„Total Life Forever“ proklamieren FOALS mit ihrem neuem Album. Ein Titel, der auch als Banner für den heutigen Abend funktioniert hätte: Selten versprühte ein Auftritt mehr Lebensfreude, selten fühlte man sich in diesem Kosmos aus abertausenden Individuen, allgemein Lebewesen und Dingen mehr „da“. „Da“, oder: mittendrin konnten sich an diesen Abend übrigens viele fühlen, denn das kleine, kuschelige (und damit für so eine intime Show perfekte) Luxor ist schon seit Wochen ausverkauft. Pluspunkte auf der Sympathiepunkteskala: Bei allem Hype und alle Nachfrage setzen FOALS weiterhin auf Intimität und Verschieben das Ganze nicht etwa in die nächstbeste größere Location.
Zwischenfrage: Wann hat man schon Bock auf eine poplige, einem gänzlich unbekannte Vorband, wenn sie einen nur mehr auf eine so heiß erwartete Band wie FOALS warten lässt? Antwort: Dieses Mal geht das schon klar. Sehr sogar. GREY TELEVISION sind die Überraschung des Abends, weil sie nicht an Emotionalität sparen, weil sie ihre eigentlichen, eher im (Vorsicht: nicht zu sehr auf die goldene Waage legen) Indie einzuordnenden Nummern mit Shoegaze und teilweise auch Noise-Elementen verknüpfen und auch Experimente wie Stimmenverzerrer homogen einbetten. Aber vor allem: weil ihre Songs berühren. Dabei kommen die Herren – allen voran der Sänger - auch nicht gerade unsympathisch rüber. „Es ist schon komisch vor Leuten zu sprechen die man gar nicht kennt.“, erzählt er da beispielsweise der noch sich lieber (leider auch während der Songs) lautstark unterhaltenden, undankbaren Masse. Schade - konnte man doch schon jetzt ganz gut abtauchen und einfach loslassen.
Abtauchen ist übrigens ein gutes Stichwort, wenn es um den (nach einer bestimmt halb-stündigen Umbaupause erst antretenden) Headliner geht. Und das sogar fast schon wortwörtlich: „Total Life Forever“ nimmt sich das liquide Blau zum Thema, besticht durch eine gewisse innere Ruhe (aber auch nach wie vor Intensität) und fühlt sich an wie ein Sprung ins kühle, erfrischende Wasser – wobei für die Assoziation auch schon das eindrucksvolle Cover herhalten könnte.
Jedenfalls: Tolles Ding ist das geworden. Und toll auch, wie sich das alles zum noch recht verspielten und frickeligen Vorgänger fügt. Gerade Live. FOALS lassen die Masse (mit Songs von der „Antidotes“) tanzen und im nächsten Moment (mit Songs von „Total Life Forever“) mitfühlen, einlullen, aber auch explodieren. Denn: FOALS bauen auch Spannungsbögen auf. Das fällt vor allem Live auf, wo sie einige Momente auch mal etwas länger spielen, das Publikum quasi also erst etwas anheizen. Und die Masse IST heiß auf FOALS! Passend dazu zeigt sich die Band äußerst spielfreudig. Das drückt sich nicht nur im die Haare kreisenden Gitarristen, sondern vor allem auch im Sänger aus. Einmal legt er da beispielsweise die Gitarre beiseite, schnappt sich ein paar Drumsticks und ne Bassdrum und trommelt wie ein kleines Kind zum Beat der Songs mit. Generell ist der Typ klasse und strahlt auch mit seiner Gestik zum Publikum so etwas herrlich Kindliches aus.
Aber fassen wir es kurz: Intensität wird an diesen Abend ganz groß geschrieben, und FOALS erfüllen jegliche Erwartungen – und sogar ein bisschen mehr. Sie zeigen sich als eine Liveband, welche eben nicht nur ihre Songs stupide runterspielt, sondern sie durch Spontanität und Leidenschaft erst so richtig zum entfalten bringt. Das setzt dem – und ja, ich verteile heute echt viele Lorbeeren - herausragenden Debüt und dem nicht minder herausragenden Nachfolgewerk die Krone auf und macht diesen Freitag zu einem Konzert, an das man sich auch mal wieder erinnert. Eins das nachhallt. Da verzeiht man auch dass es draußen noch nicht dunkel ist, als man das Luxor verlassen hat. Etwa 21:45 Uhr zeigt da der Uhrzeiger. Doch man fühlt sich nicht etwa verarscht – nee, dafür hat man hier gerade jede Sekunde zu gut genug genutzt gehabt.