Das Hurricane Festival auf dem Eichenring in Scheeßel lockte in diesem Jahr mit Acts wie BILLY TALENT, ARCTIC MONKEYS oder auch BIFFY CLYRO 65.000 Besucherinnen und Besucher in das beschauliche Dorf. Für Hurricane-Verhältnisse spielte auch das Wetter mit. Nur vereinzelte Regenschauer sorgten dafür, dass man die Gummistiefel hätte zu Hause lassen können. Doch man kennt das Festival inzwischen, Gummistiefel gehören quasi zur Grundausstattung und diese wurden dann doch von Vielen zur Schau gestellt. Das war aber natürlich längst nicht alles.
Freitag
Auf der Green Stage wurde der Freitag vollgepackt mit Punk-(Rock)-Bands: BILLY TALENT, BROILERS, THE OFFSPRING, DONOTS und weitere Acts übernahmen das Geschehen auf der Bühne. THE OFFSPRING bspw. konnten endlich ihren 2016 aufgrund der katastrophalen Wetterverhältnisse abgesagten Auftritt nachholen. Zwar ist die Band etwas in die Jahre gekommen, die Hits zünden aber immer noch problemlos.
Den Auftakt des Festivalfreitags übernahmen die MARMOZETS, mit 20-minütiger Verspätung, verkürzter Setlist und ordentlich Wut im Bauch. Der Auftritt der Briten verzögerte sich aufgrund der Eröffnung durch das Hurricane Swim Team. In den sozialen Netzwerken ließ die Band im Anschluss ihrem Frust freien Lauf. Lediglich 15 Minuten für den Umbau auf der Bühne zugesprochen. Definitiv zu wenig. Schade, dass die Band dadurch ihr Set auf 15 Minuten verkürzen musste. Auch NECK DEEP könnten diese Verspätung nicht wieder gutmachen, da die Band selbst erst kurz vor ihrem Auftritt beim Festival ankam. Als die DONOTS schließlich die Green Stage betraten, lief dann aber wieder alles wie am Schnürchen. Und die DONOTS? Sind und bleiben eine gute Live-Band. Auf Festivals ein immer wieder gern gesehener Gast.
Um wieder etwas runterzukommen, ging es im Anschluss zur Elektropop-Band CHVRCHES vor die Blue Stage. Die zierliche Sängerin Lauren Mayberry wirkte auf der riesigen Festivalbühne etwas verloren. Musikalisch ein krasser Kontrast zum Vorprogramm auf der Green Stage. Trotzdem lockte die Band einige Besucherinnen und Besucher vor die Bühne. Mit FJØRT und FEINE SAHNE FISCHFILET überschnitten sich wenig später zwei Bands, die man eigentlich beide nicht auslassen darf. Da ich FEINE SAHNE FISCHFILET in den vergangenen 12 Monaten mehrmals live gesehen habe, entschied ich mich für FJØRT auf der Red Stage. Bereuen sollte ich dies nicht, denn FJØRT zeigten wie immer klare Kante gegen Rechts und spielten ein kraftvolles Set! Sichtlich überrascht war die Band, dass nicht wenige Besucherinnen und Besucher den Weg zur Red Stage gefunden haben - trotz der fiesen Überschneidung im Zeitplan. Etwas später am Abend gaben sich UNDERØATH an selber Stelle die Ehre und lieferten einen überaus überzeugenden Auftritt ab. Wie immer versprühten alle Bandmitglieder eine wahnsinnige Energie und einen schier unstillbaren Bewegungsdrang auf der Bühne. Immer wieder eine Freude der Band aus Florida bei der Arbeit zuzuschauen! BILLY TALENT durften den Freitagabend auf der Green Stage beschließen. Headliner beim einem solch großen Festival wie dem Hurricane? Das hätte ich der Band eigentlich nie zugetraut (auch wenn ich die Musik der Kanadier sehr gerne mag). Und doch haben sie diesen Platz bekommen. Vielleicht auch aufgrund des Headliner-Mangels für Festivals dieser Größenordnung. Ähnlich wie ich die Installation von THE PRODIGY beim Hurricane und Southside als auch die von THIRTY SECONDS TO MARS als Rock am Ring- und Rock im Park-Headliner nicht verstanden habe, ging es mir auch mit BILLY TALENT. Im Gegensatz zur „Band“ rund um Jared Leto verstehen es die Kanadier aber eine gute Live-Show auf die Bühne zu bringen, ohne dabei eine unnötig übertriebene Bühnenproduktion zu präsentieren. Heimlicher Headliner (meinerseits) waren im Anschluss die Mannen von BOYSETSFIRE, die die Red Stage an diesem Abend beschließen sollten. Inzwischen war es 01:00 Uhr und es wehte eine kühle Brise über das Gelände. Handschuhe, Mützen und dicke Jacken waren keine Ausnahme. BOYSETSFIRE spielten ein bunt durch gemischtes Set und wärmten die Gekommenen auf. Nach einem guten, aber nicht überragenden Auftritt, entließ die Band um NATHAN GRAY die Besucherinnen und Besucher in die kalte Nacht. Leider waren ähnlich wie zwei Jahre zuvor (als BOYSETSFIRE gleichzeitig mit RAMMSTEIN spielen mussten) nur relativ wenige Festivalisten gekommen. Mag daran gelegen haben, dass MARTERIA auf der Blue Stage zur selben Zeit spielte.
