Die Kehle kratzt, die Leber meckert und nachts handeln die Träume von Soundchecks und Bandbussen. Die Konzerthighlights per Flatraterezept finden inmitten der imaginären Sommerpause kein Ende. Zum Glück nicht. Nach so unbedeutenden Schmankerln wie FACE TO FACE oder HOT WATER MUSIC wird es heute mit den liebenswerten MENZINGERS aus Philadelphia im kleinen Kellersalon gemütlich.
Wo Trever Keith und Konsorten noch vor 70 Stunden ausgeruht ihre Brotzeit genossen, warten neben dem überschaubaren Pulk an Nah- und Ferngereisten die lokalen RUSSIAN COCAINE auf, die mit dreckigen bis geschrienen Vocals und straighten, melodischen Punkrocksongs schon zuvor diverse Supportslots nutzten, um dem Ventilator über der „Bühne“ eine Daseinsberechtigung zu verschaffen. Mit „Cold Coffee“, „Dear Enemy“ oder „Party Politics“ funktioniert das zureichend, füllt allerdings das Eröffnungsbarometer mit knapp 40 Minuten eine Spur zu lang. Von amerikanischer Musiktouristenseite wird das Set der Hannoveraner genutzt, um sich durch die erhältlichen Biersorten durch zukosten. Gestern noch bei Tageslicht auf dem Area-4-Festival, heute gänzlich ohne Bühne und in direkter Wohnzimmeratmosphäre - letztere Version scheint den Ostküstlern besser zu gefallen.
Nachdem auch der Bassverstärker durch komplettes Versagen seine Portion Aufmerksamkeit erlangt hat, folgt dem klaren Geständnis „Hi. We´re MENZINGERS. We Live In Philadelphia And We Play Some Songs For You“ direkt „I Was Born“, entpuppt sich aber im Tempomittelfeld als fast träger und zurückhaltender Opener. Mit Einsetzen des einmaligen Stimmenduos werden „Deep Sleep“, „So It Goes“ oder „Alpha Kaa Fall Of A Balcony“ trotz etwas verhaltener Darbietung im Anschluss schlagartig zum Hochgenuss. Gitarrist und Krächzakrobat Tom, dem sein Instrument im aufrechten Zustand bis kurz unters Kinn reichen dürfte, purzelt über den Kachelboden und verausgabt sich mit Kollege Greg zur linken um die Wette. „Home Outgrown“ oder „Richard Corry“ zischen intensiv und dynamisch, dennoch ist aus Hannover an diesem Montag zu nicht viel mehr als einem Kopfnicken zu bewegen. Ein Großteil „Chamberlain Waits“ plus eine gute Prise „A Lesson In The Abuse Of Information Technology“ – daneben gibt es leider nur einen neuen Song zu hören, der auf ein eher gesetztes Epitaph-Debut der MENZINGERS schließen lässt.
Mit „Time Tables“ und „Tasker-Morris Station“ drehen die vier die letzten Runden durch das knapp 60-minütige Set von einer der zwei Headlinershows in Deutschland - bevor ein überflüssiges OPERATION IVY-Cover und „A Lesson In The Abuse Of Information Technology“ das MENZINGERS-Orchester stimmungsvoll gen Feierabend geleiten. Als hätte jemand Feueralarm ausgelöst leert sich der Raum und glückliche Besucher lachen sich nach Luft schnappend ins Fäustchen nicht eine der Hallen- oder riesigen Open-Air-Shows erlebt zu haben. Noch schnell die letzten Exemplare der MENZINGERS-Warped-Tour-Sonnenbrille (!) oder die finalen Shirtgrößen abgegriffen – schon darf das Bei Chez Heinz einen weiteren Strich auf die Liste der spannend gastierten Punkrockdelikatessen machen. Sommerloch? Höchstens in der Hosentasche.