Für ihren „Yours“-Tourabschluss luden die BEATSTEAKS Ende August in die Köpenicker Wuhlheide ein. Ein traditioneller Anlass, dem im Vorfeld ein leicht bitterer Beigeschmack beigemischt wurde. So kündigte die Band zuerst ein Konzert in der Charlottenburger Waldbühne an, was Die-Hard-Fans verständlicherweise direkt zum Kartenkauf anstiftete. Die Show war in kürzester Zeit ausverkauft. Erst dann veröffentlichten die Everybodies-Darlings des deutschen Alternative Rock das Tourfinale in der ehrenwerten Parkbühne. Manch einer hat sich also über die eigene Eifrigkeit geärgert.
Umso größer die Vorfreude für Gäste, die sich ein Ticket für diese, ebenfalls ausverkaufte Show sichern konnten. Das für 17.000 Zuschauer ausgerichtete Amphitheater füllt sich ab 17 Uhr langsam aber sicher. Gegen 19 Uhr betritt die Vorband TURBOSTAAT die Bühne. Dass die BEATSTEAKS und die Deutschpunker, heute würde man Hipster-Punker sagen, eine langjährige Freundschaft verbindet, ist kein Geheimnis. Dennoch scheint das Publikum der Berliner mittlerweile so divers zusammengesetzt zu sein, dass nur wenige Besucher/innen mit den verklausulierten und teilweise sperrigen Songs von TURBOSTAAT etwas anfangen können. Auf den Rängen ist der Sound wesentlich transparenter und druckvoller als auf dem Feld vor der Bühne. Dennoch begeistert der Deutschpunk vor allem die Menge vor der Bühne. Weiter oben scheint man sich mehr mit dem Biererwerb und dem Toilettengang zu beschäftigen. TURBOSTAAT spielen etwa eine halbe Stunde quer durch ihre beachtliche Diskographie. Wie immer technisch einwandfrei und energiegeladen.
Gegen 21 Uhr ist es soweit und die Menge sichtlich eingestimmt. Mit dem Gitarrenintro von „As I Please“ brechen die BEATSTEAKS mit der Spannung und leiten ihre Homecoming-Show krachend ein. Ohne Unterbrechung folgt ein Neuling aus dem aktuellen Album: das titelgebende „Yours“. Für meinen Geschmack eine gewagte Wahl, allerdings habe ich bereits erwähnt, wie vielschichtig die Zuschauerschaft der Berliner mittlerweile ist. Der Song kommt gut an. Ein fließender Übergang räumt auch meine Befürchtungen aus dem Weg, da mit „Hello Joe“ und „Hand in Hand“ gleich zwei Hits dargeboten werden, die sowohl in meinem nahen Umfeld im Publikum als auch auf den Rängen für Begeisterung sorgen.
Ein Song, dem ich beim Hören des „Yours“-Albums nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt hatte, überzeugt in seiner Live-Version als frische Tanznummer. Die „Boom Box“-Ära von 2011 wird ebenfalls honoriert: mit „Automatic“ setzen die BEATSTEAKS die Party fort, gefolgt von „Milk & Honey“, ebenfalls eine starke Mitsingnummer. Um mich herum tobt es, was leider den Nebeneffekt einer andauernd aufgewirbelten Staubwolke hat.
Frontmann Arnim hält sich mit Ansagen zurück und scheint dennoch von der Reaktion des Publikums überwältigt. Eine Danksagung an Freunde und Familie und die Berliner Anhängerschaft bringt er aber charmant über die Lippen. Einzig der Kommentar: „Die Waldbühne war die Pflicht, das hier ist die Kür“ finde ich den Gästen der Waldbühnen-Show im Juni gegenüber etwas unfair. Aber diese freche Art gehört ja in Berlin irgendwie zum guten Ton. Und die Mischung aus Anstand, Dankbarkeit und Frechheit machen diese Band schließlich aus. Dieser Abend ist jedenfalls ganz allein Berlin-Ost gewidmet.
Weitere Größen aus dem BEATSTEAKS-Inventar folgen, unter anderen „She Was Great“, „Jane Became Insane“, das neuere „40 Degrees” und ganz besonders “Soothe Me“ vom Album „Living Targets“.
Die bereits erwähnte Freundschaft mit TURBOSTAAT wird immer, wenn sich die Gelegenheit ergibt mit dem Song „Frieda und die Bomben“ unter Beteiligung des TURBOSTAAT-Sängers Jan Windmeier aufs Neue besiegelt. Ursprünglich stammt das Stück von FU MANCHU. Ebenfalls ein Cover, aber mittlerweile ein Klassiker im BEATSTEAKS-Set ist „Hey Du“, zum Besten gegeben von BEATSTEAKS-Gitarrist Peter Baumann.
Mit “Gentleman of the Year” vom vorletzten Album leiten die Berliner den Schluss einer wieder mal sehr starken Show ein. Mit den Größen “Let Me In” und “I Don't Care as Long as You Sing” feiert die Band mit tausenden begeisterten Zuschauern den Tourbaschluss und kann sich am Ende eine Verbeugung nicht verkneifen. Was bei anderen Bands eher peinlich wirkt, ist in diesem Fall authentisch und sogar sympathisch.
Das Bühnenlicht geht an, allerdings läuft noch keine Rausschmiss-Musik. Demnach kommen die fünf Musiker nach wenigen Sekunden zurück auf die Bühne und liefern einen ihrer größten Hits und das vor allem bei älteren Fans beliebte Stück „Summer“. Arnim erzählt nun eine Geschichte aus dem ersten Proberaum der Band. Der damalige Schlagzeuger Steffi trug immer ein PIXIES-Shirt, während der Frontmann damals noch auf SICK OF IT ALL als das einzig Wahre schwor. Steffi ließ sich davon aber nicht beirren und beteuerte immer wieder, dass man mit den PIXIES doch einiges richtig machen würde. Beim Anblick der Menge, meint Arnim, verstehe er das nun auch und widmet „Where Is My Mind?” der PIXIES allen weiblichen Anwesenden in der Berliner Wuhlheide. Wieder gehen die Musiker von der Bühne. Eine Kamera folgt Sänger Arnim und Gitarrist Peter, die irgendwelche Grimassen und Handzeichen in die Linse reißen. Arnim guckt fragend, ob man eins, zwei, oder gar drei, vielleicht aber auch vier Stücke spielen sollte. Tatsächlich hat sich die Band für die zweite Zugabe etwas Besonderes einfallen lassen. Sie spielt jeweils den ersten Song der ersten 4 Alben. Eine kurze Ankündigung des Albumtitels leitet das Schmankerl für die Fans der ersten Stunde ein: erst „Unminded“, dann „Panic“, gefolgt von „Not Ready To Rock“ und „Big Attack“.
Das i-Tüpfelchen und abschließende Stück des Abends hört auf den Titel „To Be Strong“ daher. Der Song lässt die Herzen noch einmal hochschlagen und damit endet ein festlicher Abend mit den BEATKSTEAKS, TURBOSTAAT, gutem Sound und mehr als zufriedenen Fans.