Samstag
Der Samstag präsentierte bereits relativ früh am Tag eines der größten Highlights des gesamten Festivals. FRANK CARTER und seine Rattlesnakes hatten auf der Green Stage geladen zum gemütlichen Ausrasten am Samstagnachmittag. Frank und Gitarrist Dean Richardson machten sich bereits während der ersten Songs auf den Weg in den Pit und ließen sich samt Gitarre und Mikro auf den Händen des Publikums tragen. Im Anschluss wurde gemeinsam gesungen, gemosht und abgefeiert. Im weiteren Verlauf schickte Frank den Circle Pit im ersten Wellenbrecher auf große Reise um die Absperrung des zweiten Wellenbrechers herum. Eine gelungene Frühsporteinlage für alle Beteiligten.
Die Blue Stage lag am Samstag in den Händen einiger Hip-Hop-Künstlerinnen und -Künstler. Da mir das Genre recht fremd ist, kann und möchte ich die Auftritte nicht beurteilen. Beeindruckt hat mich aber definitiv der überaus große Zuspruch bei SXTN.
Mit THE HUNNA und THE KOOKS wurden die Indie-Herzen des Festivals bedient. Vor allem THE HUNNA machten dabei, wie schon auf Clubtour eine sehr gute Figur auf der Bühne. Auf der größeren Festivalbühne war der Sound zudem noch etwas kräftiger. Das etwas übertriebene Rockstar-Gehabe könnte sich die Band mit mehreren Soli bei einer 45-minütigen Festivalshow aber sparen.
Neben dem Auftritt von FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES war sicherlich der Auftritt von BIFFY CLYRO einer der Glanzmomente an diesem Tag. Vor 8 Jahren, 2010, habe ich die Band zum ersten Mal live gesehen, ebenfalls beim Hurricane Festival. Damals noch als erster Act auf der Blue Stage um die Mittagszeit. Seitdem hat sich viel getan. Die Schotten haben erst kürzlich das MTV-Unplugged-Format wieder aufleben lassen und spielen inzwischen riesige Headline-Shows in Deutschland. So wundert es nicht, dass die Band in diesem Jahr als vorletzte Band auf die Green Stage durfte. BIFFY CLYRO haben nichts von ihrer Live-Energie verloren, sondern liefern immer und immer wieder überragende Konzerte. Die Bühnenproduktion ist größer geworden und inzwischen schießen auch mal Flammen in die Höhe und doch sind es – so hat man zumindest den Eindruck – einfach nur drei Musiker, die unheimlich Bock haben miteinander Musik zu machen.
Sonntag
Letzter Tag des Festivals und noch immer keine Unwetter-Katastrophe! Danke, Wettergott (falls es dich gibt)! BASEMENT starten auf der Green Stage als erste Band im leichten Nieselregen und machen vor kleinem Publikum vieles richtig. Im Vergleich zum Support-Auftritt für BRING ME THE HORIZON im November 2016 hat die Band deutlich an Bühnenpräsenz gewonnen und man hat das Gefühl, dass die Band auch wirklich Lust darauf hat auf der Bühne zu stehen. Im Anschluss standen TOUCHÉ AMORÉ auf der gleichen Bühne, die die Band leider nicht ganz füllen konnte. Eine Band wie TOUCHÉ AMORÉ gehört einfach in einen kleinen, verschwitzen Club, bei dem die Besucherinnen und Besucher auf die Bühne krabbeln, sich die Seele aus dem Leib singen und sich immer und immer wieder in die Menge stürzen.
