland. Mit seinem Album “Feral Hymns” hat sich der Sänger also endlich getraut auch solo unterwegs zu sein. Ohne BOYSETSFIRE, ohne THE CASTING OUT, ohne das NATHAN GRAY COLLECTIVE. Und doch nicht ganz allein, denn er wurde an diesem Abend in Hamburg begleitet vom Gitarristen Ben Christo.
Das Konzert im Rahmen des “Sommer in Altona” sollte ein spezieller (im guten Sinne) Abend werden. Neben Songs der genannten Acts fungierte NATHAN GRAY als Storyteller, der seine Erfahrungen, seine Erlebnisse, seine Probleme und dazugehörige Lösungsansätze verriet. Zudem war der Sänger ein unheimlich dankbarer Gastgeber der fast zweistündigen Zusammenkunft. Tatsächlich empfinde ich es häufig als störend, wenn die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne viel erzählen und dafür weniger Songs spielen. Doch nicht an diesem Abend. Ein Großteil der Gekommenen klebte förmlich an den Lippen des Sängers. Dabei wurde nicht nur gelacht, sondern es wurden auch einige Tränen verdrückt. Insbesondere bei den Erzählungen vor “Ebbing of the Tide” fiel es nicht nur NATHAN GRAY schwer seine Tränen zurück zu halten. Der US-Amerikaner erzählte, dass er in der Vergangenheit sexuell missbraucht worden ist und dass er diese traumatischen Erlebnisse viel zu lange unterdrückt hat, nicht darüber gesprochen hat. Weil wir immer noch in einem Sozialraum leben, in dem es insbesondere vielen Männern schwer fällt über Themen wie sexuellen Missbrauch zu reden. Sich öffnen zu können ohne als “Schwächling” abgestempelt zu werden. Doch Gray machte insbesondere darauf aufmerksam, dass genau diese Öffnung unheimlich wichtig ist. Dass es nicht möglich ist solch traumatische Erlebnisse alleine zu bewältigen. Er wies daraufhin, dass es unabdingbar sei Jemanden zu finden, einen Freund, eine Freundin, ein Familienmitglied, just anybody, dem man(n) vertrauen kann. Wichtige, ehrliche und keinesfalls aufgesetzte Worte eines Mannes, der einen langen Weg hinter sich hat und dem es ganz offensichtlich nicht leicht fiel derart offen auf einer Bühne über dieses Thema zu sprechen.
Musikalisch präsentierte NATHAN GRAY ein ausgewähltes Sammelsurium an Songs der oben erwähnten Bands. Besonders hervorzuheben waren hierbei sicherlich die BOYSETSFIRE-Songs, die am lautesten gefeiert und mitgesungen wurden. Aber auch Songs wie “Walk” oder “Alone” (THE CASTING OUT) kreierten im Zirkuszelt eine Gänsehautatmosphäre der besonderen Art. Was auf Albumlänge möglicherweise noch als eine lose Zusammenstellung aus verschiedenen Schaffensphasen des Musikers wirkte, fügt sich auf der Bühne in ein großes Ganzes zusammen. Dazu trug auch der gut aufgelegte Ben Christo bei, der Gray sowohl musikalisch als auch stimmlich gekonnt unterstützte und dafür mit reichlich Applaus bedacht wurde.
Manchmal braucht es nicht mehr als zwei Stimmen und zwei Gitarren, um eine ganz besondere Stimmung zu kreieren. Das Zirkuszelt, in dem die Konzerte beim “Sommer in Altona” stattfinden trug sein Übriges zur besonderen Atmosphäre dieses Konzerts bei. NATHAN GRAY bewies zudem, dass er live eine herausragende, unverkennbare Stimme hat.
Unsere Fotos vom Abend findet ihr hier.
Setlist:
1. As The Waves Crash Down
2. Burn Away
3. Light + Love
4. Walk
5. Fall From Grace
6. Echoes
7. Ebbing of the Tide
8. Leap Year of Faith
9. Damascus
10. Walk Astray
11. Quixote’s Last Ride
12. Across Five Years
13. Blue Hearts & Shades of Grey
Encore:
14. Phone Call (4am)
15. My Life In The Knife Trade
16. Alone