Herzenszeit für die 90s-Emo-Kids: Auch MINERAL lassen sich 2019 erneut in Köln blicken, diesmal allerdings mit immerhin einem neuen Song im Gepäck. Innovation ganz klein geschrieben, aber warum auch? Ausverkauft ist es einmal mehr.
Die Vorband DELTA SLEEP scheint kein Geheimtipp zu sein, denn die meisten Konzertbesucher sind nicht nur früh am Start, sondern klatschen auch laut Applaus oder singen und tanzen sogar mit. Da habe ich wohl gepennt – und wundere mich ein bisschen. Der Sound des Quartetts aus Brighton lässt sich sicherlich am besten in die Schublade Math Rock packen und erinnert mich gleich und am ehesten an die großartigen A GREAT BIG PILE OF LEAVES. Wie sich das für Math so gehört ist man als Zuschauer einmal mehr verblüfft, was an den Instrumenten alles so möglich ist, während die Akteure dabei so aussehen, als wäre das alles gar nix – und gesungen wird parallel auch noch. Ebenfalls markant für dieses Genre sind die Songs weder zu vertrackt noch intuitiv eingängig, kommen eher verkopft daher. Die sympathisch anmutende Bühnenpräsenz von DELTA SLEEP steht hierzu im Gegensatz und passt dann eher zu den verspielten Ausflüchten an beiden Gitarren als zu der rhythmischen Komplexität.
Musikalisch in einem doch recht krassen Kontrast stehen dann MINERAL selbst zu ihrer Vorband. Statt großer Experimente setzen die 90er-Emo-Ikonen nämlich eher auf ein bewährtes Schema, wenn es um das Songwriting geht. Und es zeichnet sich früh ab: Darauf muss man stehen. Für einen relativen MINERAL-Novizen wie mich ist das deutlich schwerer verdaubar als die durchschnittliche Liveshow, denn das Set hat schier endlose Längen. Dass sich die Diehards hier treiben lassen können wie in einem wohltuenden Gewässer, ist mir verständlich. Schade nur, dass ich selbst keiner bin und – so viel wird mir während des Auftritts klar - sicherlich nie einer sein werde. Die Ansagen versteht man – zumindest in der linken Seite des Artheaters – prinzipiell gar nicht. Wenn Frontmann Chris Simpson mal scheinbar unbeabsichtigt in deutlichere Sprachgefilde fällt, kommt er schnell wieder ins Nuscheln. Meist wird auch entweder die Monitor-Einstellung oder die Lichtshow kommentiert, alternativ wird sich beim treuen Publikum bedankt. Charisma geht definitiv anders. Lichtblicke sind für mich die mir immerhin gut vertrauten Hits „Parking Lot“ und „Aurora“ mit ihrer berührenden Gitarrenarbeit. Am besten gefällt mir tatsächlich der neue Song „Your Body is the World“ – Sakrileg! Vermutlich ist das endgültig der Tropfen, der das Fass der MINERAL-Jünger beim Lesen dieses Artikels zum Überlaufen bringt. Daher will ich das nicht weiter ausreizen und komme zu dem Fazit: Einen Versuch war es wert.