Die Blue Stage ist an letzten Tag geprägt von Indie- und Singer-/Songwriter-Klängen aus denen besonders der irgendwie intime (wie auch immer das auf einer großen Open-Air-Bühne funktioniert) Auftritt von ANGUS & JULIA STONE heraussticht. Die Stimmen des Geschwisterpaares Angus und Julia sind wie füreinander gemacht und kreieren (mit der Band im Hintergrund) einen angenehmen Sound aus Indie- und Folkmusik. Genau das richtige für den dritten Festivaltag, denn das Festival hat inzwischen doch bei einigen Besucherinnen und Besuchern Spuren hinterlassen. Nichtsdestotrotz holten KRAFTKLUB als vorletzter Act auf der Green Stage nochmal alles aus dem Publikum heraus. Eigentlich kann es nicht mehr lange dauern bis die Band die Zwillingsfestivals Hurricane und Southside als Headliner bespielt. Die Band ist live immer wieder grandios und bietet schon in diesem Jahr viel Headliner-Potenzial. Große Fannähe, echte Dankbarkeit und jede Menge Spaß auf der Bühne zu stehen. Dazu ein Bühnenbild, dass durch mehrere Dutzend Tänzerinnen und Tänzer ergänzt wird und vor allem jede Menge Hits. Kein Wunder also, dass es vor der Bühne eng wurde.
Gelände
Der Eichenring in Scheeßel ist schon seit vielen vielen Jahren der Austragungsort des Festivals. Das merkt man in jeder Faser. Man findet sich auf dem Gelände sehr schnell und sehr leicht zurecht. Ein breites Getränke- und Speisenangebot auf dem Gelände zu gewohnten Festival-Konditionen inklusive. Ob ein Riesenrad und die Wasserrutsche wirklich notwendig sind, muss Jede(r) selbst beurteilen.
Die Wege zwischen den Bühnen sind angenehm kurz und es gibt (fast) immer die Möglichkeit weit vorne stehen zu können. Dies mag in diesem Jahr auch damit zusammen gehangen haben, dass das Festival mit insgesamt 65.000 Besucherinnen und Besuchern nicht ausverkauft wurde. Dies entspannte die Situation auf dem Gelände jedoch erheblich. Vor den Toiletten bildeten sich zwar ab und zu Schlangen, ansonsten konnte ich jedoch keine größeren Schlangenbildungen (bspw. an den Getränkeständen) erkennen. Auch gestalteten sich die Wege zwischen den Bühnen dadurch problemlos. Auch zu späterer Stunde gab es kein bis kaum Gedrängel beim Wechsel zwischen den Bühnen.
Fazit
Die Veranstalter des Hurricane Festivals hatten in diesem Jahr in Bezug auf das Wetter endlich mal wieder ein entspanntes Festivaljahr. Es mussten keine Auftritte von Musikerinnen und Musikern abgesagt werden, es musste kein Wasser abgepumpt werden und das Gelände musste nicht in Nacht-Aktionen trocken gelegt werden.
Dafür dürfte die Besucherzahl zumindest einige Sorgenfalten bei den Veranstaltern hinterlassen haben. 65.000 Besucherinnen und Besucher (inkl. Tagesticketgäste) sind für Hurricane-Verhältnisse wenig. Denn seit 2010 wurden (mit Ausnahme des Jahres 2015) immer mindestens 70.000 Besucherinnen und Besucher in Scheeßel begrüßt (und das ohne Tagestickets). Die geringe Besucherzahl sorgte jedoch dafür, dass Diejenigen, die gekommen waren, auf dem Festivalgelände eine sehr entspannte Atmosphäre vorfanden. Sowohl in Bezug auf die Versorgung mit Getränken und Speisen als auch bei den Konzerten vor den Bühnen.
Hier seht ihr unsere Fotos des Festivals: Freitag | Samstag | Sonntag.