27.04.2009: Millencolin, Far From Finished - Hannover - Capitol

27.04.2009
 

 


Das uralte schwedische Flagschiff einer Musikart, die noch Jahre vor MySpace, „Emo“ und Konsorten erfunden wurde – als die Hosen noch weit, die Skateboards noch cool und grüne Haare Pflicht waren. Wow. In Hannover, als einzige Norddeutschlandshow auf dem Tourplan, zusammen mit dem Haufen rauherer Bostonjungs von FAR FROM FINISHED. Wow. Für 26 Euro an der Abendkasse in einem Laden, der noch am Tage davor dem Waschweiberverein von RAZORLIGHT Asyl geboten hatte?! Na gut...

Die Konzerte im Capitol können vor allem eines: pünktlich anfangen. Ab Punkt 20.00h schrammelte der NRW-Dreier THE PICTUREBOOKS ein eher anstrengendes Gemisch aus Garagenbrett, psychedelisch angehauchten Gitarren und verworrenem (Sprech-)Gesang in die Menge Kids, die die Geräuschkulisse wohl auch eher minder zuzuordnen wusste. Vom Ansatz her sicher ordentlich, als Support dieses Abends leider eher völlig unpassend. Vielleicht vom Vorabend und dem RAZORLIGHT-Programm übriggeblieben?

Kapitel beendet, Bostonbibel aufgeschlagen, Haare hoch, vorgelesen: Die fünf Jungs + Aushilfskeyboarder/Gitarrist (der hoffentlich nur zum Saufen mit auf Tour war - oder?) traten wieder gesunde 4/4-Takte los und schafften trotz eines Hallensounds wie auf einer Katy Perry Platte den Sprung auf das Sympathiebrett. Leider gingen Fakten wie Gitarrensoli und der generelle Druck den die Kapelle live mit sich bringt (oder bringen sollte) dadurch verloren. Ein gesunder Mix aus Stücken der LP´s „Living in the Fallout“ und „Eastside of Nowhere“ machte das Set aber dennoch durchaus hörens- und ebenso sehenswert. Nach „Bastard´s Way“, „A Destination Nowhere“ und natürlich „Roses & Razorblades“ gab man sich geschlagen und räumte brav Verstärker und Trommel von der Bühne, um den Schweden das Zepter in die Hand zu geben.

Gegen 22.00h wird dann das Licht runter- und der Introsound hochgefahren. Klischeehaftes Donnergrollen tönt aus den Boxen, die ersten Zuschauerinnen kreischen (kein Witz!). Die Walze aus dem Norden beginnt zu rollen. Ab den ersten Takten schnellen Zeigefinger und Fäuste in die Höhe, Chöre werden laut und es juckt in den Beinen. Noch vor der ersten herzlichen Begrüssung werden Hits von „Pennybridge Pioneers“, „For Monkeys“ und natürlich „Machine 15“ geladen und in die Menge verschossen. Umherfliegende Bierbecher und amtlicher Schweissgeruch erinnern mich an mein letztes MILLENCOLIN-Erlebnis – die „Flying High Across The Sky Tour“ ´97 – und stimmen glücklich und melancholisch zugleich. Wow. Mit verstreichenden Minuten merkt man Nikola, Eric & Co zwar an, dass sie keine 22 mehr sind (trotzdem spielen sie „Twenty-Two“, ha!), war die Bühnenshow vor 12 Jahren doch noch energischer. Aufgrund der Präsenz und der Entwicklung dieser Band sei das jedoch alle Male zu verzeihen. Die explosive Mischung sowohl eher „balladiger“ Nummern der „Kingwood“ LP, glücklicherweise eher weniger Stücken vom schwachen „Home From Home“Album und immernoch mitreissenden Hymnen von „Life On A Plate“ („Bullion“ & „Olympic“)und „Same Old Tunes“ (Wow.) kocht den Pit des Capitols über eine Stunde gut durch. Im 4-Song Zugabenblock gibt´s letztlich noch die „Mr.Clean“ - Version von Gitarrist und FRANKY LEE - Frontmann Mathias gesungen und für alle Konsolenkinder das Tony Hawk geprägte „No Cigar“. Wow.

Zwar blieb durch das grosse und unpersönliche Venue sicher einiges Stimmung auf der Strecke, aber es ist ja eben auch nicht mehr 1997. Da hätten MILLENCOLIN vor ihrer Show sicher noch keine 70 T-Shirts verkauft. Und keine 4 verschiedenen Banner nacheinander auf der Bühne hängen gehabt. 70 T-Shirts, 4 Banner, MILLENCOLIN -Geldklammern und MILLENCOLIN/WESC-Kopfhörer. Wow.

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