Jemand, den man von BORN FROM PAIN kennt, lautiert in ein Mikrofon. Ein Karohemd tragend, nicht aus der Ruhe zu bringen, kommuniziert er mit dem Soundmenschen. Das tut er jetzt bereits eine ganze Weile. Leicht angetrunkene, durchschwitze junge Männer mit freien Oberkörpern vor der Bühne im Pavillon fangen an zu moppern, Männer mit ungleichmäßigem Haarwuchs auf der Brust stolpern, berappeln sich, fangen wieder an zu grölen. Ob man denn nicht mal endlich anfangen könne. Und überhaupt, die Herren Rockstars von MADBALL, warum bitteschön brauchen die denn so lange? Kurz kommt der Drummer (mittlerweile bekanntlich entlassen) reingeschlurft, hantiert an seinem Schlagzeug herum und – entschwindet wieder in die Dunkelheit. Der Mann, den man von BORN FROM PAIN kennt, lässt in stoischer Ruhe das Mikrofon von Freddy Cricien über die Monitorboxen kreisen, erzeugt beißendes Feedback, bringt Mikrofonständer in die richtige Position und das alles wieder von vorne. Bisschen das Mikrofon checken noch und MADBALL lassen weiterhin auf sich warten, hier im gewitterbewölkten Wuppertal. Menschen sitzen vor der Bühne, Menschen stehen, Menschen trinken Bier, Menschen freuen sich auf 'Set It Off', 'Pride' und andere Variationen eines typischen MADBALL-Riffs. Erstmal durch den Pavillon schlendern, sich wundern, dass sich manche Gags scheinbar einfach nie totlaufen (Tangas als Merchandise, Ankündigungen von Beatdown-Shows: irgendwas mit „mass“, „murder“ und „mosh“, das Einzählen der Abgeh-Parts bei einer der Vorbands, die man noch von früher kennt).
Einige dieser Menschen – nennen wir sie einfach Dennis, Christian, Pete, Dennis und Björn – stehen ein wenig durchschwitzter vor der Bühne. Zu späterer Stunde sollen sie breit grinsend mit den übrigen Anwesenden kollektiv in NYHC-Erinnerungen schwelgen. Vorher jedoch geben sie die Anheizer und verabschieden sich. BLACK FRIDAY ´29 spielen heute in Wuppertal ihre (vorerst?) letzte NRW-Show. Wenig Werbung, spärliche Bühnenansagen und auch nicht so ganz die durchschlagende Power, die man von dem Ruhrpott-Fünfer gewohnt ist, zeichnen ihren Auftritt aus. Bodenständig, exaltierte, glatzköpfige Männer dazu bringend wie in Trance Schweinepogo zu tanzen. Ein etwas irritierendes Bild zwar, aber hey, Björn Esser und Co. berufen sich ja ständig auf ihre Punk-Wurzeln. Glück gehabt, dann passt’s ja doch. Grundsätzlich ist es schon mal sympathisch, wenn sich eine Band aus dem Genre Hardcore nicht zu inflationär feiern lässt. Man hat am heutigen Abend somit auch eher das Gefühl, einer normalen BLACK FRIDAY ´29-Show beizuwohnen. Gut aufeinander eingespielt, nicht ganz so entfesselt wie erhofft und Björn Esser wird wohl immer Aushängeschild dieser Band bleiben. Die Songauswahl: ordentlich. Best of. Genug gutes Material haben sie schließlich nicht erst seit ihrer letzten EP in der Hinterhand. 'The Pursuit Of Happiness' bleibt ein sicherer Opener, dazwischen 'Ghosts', 'Blackout' und 'Kill This Dream' die Songs für die erste Reihe zum Schluss. Dazwischen passiert – man muss es einfach so schreiben – nichts, was der geneigte Hörer auf einer BF29 Show nicht schon erlebt hätte. Björn Essers Tagebucheintrag im aktuellen FUZE dürfte Licht ins Dunkel bringen. Es geht wohl weiter, allerdings anders als erhofft. So ist das im Leben, im Hardcore erst Recht.
Dann endlich (die lange Umbaupause): MADBALL. Pathetisches Intro, der Schlagzeuger von vorhin, Hoya (Hoya!!!) und Freddy Cricien bleibt zumindest rein optisch einer der sympathischsten, aufgepumpten Frontmänner im Hardcore. Die New Yorker spielen ein Klassikerset, der Sound ist gut. Wäre ja schließlich auch blanker Hohn, wenn nicht. Nach der Umbaupause…Was gibt es über ein MADBALL-Set zu berichten? Kann man über ein MADBALL-Set berichten ohne die Begriffe New York respektive Hardcore in dem Mund zu nehmen? Freddy Cricien tigert wie ein Gewinner über die Bühne, Mitts guckt unfreundlich wie und je aus der Wäsche. Ein neuer Song hört sich an wie so ziemlich alle alten Songs: Groove, irgendwas mit Hardcore, Freddys halber Sprechgesang. MADBALL kann man entweder derbe inspirationslos finden oder halt ziemlich mitreißend. Das Publikum entscheidet sich für Letzteres. MADBALL machen ihre Sache gut. Wie immer eigentlich. 'Set It Off', 'Get Out', 'Hold It Down', 'Can’t Stop, Won’t Stop' und – zur Affirmation des Ganzen: '100%'. Männer liegen sich in den Armen, Männer grölen 'Pride' zum Schluss. Wie aus der Zeit gefallen, irgendwie. Und auch über den Split von BF29 ist man irgendwie nicht wehmütig am Ende. Alles hat seine Zeit. Vor allem natürlich Hardcore.